Bioenergiedörfer: 10 Jahre Jühnde und mehr als 100 Nachfolger

2005 begann in Jühnde eine Erfolgsgeschichte, die bis heute viele weitere Dörfer inspiriert hat

Wie die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. mitteilt, nehmen immer mehr Bürger ihre Energieversorgung in die eigene Hand. Deutlich mehr als 100 Orte in Deutschland versorgen sich inzwischen fast ausschließlich mit Wärme aus heimischer Biomasse, aus der sie außerdem erneuerbaren Strom für das öffentliche Netz produzieren. Hinzu kommt häufig eine überdurchschnittlich hohe Nutzung anderer erneuerbarer Energien.

Am 17. und 18.07.2015 veranstaltet das niedersächsische Bioenergiedorf Jühnde bei Göttingen anlässlich seines zehnjährigen Bestehens die Tagung „Zehn Jahre Bioenergiedörfer – Erfahrungen und Perspektiven einer nachhaltigen Energieversorgung“.
Bioenergiedörfer sind ein Ansatz, die regionale Wertschöpfung im ländlichen Raum zu stärken, Energiewende und Klimaschutz voranzubringen, mehr Unabhängigkeit in der Energieversorgung zu erlangen und Perspektiven in ländlichen Gebieten zu schaffen, die oftmals von Strukturschwäche und demografischem Wandel geprägt sind. Aus diesen Gründen engagiert sich das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) gemeinsam mit seinem Projektträger, der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) beim Thema Bioenergiedörfer. So förderte das BMEL ab dem Jahr 2000 Jühnde als Pionier und Modellvorhaben mit einer Gesamtsumme von rund 3,1 Mio. €.  Seit 2010 lobte das BMEL bislang dreimal den Wettbewerb Bioenergiedörfer aus, Jühnde-Barlissen gehörte gleich beim ersten Mal zu den drei Gewinnern. Schließlich betreut die FNR im Auftrag des BMEL das Infoportal www.wege-zum-bioenergiedorf.de, auf der man u. a. alle bekannten realisierten Bioenergiedörfer in einer Deutschlandkarte verorten kann – sehr hilfreich für potenzielle Nachahmer, denn zu Beginn der Planungen steht meist der Besuch bei einem realisierten Projekt an.

Typisch für ein Bioenergiedorf ist als zentraler Akteur eine Energiegenossenschaft, in der die wärmeabnehmenden Haushalte, die örtlichen Landwirte, die Gemeinde und weitere Beteiligte vertreten sind. Die Genossenschaft ist Eigentümerin und Betreiberin des Wärmenetzes und manchmal auch der Biogasanlage und/oder des Holzheizwerkes, die in den meisten Bioenergiedörfern Wärme und Strom erzeugen.  Während es vor zehn Jahren galt, die wirtschaftliche und organisatorische Machbarkeit eines solchen Konzeptes grundsätzlich nachzuweisen, steht heute die Optimierung, insbesondere unter Effizienzgesichtspunkten, im Fokus. Vor allem die stromgeführten Biogasanlagen, die im Sommer häufig Wärmeüberschüsse aufweisen, haben hier Bedarf. Es gibt aber noch weitere Herausforderungen: Mit welchen neuen Geschäftsmodellen und technischen Anpassungen können sich die Dörfer bestmöglich auf die Zeit nach der EEG-Förderung vorbereiten? Und angesichts einer gekürzten EEG-Förderung für die Stromerzeugung aus Biomasse: Wie lassen sich in Orten ohne Biogasanlagen künftig Bioenergiedorf-Konzepte umsetzen?

Diese und weitere Fragen wollen die Jühnder mit allen Interessierten auf der Tagung „Zehn Jahre Bioenergiedörfer – Erfahrungen und Perspektiven einer nachhaltigen Energieversorgung“ www.bioenergiedorf.de am 17. und 18.07.2015 diskutieren.

Über Jühnde: Vor zehn Jahren nahm die Jühnder Energiegenossenschaft, in der ein Großteil der Haushalte, alle Jühnder Landwirte, die Kirche und die Gemeinde vertreten sind, eine Biogasanlage, ein Hackschnitzelheizwerk und ein Nahwärmenetz in Betrieb. Seit dem versorgt sich der Ort nicht nur überwiegend selbst mit erneuerbarer Wärme, sondern speist auch jährlich rund fünf Millionen Kilowattstunden Ökostrom ins öffentliche Netz ein.

Jühnde ist auch heute noch Pionier: Unter der Überschrift „Flexibel und wärmegeführt in die Zukunft“ will die Genossenschaft drei Millionen Euro in den Umbau ihrer Bioenergieanlage investieren, um deren Effizienz deutlich zu steigern. Zudem geht der Ort das Thema Verkehr an: Jühnde baut derzeit ein CarSharing-System mit Elektroautos auf, die Strom von der Biogasanlage tanken können.

->Quellen: