Gast-Kommentar: PV-Abwanderung – Chance für Europa!

Weltweiter PV-Markt positiv – kein Technologieproblem, sondern Investitionsproblem

Von Prof. Eicke R. Weber, Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg

Produktions­stätten und Photovoltaik­zubau verlagern sich zunehmend nach Asien, besonders nach China. Diese Entwicklung wird auch die kommenden Jahre anhalten. Was bedeutet dies für die deutsche Solarforschung?

Der globale Photovoltaik-Markt entwickelt sich sehr positiv und unerwartet schnell. Diese Aussage stelle ich an den Anfang, weil wir in Deutschland derzeit eine Art Nahbrille aufhaben, die den Blick für die Zukunft trübt. Für das Jahr 2014 erwarte ich weltweit 46 Gigawatt Photovoltaik-Zubau, zu den 130 Gigawatt bereits installierter Leistung – ein Wachstum von 35 Prozent. Die Abwanderung der Fertigung aus Europa hat letztlich mit politischen Entscheidungen zu tun. Über die letzten Jahre wurden gigantische Überkapazitäten aufgebaut – eine „normale“ Folge des Goldgräberfiebers. Die Folge war ein Absinken der Modulpreise unter die Herstellkosten. Auch in China sind die Produzenten in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Nur hat die Politik in China den klaren Willen, weiter am Zukunftsmarkt Photovoltaik teilzuhaben. Es gibt also kein Technologieproblem, sondern ein Investitionsproblem. Angesichts des billigen Geldes und der stagnierenden Wirtschaft in Europa ist mir unverständlich, warum die Politik in Europa nicht die Chance eines Zukunftsprogramms mit Erneuerbaren Energien ergreift. Ich bin allerdings nur Physiker, nicht Politiker oder Wirtschaftsweiser.

Als Physiker muss ich mich immer wieder vom Tagesgeschäft lösen und in die Vogelperspektive gehen, um Trends zu erkennen. Wenn ich einerseits das Wachstum des globalen Photovoltaikmarktes von 35 Prozent pro Jahr und andererseits die Abnahme der Überkapazitäten betrachte, komme ich zu einem Schnittpunkt, ich schätze 2016 oder 2017. Dann wird sich der Modulpreis wieder in Richtung der seit Jahrzehnten verifizierten Lernkurve bewegen, unter die er durch die Überkapazitäten gefallen war. Zu diesem Zeitpunkt wäre der nächste Technologieschub für die weitere Verbilligung der Produktionskosten fällig. Wenn allerdings die noch führenden deutschen Ausrüster der Photovoltaik-Fabriken in China und anderswo keine neuen Produkte vorweisen, werden sie keine Geschäfte mehr machen können.
Folgt: Chancen statt Probleme fokussieren