Echos: „Merkel hat Elmau-Versprechen gebrochen“

DUH: Kohlelobby setzt sich durch – Beitrag der Bundesregierung zum Klimaschutz nicht nachvollziehbar

  • Beschluss des Koalitionsgipfels Armutszeugnis für Energiepolitik in Deutschland
  • Merkel und Gabriel knicken vor Kohlelobby ein
  • Beschlüsse zur Kraft-Wärme-Kopplung teilweise begrüßenswert
  • Beschlüsse zum  Stromnetz-Ausbau sieht DUH kritisch

Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert den Ausgang des gestrigen Koalitionsgipfels zwischen CDU, CSU und SPD zu wichtigen Energiethemen. Die Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation wirft der Regierung insbesondere vor, erneut die Interessen der Kohleindustrie über den Klimaschutz zu stellen. Dadurch verzögere sie das Gelingen der Energiewende und gefährde die Klimaziele.

„Die Gewinner des gestrigen Abends sind die großen Energiekonzerne, die in den letzten Jahren die Energiewende verschlafen haben und sich den Abschied von ihren ältesten und schmutzigsten Braunkohlekraftwerken auf Kosten der Allgemeinheit von der Bundesregierung vergolden lassen“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha . Er kritisiert, dass Angela Merkel genau das Gegenteil von dem tue, was sie beim G7-Gipfel auf Schloss Elmau versprochen habe. Die Subventionierung einer auf fossile Energieträger ausgerichtete Energiewirtschaft sei wenige Monate vor der Klimakonferenz in Paris ein Armutszeugnis für Deutschland und ein weiterer Beleg dafür, wie die Regierung die Energiewende den Einzelinteressen einiger rückwärtsgewandter Stromkonzerne unterordne.

Rauch-Wasserdampf-Fahne Kraftwerk Reuter-West und Müllverbrennungsanlage, Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Die Beschlüsse zum Beitrag des Stromsektors für die CO2-Minderung sieht Müller-Kraenner kritisch. Von den jährlich einzusparenden 22 Millionen Tonnen CO2 erbringt die jetzt beschlossene Kapazitätsreserve nur die Hälfte. Die beschriebenen Maßnahmen für die weiteren zu vermeidenden elf Millionen Tonnen CO2 seien nicht nachvollziehbar. „Die Bundesregierung entlässt den Stromsektor aus seiner Pflicht. Zudem gibt sie zu, dass es fraglich bleibt, ob die Subventionierung der Braunkohlesparte über die Kapazitätsreserve nach geltendem EU-Beihilferecht überhaupt zulässig ist“, so Müller-Kraenner weiter.

Positiv bewertet die DUH den beschlossenen Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Die gemeinsame Erzeugung von Strom und Wärme in modernen Gaskraftwerken sei ein wichtiger Schritt für den Klimaschutz. Ob die anvisierte Erhöhung der Förderung jedoch dazu führe, dass der Umstieg von Kohle auf Gas wirklich erreicht werde, bleibe angesichts der aktuellen Marktbedingungen abzuwarten. Die DUH fordert die Bundesregierung auf, auch die Kraft-Wärme-Kopplung durch erneuerbare Energien weiter zu fördern. Dadurch könnten vor allem kommunale Betreiber ihren Kunden eine umweltfreundliche Strom- und Wärmeversorgung aus einem Guss anbieten. Die Erhöhung des förderfähigen Investitionsvolumens in Wärmenetze und Wärmespeicher begrüßte die DUH.

Die Beschlüsse zum Stromnetzausbau sieht die DUH dagegen kritisch. „Mehr Erdkabel bei neuen Gleichstromtrassen können die Belastungen für die Menschen reduzieren“, erklärt Peter Ahmels, Leiter für Energie und Klimaschutz bei der DUH. Auch bestehende Trassen – wo möglich – einzubeziehen sei sinnvoll. Jedoch werde diese Entscheidung auch dazu führen, dass Bürger, die bereits an Stromtrassen leben, durch eine weitere Trasse betroffen werden. „Diese Anwohner werden nicht verstehen, warum sie jetzt eine zweite Trasse tolerieren sollen. Um hier Konflikte zu entschärfen, muss  die Planung an bestehenden Trassen immer in Abwägung mit einem ‚Neubau‘ stattfinden. Der Dialog mit den Menschen ist dabei unabdingbar“, so Ahmels weiter. Auch müsse sie grundsätzlich die Möglichkeit der Erdverkabelung bei einer Siedlungsannäherung beinhalten, um die Gefahr der „Überbündelung“ zu vermeiden. Mögliche Veränderungen bei den Gleichstromleitungen SuedLink und der Südostpassage müssen nach Auffassung der DUH fachlich begründet werden und in der Abwägung nachvollziehbar sein.

LEE NRW: Aus Klimaabgabe wird Luxusrente für Uraltkraftwerke

  • Erneuerbare-Energien-Branche in NRW kritisiert Koalitions-Entscheidung
  • Kapazitätsreserve mit alten Braunkohlekraftwerken „Subventionsgeschenk für Energiekonzerne“
  • Beschluss deutlich teurer und klimapolitisch ineffektiver als ursprünglich geplante „Klimaabgabe“
  • Bekenntnis zu flexibilisiertem Strommarkt hingegen begrüßenswert

Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) hat den Koalitions-Beschluss zugunsten einer Kapazitätsreserve für ausgewählte alte Braunkohlekraftwerke deutlich kritisiert. „Aus einer verursachergerechten Klimaabgabe für Kraftwerksbetreiber wird jetzt eine Luxusrente für längst abgeschriebene, klimaschädliche Uraltkraftwerke, welche die Allgemeinheit zahlen soll. Damit wird die Protestkampagne einzelner Energiekonzerne und Gewerkschaften aller Voraussicht nach mit einem milliardenschweren Subventionsgeschenk belohnt“, sagte Jan Dobertin, Geschäftsführer des LEE NRW.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel habe die Idee einer Klimaabgabe für alte und umweltschädliche Kraftwerke verworfen, die nach Ansicht der Erneuerbaren-Energien-Branche sowohl die deutlich günstigere als auch klimapolitisch wirksamere Alternative gewesen wäre.

Erst in der vergangenen Woche habe das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) klargestellt, dass der jetzt im Wesentlichen beschlossene Alternativvorschlag deutlich teurer für die Verbraucher werde als der ursprüngliche Plan des Bundeswirtschaftsministers. Laut LEE NRW sind vor allem die zuletzt diskutierten Gesamtkosten der Kapazitätsprämien von rund 800 Millionen Euro im Jahr „absurd hoch“. „Die jetzt geplante Ausgestaltung der Kapazitätsreserve droht das Ende von Uraltanlagen, die bereits jahrzehntelang mächtige Gewinne eingefahren haben und ohnehin am Ende ihrer Betriebsdauer angelangt sind, noch zusätzlich zu vergolden“, so Dobertin. Zwar bekenne sich auch der LEE NRW weiterhin zu seiner Forderung einer strategischen Kapazitätsreserve, diese müsse aber Mitnahmeeffekte für ohnehin zur Stilllegung vorgesehene Altkraftwerke unterbinden und wettbewerblich ausgestaltet werden.

Neben den höheren Kosten ist die Entscheidung laut LEE NRW auch klimapolitisch weniger effektiv. Denn war die Klimaabgabe noch an die Stilllegung von CO2-Zertifikaten im europäischen Emissionshandel gekoppelt, ist dies bei der jetzt beschlossenen Kapazitätsreserve nicht mehr der Fall. Die Emissionen, die durch die Stilllegung von Kraftwerken eingespart werden, würden zwar die deutsche Klimabilanz entlasten, zugleich aber auch den europäischen CO2-Handelspreis weiter nach unten drücken.

Heizkraftwerk nahe Bad Tölz – Foto © Dieter Fichtner, Agentur Zukunft

„Die Entscheidung von Bundesregierung und Bundeswirtschaftsminister zu einer Kapazitätsreserve aus Uraltkraftwerken ist zudem höchst inkonsequent. Bisher hat Herr Gabriel in allen energiepolitischen Fragen und insbesondere bei der EEG-Reform immer die Kosteneffizienz und einen stabilen Strompreis als zentrale Ziele genannt. Jetzt ist auf einmal entscheidend, was wenige Energiekonzerne und einzelne Gewerkschaften fordern“, kritisierte Dobertin.

Einige andere energiepolitische Entscheidungen der Koalitionsspitzen von SPD, CDU und CSU begrüßte der LEE NRW hingegen ausdrücklich: Hierzu zählen die Absage der Koalition an einen umfassenden Kapazitätsmarkt, in dem Betreiber allein schon für die Bereitstellung gesicherter und auch nicht genutzter Kapazitäten belohnt werden, der Netzausbau sowie die Vorrangigkeit eines flexibilisierten Strommarktes.

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