Weltrekord im IPP-Teststand ELISE

Der Weltrekord

Mit dem Teststand ELISE (Extraction from a Large Ion Source Experiment) wurde in den vergangenen zwei Jahren eine Quelle untersucht, die bereits halb so groß ist wie eine spätere ITER-Quelle. Sie erzeugt einen Teilchenstrahl von rund einem Quadratmeter Querschnittsfläche. Mit dem gewachsenen Format mussten die bisherigen technischen Lösungen für das Heizverfahren überarbeitet werden. Schritt für Schritt ist ELISE damit in neue Größenordnungen vorgedrungen. Kürzlich gelangen nun einstündige Betriebspulse der Ionenquelle, in denen alle drei Minuten für 20 Sekunden ein stabiler und homogener, rund neun Ampere starker Ionenstrahl erzeugt werden konnte. Der Gasdruck in der Quelle und die Menge der zurückgehaltenen Elektronen entsprachen den ITER-Vorgaben – kurz: Weltrekord.

Hintergrund: Die technischen Details

Um Wasserstoffatome beschleunigen zu können, müssen sie zunächst als geladene Teilchen – als positiv oder negativ geladene Ionen – für elektrische Kräfte greifbar werden. Dies geschieht in der Ionenquelle: In Wasserstoffgas eingestrahlte Hochfrequenzwellen ionisieren und zerlegen einen Teil der Wasserstoffmoleküle. Das entstandene Plasma, eine Mischung neutraler Teilchen, negativer Elektronen sowie meist positiv geladener Ionen, strömt auf eine erste gitterförmige Elektrode. Durch die mehreren 100 Öffnungen dieses Gitters werden ebenso viele einzelne Ionenstrahlen aus dem Plasma herausgezogen. Nach der Beschleunigung durch zwei weitere Gitter verschmelzen die fingerdicken Einzelstrahlen schließlich zu einem breiten Gesamtstrahl, dessen Querschnitt bei ELISE rund einen Quadratmeter groß ist.

Sind die Oberflächen der Ionenquelle mit geeignetem Material belegt, mit Cäsium zum Beispiel, dann können die Wasserstoffatome dort Elektronen aufnehmen: So entstehen die für ITER benötigten negativ geladenen Wasserstoffionen. Um die gleichzeitig aus dem Plasma herausgezogenen, aber unerwünschten Elektronen loszuwerden, behindert ein Quermagnetfeld im Plasma ihren Flug zum ersten Gitter. Kleine, in das zweite Gitter eingebaute Permanent-Magnete lenken die Elektronen dann endgültig aus dem Strahl heraus. Die viel schwereren Ionen fliegen dagegen nahezu unbehindert weiter. Nicht nur dieses magnetische Innenleben macht die ELISE-Gitter zu technischen Meisterstücken: Hinzu kommt eine ausgefeilte Wasserkühlung, die trotz der hohen Wärmebelastung während der Heizpulse jede einzelne Öffnung auf hundertstel Millimeter relativ zu ihrem Partner im folgenden Gitter in Position hält.

Damit dies alles funktioniert, müssen zahlreiche Einzelgrößen – zum Beispiel die Hochfrequenzleistung, die Cäsiumkonzentration, die Wandtemperatur, die Gitterspannungen und das Magnetfeld zum Ablenken der Elektronen – genau aufeinander abgestimmt werden. Nur dann erhält man das gewünschte Ergebnis, einen stabilen und homogenen Strahl aus schnellen, negativ geladenen Wasserstoffionen.

Damit die schnellen Teilchen später bei ITER ungehindert durch den Magnetfeldkäfig in das Plasma eindringen können, müssen sie zuvor wieder neutralisiert werden. Als schnelle Wasserstoffatome schießen sie schließlich in das Plasma hinein und geben ihre Energie an die Plasmateilchen ab.

Wie geht es weiter?

Inzwischen wurde die Ionenquelle erstmals seit Betriebsbeginn wieder geöffnet: Nach der Reinigung der Quelle will man dann mit erhöhter Leistung die vollen Zielwerte erreichen. Das System in Originalgröße wird anschließend das italienische Fusionsinstitut der ENEA in Padua untersuchen und dabei mit dem IPP zusammenarbeiten. Zur Vorbereitung wird hier in den nächsten zwei Jahren das italienische Team trainiert und zugleich die Entwicklung an ELISE weiterlaufen.

Autorin: Isabella Milch

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