Vier Jahre Fukushima – viermal Erinnerung und Mahnung

Marco Bülow, zuständiger Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion:

„Vier Jahre nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima sind die Folgen immer noch gegenwärtig. Die Böden und das Meer sind radioaktiv belastet, bei Kindern tritt vermehrt Schilddrüsenkrebs auf. Auch vier Jahre nach der Katastrophe von Fukushima ist es wichtig, dass es Menschen gibt, die nicht wegsehen, sondern sich vor Ort engagieren und immer wieder auf die Gefahren der Atomenergie hinweisen. Die SPD-Bundestagsfraktion ist diesen Menschen sehr dankbar und wird sich auch weiterhin für ein weltweites Ende der Atomenergie engagieren. Die deutsche Energiewende einschließlich des Ausstiegs aus der Atomenergie zeigen, dass es eine Alternative gibt. Die Katastrophe von Fukushima am 11. März 2011 passierte nicht einmalig. Sie passiert noch immer, jeden Tag. Noch immer gibt der Atomstandort Radioaktivität ab: es fließen 300 Tonnen radioaktiv belastetes Wasser ins Meer – pro Tag.

Die verheerenden Folgen für die Gesundheit der Menschen werden immer krasser sichtbar. Bei 117 der untersuchten Kinder von Fukushima wurde mittlerweile Schilddrüsenkrebs festgestellt. 88 Kinder mussten bereits operiert werden . Statisch normal wäre bei der Anzahl der untersuchten Kinder ein Krebsfall gewesen. Das wahre Ausmaß der gesundheitlichen Folgen wird man aber erst in vielen Jahren sehen können, da die Latenzzeit zwischen der Bestrahlung und dem vermehrten Auftreten von Krebserkrankungen je nach Krebsart unterschiedlich lang ist und zum Teil über zehn Jahre betragen kann.

Der Jahrestag von Fukushima ist ein Tag der Mahnung, an dem man sich bewusst machen sollte, welche katastrophalen Folgen die Atomenergie für Menschen haben kann. Wer möchte gerne auf Dauer seine Heimat verlieren? Wer möchte gerne seine Kinder auf Spielplätze schicken, auf denen die Höhe der radioaktiven Belastung jeden Tag neu auf Infotafeln notiert wird? Wer möchte in der ständigen Angst leben aufgrund der erhöhten Strahlenbelastung eines
Tages an Krebs zu erkranken? Dieser belastende Zustand ist aber für hunderttausende von Japanern Alltag.“

Geiger/BUND: Fukushima mahnt: AKW-Risiken ernster nehmen und Atomausstieg beschleunigen

Anlässlich des vierten Jahrestages der Atomkatastrophe von Fukushima hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) vor Sicherheitsrisiken bei den acht hierzulande noch laufenden Atomkraftwerken gewarnt: “Vor vier Jahren hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Atomenergienutzung als Irrweg erkannt und die Stilllegung der ersten acht Atommeiler in Deutschland verfügt. Ende Mai geht, früher als geplant, mit Grafenrheinfeld das neunte Atomkraftwerk vom Netz. Der weitere Betrieb der restlichen acht Reaktoren in Gundremmingen, Philippsburg, Grohnde, Emsland, Isar, Brokdorf und Neckarwestheim birgt jedoch ebenfalls große Gefahren. Altersbedingte Ausfälle der Sicherheitssysteme, mangelhafte Schutzstandards, Hochwasser-, Erdbeben- oder auch Terrorgefahren sind Risiken, die der Bevölkerung nicht länger zugemutet werden dürfen“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.

Die größten Gefahren gingen von den zwei technisch veralteten Siedewasserreaktoren in Gundremmingen aus. Die hochradioaktiven Brennelemente würden dort in Abklingbecken innerhalb der Reaktorgebäude gelagert. Im Störungsfall könnte es ähnlich wie in Fukushima zu Wasserstoffexplosionen und zur Freisetzung strahlenden Materials kommen. Sämtliche deutschen Atomkraftwerke seien außerdem gegen Ausfälle bei der Stromversorgung nicht ausreichend geschützt. Und genauso wie in Castor-Zwischenlagern könnten Terror-Anschläge oder Flugzeugabstürze auch in Atomkraftwerken gravierende Störfälle auslösen, bei denen es zur weiträumigen Freisetzung von Radioaktivität kommen könne.

„Wegen des unzureichenden Schutzes vor Terror-Gefahren hat das Oberverwaltungsgericht Schleswig die Genehmigung für das Atommüll-Zwischenlager in Brunsbüttel aufgehoben. Die Lagerung hochradioaktiven Atommülls ist dort nur noch per Notverordnung erlaubt. Diese Tatsache ist ein weiterer Beleg dafür, dass die Nutzung der Atomenergie nicht zu verantworten ist. Anstatt mit milliardenschweren Klagen gegen die Bundesregierung vorzugehen, weil nach Fukushima acht Atomkraftwerke abgeschaltet wurden, müssen sich die Energiekonzerne endlich von dieser Risikotechnologie verabschieden“, sagte Weiger.

->Quellen:

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen lud am 06.03.2015 zu einem Fachgespräch zum Thema“Entwicklungen in der japanischen Atompolitik seit dem Atomunfall von Fukushima“

Analyse- und Hintergrund-Papier (2013-2014) von  Hideyuki Ban (Der Autor ist einer der kundigsten und profiliertesten Atomkraftkritiker in Japan.)