Merkel in Elmau zu Klima, 2°-Grenze, CO2 und Atom

Die Fragen

Frage: „Frau Bundeskanzlerin, Sie haben sich erneut zu dem Zwei-Prozent-Klimaziel bekannt. Können Sie sagen, wie Sie vor allem den japanischen Teilnehmer am Tisch dazu bewegen konnten, das mitzutragen?“

BK’in Merkel: „Wir haben uns zum Zwei-Grad-Ziel – nicht Zwei-Prozent-Ziel, sondern Zwei-Grad-Ziel – bekannt. Die ganzen Klimaformulierungen waren das Ergebnis harter Verhandlungen. Sowohl für das Wort ‚bindend‘ im Zusammenhang mit den Zielen dieses Klimaabkommens als auch für das Bekenntnis zum Zwei-Grad-Ziel, das Bekenntnis zum oberen Ende der 40- bis 70-prozentigen Reduktion der Treibhausgase und die Bekenntnisse zur Klimafinanzierung haben die Sherpas harte Arbeit leisten müssen. Da gab es aber nicht ein Land, das problematisch war. Ich glaube, es war gut, dass wir es zum Schluss insgesamt geschafft haben. François Hollande als Gastgeber der Klimakonferenz in Paris hat hier natürlich sehr viel Wert darauf gelegt; er war neulich ja auch zu Gast auf dem Petersberger Klimadialog. Deutschland und Frankreich wollen hier auch sehr gemeinsam agieren.“

Frage: „Was bedeutet die Festlegung auf all diese Klimaziele, die Sie heute getroffen haben, für die innerdeutsche Debatte um die Klimaabgabe?“

BK´in Merkel: „Die deutsche Diskussion über die Klimaziele ist eine, die sozusagen noch aufgesetzt auf die internationale Diskussion stattfindet. Wir sind mit unserem Klimaziel von 40 Prozent Reduktion von CO2 gegenüber dem europäischen Ziel weit voran, was wir ja auch verbindlich in das Kyoto-Protokoll geschrieben haben. Deutschland hat noch einmal betont, dass es nicht nur seine europäischen Ziele erfüllen will, sondern auch seine deutschen Ziele. Wie wir das umsetzen, werden wir innerhalb der Bundesregierung in den nächsten Tagen diskutieren. Der Wirtschaftsminister ist immer noch in Gesprächen, wie Sie wissen. In der letzten Woche haben etliche stattgefunden, und auch in dieser Woche werden wieder welche stattfinden. Dann werden wir, glaube ich, zu einer guten Lösung kommen, inklusive aller anderen Fragen, die mit dem Thema Energie verbunden sind. Das sind zum Beispiel die Fragen der Leitungsstruktur, der Kapazitätsmärkte und viele andere Dinge.“

Frage: „Kommen Sie denn, nachdem Sie die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft und eine Transformation der Energieversorgung in den Industriestaaten einfordern, überhaupt noch an Einschnitten bei der Kohle vorbei?“

BK’in Merkel: „Wir werden unsere Ziele nur dann erreichen können, wenn wir in allen Bereichen Anstrengungen unternehmen. Es gibt eine ganze Reihe von Schwachstellen in Deutschland. Es ist für mich zum Beispiel absolut schwierig zu verstehen, dass es trotz der vielen rot-grünen Landesregierungen bis jetzt nicht möglich war, eine steuerliche Förderung der Gebäudesanierung hinzubekommen. Auch der Energiebereich wird einen Beitrag dazu leisten müssen. Man muss eine Unterscheidung treffen: Wir reden in Deutschland im Augenblick über die Erfüllung des Ziels für 2020, und bei der Dekarbonisierung sprechen wir über den Lauf des Jahrhunderts. Es sind schon noch verschiedene Dinge zu unterscheiden.

Wir haben im Augenblick in Europa eine Situation, das unser Instrument für die ganze Welt – wir haben übrigens auch darüber gesprochen, dass wir uns das vorstellen können -, nämlich einen Emissionshandel, die Preissignale nicht so ausgibt, wie wir uns das wünschen, sodass Deutschlands Anstrengungen vor allen Dingen deshalb notwendig sind, weil wir im europäischen Strommarkt im Augenblick eine Vielzahl von Kohlestromexporten haben. Nicht für den eigenen Verbrauch, aber dort, wo der Strom erzeugt wird, werden die CO2-Emissionen angerechnet. Man kann sich sicherlich vorstellen, dass, wenn wir im Laufe der Jahre zu einem einheitlichen europäischen Energiemarkt kommen, nationale Ziele auch einen anderen Stellenwert bekommen. Ein integrierter europäischer Markt kann nur ein Ziel haben. Das wird auch in Zukunft – aber erst nach 2020 – zu berücksichtigen sein.“

Frage: „Hat es im Zusammenhang mit dem Verzicht auf fossile Energien im Laufe dieses Jahrhunderts noch eine Diskussion über die Nutzung der Atomenergie gegeben? Hat es Bewegung in Richtung Japan gegeben: Zwei-Grad-Ziel, dafür ein bisschen Nachsicht bei der Nutzung der Atomenergie?“

BK´in Merkel: „Es gibt eine Reihe von Ländern – darüber ist auch gesprochen worden -, die sich weiter zur Nutzung der Kernenergie bekennen werden. Das ist Japan, aber auch Großbritannien und Frankreich. Unter den G7-Staaten gibt es also eine ganze Reihe, die das nutzen. Wir haben keinerlei Vorgaben gemacht, dass man aus der Kernenergie aussteigen muss. Das ist eine deutsche Entscheidung, die respektiert wird. Die G7 haben hier aber unterschiedliche Vorstellungen.“

Frage: „Ich weiß, dass der globale Klimawandel ein wichtiges Thema für den Gipfel war, und das umfasst die Teilnahme aller Länder. Haben in diesem Rahmen die G7-Länder die Beiträge diskutiert, die China bei diesem globalen Problem leisten kann? Da China ja auch eine grünere Wirtschaft fördert und möchte, darf ich Sie fragen: Welche Geschäftsmöglichkeiten sehen Sie dort für deutsche Unternehmen?“

BK´in Merkel: „Wir wissen, dass die G7-Staaten alleine, selbst wenn sie morgen gar keine CO2-Emissionen mehr hätten, das Klimaproblem – das heißt, das Erreichen des Zwei-Grad-Ziels – gar nicht schaffen können. Die Schwellenländer, so zum Beispiel China, müssten dazu beitragen. Wir freuen uns – das ist auch in unserer Diskussion gewürdigt worden -, dass China auch eine Vielzahl von Anstrengungen unternimmt, zum Beispiel seine Ökonomie stärker auf erneuerbare Energien auszurichten. Wir wissen, dass China einen rasanten Aufwuchs von MINT-Energiekapazität – zum Beispiel Solarenergie und Wasserkraft – hat. Das zeigt auch den Wandel an, in dem sich China in Bezug auf seine Energieerzeugung befindet.

China hat deutlich gemacht, dass es sich im Blick auf die Klimakonferenz in Paris zum ersten Mal mit der Frage beschäftigen wird, dass die CO2-Emissionen auch in China nach einer Phase des Anstiegs wieder zurückgehen werden. Das ist ein sehr wichtiges Bekenntnis. Wir wissen, dass wir eine gemeinsame Verantwortung, aber unterschiedliche Verantwortungen nach unserem Entwicklungsgrad haben. China sagt jetzt aber auch: Es wird der Tag kommen, an dem auch wir unsere Wirtschaft so umsteuern müssen, dass weniger CO2-Emissionen anfallen. Das ist also eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und CO2-Emissionen. Ich würde sagen, dass das ein wegweisender Schritt ist. Ich glaube, dass Deutschland durchaus Möglichkeiten hat, hier auch mit Technologien zu helfen. Allerdings hat China auch eine große Fähigkeit bewiesen, eigene Technologien zu entwickeln. So wird man aber auch in einer Win-win-Situation in diesem Bereich sehr eng zusammenarbeiten.“

->Quelle: bundesregierung.de