Nachhaltigkeitsrat: Wie weiter nach Paris?

Alte Blockaden aufgebrochen

Nach dem Pariser Klimaabkommen haben mehr als 30 Konzerne zusammen mit Germanwatch, B.A.U.M. und der Stiftung 2° bereits versprochen, die beschlossene Trendwende voranzubringen. Aber was folgt aus dem Abkommen genau: Steigt die Welt aus der Kohle aus? Fördert sie Busse und Bahnen? Der Rat für Nachhaltige Entwicklung zitiert aus Protokollen von Gesprächen seiner Mitglieder, Olaf Tschimpke, Hubert Weiger und Jennifer Morgan, die vor Ort waren, über den Pariser Gipfel.

Olaf Tschimpke, Präsident des Naturschutzbund Deutschland, NABU:

Erstmals haben sich 195 Staaten zum Klimaschutz verpflichtet. Der Vorläufervertrag, das Kyoto-Protokoll von 1997, sah das nur für Industrieländer vor. Außerdem hatten es die USA nie ratifiziert. Tagelang ist in Paris hart verhandelt worden. Formulierungen wie die Dekarbonisierung der Weltwirtschaft wurden von den Erdölstaaten oder Indien verhindert, stattdessen wird im Abkommen das Ziel einer „Balance aus menschengemachten Treibhausgasen und Senken“ genannt, damit werden zwar alle Treibhausgase einbezogen, aber der Ausstieg aus fossilen Energieträgern ist unklar.

Die Bundesregierung verspricht, dass sie unter dieser Begrifflichkeit ebenfalls eine Abkehr von fossilen Energieträgern versteht – ob das auch international Konsens ist, lässt sich aber bezweifeln. Aber in den entscheidenden Punkten ist das Abkommen klar. Ein wichtiges Signal ist, dass die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad genannt ist.

Zwar gibt es auch jetzt noch keine Sanktionen, wenn sich ein Staat nicht an das neue Abkommen hält, das ab 2020 gelten soll. Dafür wird aber alle fünf Jahre überprüft, wie weit wer vorangekommen ist. Dann wird nachgeschärft. Die Zahlen wird jeder nachlesen können. So werden sich die Staaten gegenseitig kontrollieren.

„Wer nicht hält, was er verspricht, muss damit rechnen, an den Pranger gestellt zu werden“

Wer nicht hält, was er verspricht, muss damit rechnen, an den Pranger gestellt zu werden. Auf Neudeutsch: Er darf ein Bashing erwarten. Wer da aussteigen will, wird sich das gut überlegen. Das ist ein Erfolg. Jetzt müssen wir uns nur noch darum bemühen, dass die Überprüfung und Nachschärfung möglichst schnell beginnt, damit wir auch schnell auf den 1,5-Grad-Pfad kommen.

Der Erfolg von Paris hat damit zu tun, dass alte Blockaden aufgebrochen sind: Die der USA und von China. Bewegten sich die Chinesen nicht, taten es die Amerikaner auch nicht – und andersherum. Aber dieses Mal zeigte sich US-Präsident Barack Obama progressiv, die Chinesen hatten auch einen Klimaschutzplan entwickelt. Damit waren die beiden größten Treibhausgasverursacher dabei. Auch Schwellenländer wie Brasilien haben dazu gelernt.
Die Welt kann ihre Augen nicht mehr vor den Veränderungen verschließen: In Indonesien brannten dieses Jahr wochenlang Wälder, weil die Trockenheit länger dauerte als üblich, der Regen nicht einsetzte.

„Die Bundesregierung muss für die hiesigen Braunkohleregionen einen Plan zur Transformation entwickeln.“

Dazu kam die glänzende Verhandlungsleistung von Frankreichs Außenminister Laurent Fabius. Er hat das ganze Jahr über den Erfolg vorbereitet, Staaten angehört, Schwierigkeiten ausgelotet. Und sicher war es auch hilfreich, dass die G7-Staaten sich bei ihrem Gipfel in Elmau dieses Jahr die Dekarbonisierung bis Ende dieses Jahrhunderts beschlossen haben – auf Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Nun muss die Bundesregierung diese Ankündigung, aus Kohle, Gas und Erdöl aussteigen zu wollen, politisch umsetzen. Sie muss für die hiesigen Braunkohleregionen einen Plan zur Transformation entwickeln und den Kohleausstieg sozial gestalten. Sie muss auch an die Landwirtschaft ran, die derzeit gut zwölf Prozent der Treibhausgasemissionen verursacht.

Das lässt sich nur mindern, wenn Bauern ökologischer wirtschaften, etwa mit weniger Dünger auskommen, der sehr viel klimaschädliches Ammoniak und Lachgas emittiert. Zudem müssen Moorböden renaturiert werden, die als CO2-Senken gelten, doch derzeit häufig intensiv genutzt werden und ihre Speicherfunktion so verloren haben. Darüber hinaus muss der Verkehr umgestellt und das Angebot an Bussen und Bahnen ausgebaut werden. Nimmt Deutschland das Abkommen ernst, wird das Land energieeffizienter werden. Wie die Welt insgesamt.

Folgt: Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)