Geschönte Klimabilanzen kontraproduktiv für Klimaschutz

Drei Ebenen

Zur Bewertung dieses Sachverhaltes wurden die wichtigsten, derzeit bestehenden Bilanzierungsmethoden vorgestellt und anschließend anhand eines eigens erarbeiteten Analyseschemas hin untersucht. Dieses Schema unterscheidet zunächst eine erste Ebene im Rahmen der Bilanzierung, die die Erfassung der Charakteristika der jeweiligen Stromerzeugung zur Aufgabe hat. Auf einer zweiten Ebene geschieht der Informationstransfer zum Nutzer und auf der dritten Ebene dann die Art und Weise, wie die Informationen in den Klimabilanzen dargestellt werden.

Dabei bietet sich Ebene 2 (Informationstransfer zum Nutzer) insbesondere an, um die verschiedenen (heute beobachtbaren und prinzipiell möglichen) Arten der Bilanzierungsmethoden von einander zu unterscheiden. In dieser Ebene bestehen – analytisch zusammengefasst – drei Möglichkeiten:

  1. ‚Bilanzierungsmethode Erzeugungsspezifisch‘: Die bilanzierte Energiemenge und der Emissionsfakor werden ausschließlich anhand der Daten des oder der jeweils genutzten Anlagenbetreiber(s) oder des/ der Lieferanten bewertet.
  2. ‚Bilanzierungsmethode Erzeugungsspezifisch/Netzfaktor‘: Die bilanzierte Energiemenge und der Emissionsfakor werden parallel anhand der Daten des oder der jeweils genutzten Anlagenbetreiber(s) oder des/ der Lieferanten und eines spezifischen Netzfaktors ermittelt.
  3. ‚Bilanzierungsmethode Netzfaktor‘: Die vom Lieferanten kommende Energiemenge wird ausschließlich anhand eines spezifischen Netzfaktors bewertet.

Bei der Bewertung der Klimabilanzierungsmethoden zeigt sich eine relevante Diskrepanz: Gerade ‚Bilanzierungsmethode Erzeugungsspezifisch‘ erweist sich als sehr attraktiv für den Nutzer und auch vordergründig gut kommunizierbar, da damit eine individuelle Zuordnung sauberen Stroms zu einem einzelnen Stromnutzer unternommen wird. Doch aus ökologischer Perspektive ist ‚Bilanzierungsmethode Erzeugungsspezifisch‘ zweifelhaft, da sie aus einem bestehenden Mix heraus den grünen Anteil für einige Stromkunden erhöht, und für andere hingegen reduziert. Da dies nicht kommuniziert wird, schafft diese Methode einen Anreiz zur – vordergründigen – individuellen Besserstellung und regt ggf. sogar zu einem Mehrverbrauch an. Ein ökologischer Zusatznutzen besteht bei dieser Form der rechnerischen Besserstellung hingegen nicht. In wesentlichen Teilen trifft dies auch für ‚Bilanzierungsmethode Erzeugungsspezifisch/Netzfaktor‘ zu.

‚Bilanzierungsmethode Netzfaktor‘ hingegen ermöglicht keine individuelle Besserstellung, da sie auschließlich einen Gesamtnetzfaktor zu Grunde legt. Dies senkt durchaus die Attraktivität der Bilanzierungsmethoden, die hierauf zurückgreifen. Nichtsdestotrotz ist die Betrachtung des (nationalen) Netzmixes die wesentliche Grundlage für eine ernsthafte Einbeziehung des ökologischen Zusatznutzens des Strombezugs.

Drei konkrete Konzepte zur Erzeugung ökologischer Zusatznutzen

In den weiteren Kapiteln dieser Studie werden Grundlagen dafür gelegt, wie sowohl die Bilanzierungsmethoden für die Nutzung von ‚grünem Strom‘ als auch die Erzielung eines Zusatznutzens weiter gestärkt werden können. Dabei besteht eine wesentliche Herausforderung in der Entwicklung von messbaren und verständlichen Indikatoren für das Prinzip des ökologischen Zusatznutzens. Am Beispiel der bestehenden Ökostrommodelle wurde gezeigt, dass die Zusätzlichkeit im Sinne des Zubaus von EE-Anlagen prinzipiell möglich sein sollte, aber zum heutigen Zeitpunkt in Anbetracht funktionierender Refinazierungsmechanismen für EE-Anlagen (bspw. das EEG in Deutschland) eine definitiv untergeordnete Rolle spielt. Nichtsdestotrotz werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie alle Stromnutzer zusätzlich zum EEG wichtige Beiträge zum Klimaschutz leisten können.

An erster Stelle steht natürlich die Verbrauchsvermeidung. Für Ökostromanbieter besteht die Möglichkeit, das Energiesystem der Zukunft zu gestalten, indem sie Ökostromprodukte kreieren, die Energieeffizienz oder den Ausbau von Flexibilitätsoptionen im Stromsystem anreizen. Nicht zuletzt böte aber auch der gegenwärtige Emissionshandel mit seinen Defiziten Möglickeiten individuellen Zusatzhandelns. Denn der Aufkauf von überschüssigen Zertifikaten und somit der Handlungsspielraum für emissionsträchtige Technologien würde sich verringern und der Anreiz zur Investition in umweltfreundliche Erzeugungstechnologien könnte gesteigert werden. Im Rahmen dieser Studie wurden drei konkrete Konzepte zur Erzeugung ökologischer Zusatznutzen erarbeitet. Diese Konzepte können in einem Zusatzdokument bei der IZES gGmbH angefordert werden.

->Quellen: