Kleine Presseschau zum Thema „Gescheiterte Gebäudesanierung“

„Unfassbar“ – „Unmut und Enttäuschung“ – Schlimmes Signal“

Seehofer mache „aus der Energiewende eine Energie-Pirouette“, kommentiert der Kölner Stadtanzeiger. Die Neue Osnabrücker Zeitung sieht schlicht „Blamage“ und „Bruchlandung“. „Heute hü und morgen hott“, heiße „offenbar das umweltpolitische Konzept der Bundesregierung“, ätzt der Reutlinger Generalanzeiger. Das Offenburger Tagblatt stellt fest, es gehe offensichtlich „um Peanuts und um das Übergroße Ego von Horst Seehofer“. So oder ähnlich der Kommentar-Tenor aus Anlass des Scheiterns der steuerlichen Bevorzugung für die energetische Gebäudesanierung in nahezu allen deutschen Gazetten – eine Auswahl.

KÖLNER STADT-ANZEIGER
CSU-Chef Horst Seehofer setzt alles daran, aus der Energiewende eine Energie-Pirouette zu machen. Erst wirft er kurzerhand die vereinbarte Planung für Stromtrassen über den Haufen. Nun versetzt er dem im Kabinett beschlossenen Steuerbonus für Haussanierungen den Todesstoß. Eine effizientere Nutzung von Strom und Wärme aber ist unverzichtbarer Teil des Umstiegs auf die Erneuerbaren. Weil die meiste Energie fürs Heizen verwendet wird, muss hier der Hebel angesetzt werden. Ohne deutliche Fortschritte beim Austausch alter Heizkessel oder Fenster und bessere Dämmung wird Deutschland seine Klimaschutzziele weit verfehlen.

NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG
Welche Blamage. Statt ihre Aktionspläne zum Klimaschutz und zum effizienten Einsatz von Energie voranzutreiben, legt die Koalition eine Bruchlandung hin. Die Steuerquellen sprudeln, der Staat erzielt hohe Überschüsse. Und trotzdem gelingt es nicht, einen vergleichsweise kleinen Betrag von einer Milliarde Euro im Jahr für die steuerliche Förderung von Gebäudesanierungen lockerzumachen. Die Verantwortung dafür trägt CSU-Chef Horst Seehofer, dem es wichtiger war, die Absetzbarkeit von Handwerker-Rechnungen zu verteidigen. Ohne Skrupel bremst er eines der wichtigsten Projekte der Großen Koalition, die Energiewende. Diese Wende bedeutet sehr viel mehr als das Abschalten von Atomkraftwerken und den Ausbau erneuerbarer Energien.

REUTLINGER GENERAL-ANZEIGER
Die Bundesregierung fährt in Sachen Klimaschutz einen Schlingerkurs. Vor exakt zwei Jahren wurde der milliardenschwere Steuerbonus für das Dämmen von Häusern aufgestockt – gestern wurde die Klimaschutzmaßnahme wieder kassiert. „Heute hü und morgen hott“, heißt offenbar das
umweltpolitische Konzept der Bundesregierung. Das kommt einem politischen Offenbarungseid gleich. Dabei gibt es viele gute Gründe für die gezielte Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Die Dämmung der Häuser schont nicht nur den Geldbeutel der Verbraucher, sondern auch das Klima. Die Koalition hat diese Erkenntnis offenbar vergessen.

OFFENBURGER TAGBLATT
Die Große Koalition verheddert sich beim Thema Energiewende im Klein-Klein. Überraschend ist der eigentlich von Bund und Ländern schon beschlossene milliardenschwere Steuerbonus für die energetische Sanierung von Gebäuden gestoppt worden. CSU-Chef Horst Seehofer gefällt nicht, dass zur Gegenfinanzierung unter anderem das steuerliche Absetzen von Handwerkerrechnungen gekürzt werden sollte. Dabei geht es definitiv um Peanuts und um das Übergroße Ego von Horst Seehofer. Die Energiewende kommt so nicht in Schwung und die Große Koalition gelingt es erneut nicht, wichtige Reformen voranzutreiben.

STUTTGARTER NACHRICHTEN
Als besonders effektiv gilt, die alltägliche Energieverschwendung in Millionen alten Häusern zu bekämpfen. Doch aus dem geplanten Steuerbonus für das Energiesparen im Gebäude wird nun nichts, weil die Länder kein Geld lockermachen und der Bund die Kosten nicht allein tragen will. Zwei
Gebietskörperschaften, die letztlich von den gleichen Steuerzahlern finanziert werden, zerstreiten sich über die Finanzierung eines sinnvollen Projekts, so dass am Ende gar nichts geschieht. So kann man Föderalismus auch ad absurdum führen. Die Politik in Bund und Ländern schafft es mit einer einzigen Entscheidung, dem Klimaschutz zu schaden, die Schwarzarbeit zu fördern und den Föderalismus in schlechtem Licht erscheinen zu lassen.

STRAUBINGER TAGBLATT/LANDSHUTER ZEITUNG
Der von Seehofer gerettete Steuerbonus für alle Handwerkerrechnungen steht in keinem Verhältnis dazu. Unfassbar, dass Angela Merkel und Sigmar Gabriel das akzeptiert haben. Und doch ein weiterer Beleg dafür, wie sich die Koalitionäre gegenseitig blockieren, nur auf den eigenen Vorteil schauen und dabei die großen Herausforderungen aus dem Augen verlieren. Der Klimaschutz bleibt auf der Strecke, die Energiewende droht zu scheitern. Und das nur, weil der einstmaligen Klimakanzlerin Angela Merkel das Klima in der Koalition wichtiger ist als das Weltklima. Kurzfristiger kann man kaum mehr denken.

THÜRINGISCHE LANDESZEITUNG
Vater Staat stoppt die Unterstützung von bis zu 25 Prozent für den Austausch alter Heizkessel und Fenster, die rückwirkend zum 1. Januar angekündigt wurde. Diejenigen, die in etwas vorschneller Gutgläubigkeit bereits Hand angelegt haben, gucken nun in die Röhre. Die daraufhin diskutierte Aufstockung der KfW-Programme erscheint vor diesem Hintergrund als trauriger Trostpreis. Der neue Gebäudesanierungs-Bonus hätte Bund und Länder eine Milliarde Euro pro Jahr gekostet. Unmut und Enttäuschung nach so viel Verantwortungslosigkeit kosten die Politik ganz sicher weit mehr: Vertrauen.

FLENSBURGER TAGEBLATT
Die steuerliche Absetzbarkeit für Gebäudesanierung ist erst einmal vom Tisch. Es ist besonders jetzt ein schlimmes Signal, weil mit dem nahenden Frühjahr viele Projekte zur Sanierung geplant werden. Mit dem Austausch von Fenstern und Heizungen und einer ordentlichen Dämmung hätte man viel Energie einsparen und den Klimaschutz gut voranbringen können. Wie steht Deutschland jetzt international da? Das Land, das sich gern als Vorreiter beim Klimaschutz gibt? Peinlicher geht es fast nicht mehr.

TRIERISCHER VOLKSFREUND
Planungsunsicherheit aber ist das schlimmste Gift für das Großprojekt Energiewende. Keiner wird auch nur einen Cent investieren, wenn er nicht weiß, ob die verkündeten Maßnahmen auch wirklich umgesetzt werden und die vereinbarten Ziele morgen noch gelten. Dann warten alle erst einmal ab. Insofern hat Seehofer mit seinem Veto weit mehr blockiert als nur eine einzelne Idee. Er trifft den Kern der Regierungspolitik im Energiesektor, und damit auch die Kanzlerin und den Vizekanzler, die hierfür in besonderer Weise geradestehen. In der großen Koalition, so scheint es, wackelt der Schwanz mit dem Hund.

NEUE WESTFÄLISCHE
Es ist also der schnöde Mammon, an dem die steuerliche Förderung scheitert. Im Ergebnis stockt die Energiewende. Und mit ihr auch der Klimaschutz. Wie die Bundesregierung es jetzt noch schaffen will, den [[CO2]]-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu verringern, steht in den Sternen. Denn das Fassadendämmen ist zwar wegen der schlechten Qualität von Dämmstoffen ins Gerede gekommen, aber keinerlei Zweifel besteht daran, dass es wichtig ist, zugige Fenster und alte Heizkessel auszutauschen. Die energetische Sanierung war ein Kernpunkt des „Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz“, den das Kabinett im Dezember beschlossen hatte. Auch der Bau von neuen Stromautobahnen gehörte dazu. Die sind jetzt auch auf Eis gelegt, und daran ist wirklich Bayern schuld. Die Verlässlichkeit der Großen Koalition lässt zunehmend zu wünschen übrig.

->Quelle:  Aufzeichnungen des Bundespresseamts – bpa.bund.de