Gauck-Rede bei Fraunhofer-Jahrestagung

Beeindruckendes Spektrum

Die Breite des Spektrums, das sich aus den einzelnen Forschungsbereichen der Fraunhofer-Institute  ergibt, ist beeindruckend. Nicht nur für einen Laien wie mich, sondern für viele informierte  Fachleute in der ganzen Welt. Und die Innovationen, die aus diesen Instituten kommen, sollen nicht  nur ein Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit sein. Häufig zielen sie gleichzeitig auf soziale  Gerechtigkeit oder auf ein nachhaltiges Wachstum. Wir lesen dies auch im Leitbild der  Fraunhofer-Gesellschaft. Und wir erleben es ganz praktisch in all den Bereichen, in denen die  Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Fraunhofer-Institute forschen und wirken. Das ist sicher auch  einer der Gründe dafür, dass sie so oft unter den Preisträgern des Deutschen Zukunftspreises zu  finden sind, bei dem es ja ebenfalls um die Frage geht: Wie werden aus Ideen erfolgreiche Produkte,  die dem Menschen dienen?   Die Beantwortung dieser Frage ist von entscheidender Bedeutung. Denn nur mit innovationsbasierten  Technologien, Produkten und Dienstleistungen kann es gelingen, Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit  in Deutschland und Europa zu erhalten und zentralen Herausforderungen – bei uns und weltweit – zu  begegnen.

Nun das Motto dieser Versammlung – „Licht gestaltet“ – bietet zahlreiche Beispiele dafür, zumal im  „Internationalen Jahr des Lichts“, und auch mit Blick auf die Person von Joseph Fraunhofer, der es  vom Glasschleifer zum Erfinder optischer Instrumente brachte.

Licht ist Grundlage allen Lebens auf der Erde. Licht ermöglicht es uns auch, die Welt mit unseren  Augen zu erkennen. Welch große Rolle das Licht in der Kulturgeschichte der Menschheit gespielt hat,  das können wir auch in diesem Raum sehen, wenn wir auf das Deckengemälde dieses Saales schauen: Der  Titan Helios lenkt seinen prächtigen Sonnenwagen den Himmel entlang. Spätestens seit der  europäischen Aufklärung gilt das Licht ja als Sinnbild für Wissen und für die unbändige Kraft des  menschlichen Verstandes – die Begriffe „Enlightenment“ und „Les lumières“ zeugen noch heute davon.

Dass es auch ein Zuviel an Licht geben kann, erscheint uns vor diesem geistesgeschichtlichen  Hintergrund fast unvorstellbar. Wir sprechen in unserer technisierten Welt manchmal sogar vom  „Verlust der Nacht“ oder gar von „Lichtverschmutzung“ – ein Wort, das ich in meiner Kindheit und  Jugend nicht kannte. Rund ein Viertel des weltweiten Stromverbrauchs wird heute dazu benötigt,  Gebäude und Straßen zu beleuchten. Die Entwicklung ressourceneffizienter Mittel zur Beleuchtung –  wie zum Beispiel organischer LEDs – nimmt daher eine herausragende Rolle ein.

Aber Licht erhellt nicht nur unsere Städte, es ermöglicht auch Einblicke in kleinste Strukturen des  Lebens. Für seine Entwicklung hochauflösender Lichtmikroskope erhielt der deutsche Forscher Stefan  Hell im vergangenen Jahr sogar den Chemie-Nobelpreis. Daneben ist Licht längst ein unverzichtbares  Werkzeug, ob zum Abtasten von CD-ROMs und DVDs, zum Schneiden von Werkstoffen oder zur Herstellung  von Gegenständen im 3D-Druck. Ich bin Ihnen, meine Herren, sehr dankbar, dass Sie mir dieses Gefühl  von etwas Unheimlichem genommen haben, als Sie mir in aller Kürze das Verfahren des 3D-Drucks  erklärt haben. So durfte ich heute auch etwas dazulernen. Herzlichen Dank dafür! Ich freue mich,  dass die Fraunhofer-Gesellschaft bei diesem Zukunftsthema eine so starke und im Wortsinn sichtbare  Rolle spielt.

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