Treibstoff aus Agrarabfällen im Großmaßstab

Stroh kein „Abfallprodukt“

Stroh ist kein „Abfallprodukt“ der Landwirtschaft, sondern ein gefragtes Wirtschaftsgut. Es dient als Ausgleich des Nährstoffexports und muss im Portemonnaie der Landwirte landen.

Wie teuer Stroh in der Realität ist, wenn es eingelagert wird und in den Handel kommt, hängt von einigen Faktoren ab. So muss der Preis mindestens den Wert der entzo­genen Nährstoffe (N, P2O5, K2O, MgO) abdecken, da diese durch Düngungsmaßnahmen mit teurem Kunstdünger ersetzt werden müs­sen. Auch Transportkosten, Abschreibung für Gebäude, Zinssatz für das festgelegte Kapital, sowie Ansätze für Lagerverluste werden ebenso für die Preisfindung hinzugezogen.

Vor allem viehlose Betriebe schätzen den Wert für die Bodenfruchtbarkeit hoch ein. Aufgrund der fehlenden orga­nischen Düngung kommt hier dem Stroh eine besonders tragende Rolle für den Humuser­halt zu. Ca. 1/5 der in den Boden eingearbei­teten Strohmasse besteht aus langsam und schwer zersetzbaren Stoffen (z. B. Lignin) und verbleibt damit länger im Boden. Dies bewirkt eine Bodenlockerung, die sich positiv auf den Gasaustausch und die mikrobiellen Umsetzungsvorgänge auswirkt. Zusätzlich verbessert dies die Bodengare und die Krümelstruktur- bzw. -stabilität. Durch den zunehmenden Humusgehalt steigt die Fähigkeit des Bodens, Wasser pflan­zenverfügbar zu speichern. Diese pflanzenbaulichen Vorteile sind nur schwer monetär zu erfassen und sind vor allem eine Folge von langjähriger Strohzufuhr auf die Fläche.

Agrarprodukte – auch Heu und Stroh – werden allgemein an internationalen Börsen gehandelt. Die folgende Tabelle gibt den Preis und den Trend der 31. und der 30. Kalenderwoche 2014 wieder.

Produkt Aktuell
€/t
Vorwoche
€/t
Veränderung Veränderung
Heu Großballen  107,03  105,10  1,93 €/t  1,80 %
Stroh Großballen  74,42  72,26  2,16 €/t  2,90 %

(Quelle: Agrarmarkt Informations-Gesellschaft)

Fazit: Gut gemeint, aber schlecht durchdacht

Stroh hat nicht nur einen hohen Wert aufgrund der Nährstoffgehalte, sondern auch strukturbildende Eigenschaften. Wenn Biotreibstoff-Produzenten Stroh als „Abfallstoff“ in ihre wirtschaftlichen Berechnungen einfügen, finden sie sich binnen kurzem auf dem Abstellgleis wieder.

Stroh als kostengünstigen Abfallstoff für die Biotreibstoff-Produktion zu nutzen, ist sinnlose Zeitverschwendung. Wie Forschungsanstalten und Laboranten auf die irrwitzige Annahme kommen, Stroh sei zum Nulltarif zu haben, ist mir rätselhaft. Der europäische Acker verarmt heute jedes Jahr im Mittel um ca 3% Humus. Weniger Humus bedeutet mehr Dünger. Das Stroh muss auf die Felder, um sie dauerhaft ertragreich und stabil zu halten.

Die Idee ist gut gemeint, aber ganz schlecht durchdacht. Gleiches gilt für schnell wachsende Hölzer und Gräser. Diese anzubauen, Anbauflächen umzunutzen, und dann zur Energiegewinnung zu konvertieren, ist ökonomisch und ökologisch zwar ein Nullsummengeschäft, verspricht aber große Summen an Fördergeldern. Besser dem Bürger weiterhin mit großem Medienrummel irgendetwas präsentieren, als endlich mal ernsthaft nach einer Lösung suchen.

->Quellen: