Trend Richtung dezentraler und CO2-reduzierender Technologien

Vattenfall beschleunigt Ausstieg aus Braunkohle
Gastbeitrag von Peter Kästel

Vattenfall im Berliner Hbf – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Vattenfall Deutschland forciert den Ausstieg aus der CO2-intensiven Braunkohle. Die deutsche Stromerzeugung von Vattenfall ist geprägt vom Braunkohletagebau in Ostdeutschland. Der Spiegel berichtete, dass eine Entscheidung über den Verkauf dieses Geschäftsbereiches bis zum Frühjahr 2015 getroffen werden soll.

Stellenwert von Vattenfalls Braunkohlegeschäft

Vattenfall Deutschland, einer der vier großen deutschen Energieversorger, betreibt in signifikantem Umfang Braunkohletagebau in der Lausitz. Im Strommix von Vattenfall beträgt der Braunkohleanteil ca. 25% und ist damit auch für den größten Teil der CO2-Emissionen des Unternehmens verantwortlich. In dem Geschäftsbereich werden ca. 8.000 Arbeitnehmer beschäftigt.

Warum will Vattenfall das Braunkohlegeschäft verkaufen?

 Mehrere Faktoren waren für die Entscheidung von Bedeutung:

  • Energiewende und sich veränderte Marktdynamik
  • Gegenwärtig geringe Profitabilität von konventionellen Kraftwerken
  • Risiko von steigenden Preisen für CO2-Emissionszertifikaten
  • CO2-Reduktionsziele und Fokus auf umweltfreundliche Technologien
  • Politischer Druck der gegenwärtigen schwedischen rot/grünen Regierungskoalition

Wie lässt sich das mit E.ONs Stratgiewechsel vergleichen?

Vattenfalls Schritt ist weniger radikal als der E.ONs, allerdings können doch einige Parallelen gezogen werden. Die Braunkohleverstromung ist die CO2-intensivste Form der Stromerzeugung, mit seiner auf zentrale Großkraftwerke ausgelegten Struktur konträr zum momentanen Trend zu dezentraler Stromgewinnung und steht unter zunehmenden Druck von Umweltgruppen. Die steigenden politischen, Image- und Finanzrisiken werden wohl auch das Management zunehmend über den Richtungswechsel nachdenken lassen.

Andererseits hält Vattenfall weiterhin an seinen Atom-, Steinkohle- und Gaskraftwerken fest. Wobei der Ausstieg aus den auslaufenden deutschen Atomkraftwerken sicher hoch auf der Wunschliste steht. Ansonsten ist auch bei Vattenfall das Thema Erneuerbare Energien, kundenfokussierte Dienstleistungen und das Betreiben von Verteilernetzwerkstrukturen ein aktiver Teil der aktuellen Unternehmensstrategie. Insgesamt kann gesagt werden, dass sich alle vier großen deutschen Versorger in die gleiche Richtung bewegen  – und, dass der Strukturwandel in vollem Gange ist.

Was kommt als nächstes?

Die deutschen Versorger befinden sich in einer branchenweiten Restrukturierungphase:

  1. Kostenreduzierung,
  2. Verkauf von nicht strategischen Geschäftsbereichen und
  3. Investitionen in zukunftsträchtige Produkte und Dienstleistungen.

Teil 1 wird von den Strategieberatungen abgearbeitet, Teil 2 wird die M&A Abteilungen (Mergers & Acquisitions – Sammelbegriff für Transaktionen im Unternehmensbereich) beschäftigen und Teil 3 ist eine Herausforderung für die Produktentwicklungsabteilungen.

Die bestehenden konventionellen Großkraftwerke werden allerdings noch für Jahre im Betrieb sein und werden neue Betreiber finden. Interessant ist, wer die neuen Besitzer sein werden, da die traditionellen Versorger auf der Verkäuferseite stehen und große institutionelle Investoren eher in erneuerbare Energieformen investieren. Einige der Private Equity-Investoren werden mit Interesse das Marktgeschehen beobachten und beim richtigen Preis Interesse zeigen.

Die Produktentwicklungsabteilungen stehen vor großen Herausforderungen. Der Trend geht zwar eindeutig in die Richtung von dezentralen und CO2-reduzierenden Technologien und Konzepten, allerdings ist noch nicht klar, mit welchem Produkt- und Dienstleistungsmix nachhaltig Geld verdient werden kann. Es wird auch interessant sein, in welcher Form die Dynamiken auf dem deutschen Energiemarkt andere Länder und deren Marktentwicklungen beeinflussen werden. Der Energiemarkt steht vor viel Veränderung und alle Marktteilnehmer werden eine herausfordernde Lernkurve durchlaufen.

Zum Autor: Peter Kästel (p.kaestel(at)invencardo.com) ist freier Berater im Bereich Geschäfts- und Produktentwicklung in Energiemärkten der Zukunft. Er lebt in London.