Dänemark: Eine Energiewende für Strom, Wärme und Verkehr

Integration der Windenergie und Stromaustausch mit den Nachbarländern

Welche Erfahrungen die Dänen mit der Integration der Windenergie im Strom- und Wärmebereich gewonnen haben, hat die Forschungs- und Consulting-Firma Ea Energy Analysis aus Kopenhagen in einer Studie für Agora Energiewende zusammengefasst. Ein Ergebnis: Der Stromaustausch mit den Nachbarländern zählt zu den wichtigsten Flexibilitätsoptionen. Dänemark ist über Stromleitungen mit Norwegen und Schweden sowie Deutschland verbunden, über die das Land in Zeiten sehr hoher Windeinspeisung Strom exportiert. Umgekehrt kann Strom aus norwegischer und schwedischer Wasserkraft in Zeiten geringer dänischer Stromerzeugung importiert werden.

Der Grad der Vernetzung mit den Nachbarländern ist bemerkenswert: Dänemark verfügt  über Leitungen – so genannte Interkonnektoren – mit 6,4 Gigawatt an Übertragungskapazität, das ist mehr als seine Spitzenlast von knapp sechs Gigawatt. Zum Vergleich: In Deutschland beträgt die Spitzenlast rund 86 Gigawatt, die Übertragungskapazität ins Ausland liegt bei nur knapp 20 Prozent davon.

Gleichwohl gibt es Zeiten, zu denen Dänemark seine Interkonnektoren nicht vollständig nutzen kann. So konnte aus Westdänemark, wo der Großteil der Windenergieanlagen steht, in den vergangenen Monaten an Tagen mit viel Wind zeitweise nur begrenzt Strom nach Deutschland exportiert werden. Der Grund dafür liegt darin, dass gleichzeitig auch in Norddeutschland viel Windstrom produziert wurde – die Exportkapazität nach Deutschland in Höhe von eigentlich knapp 1.800 Megawatt wurde dann zeitweise auf 300 Megawatt begrenzt.

Was bringt die Zukunft: Verlangsamung der Umsetzung?

Eilt Dänemark seinen Nachbarn also davon und strebt den selbstgesetzten Ziele ohne Anflüge von Zweifel entgegen? Nein, auch in der dänischen Energiepolitik gibt es immer wieder Einschnitte und Änderungen. Als im Juni dieses Jahres die Neuwahlen des Parlamentes, des Folketing, anstanden, war der Wahlkampf unter anderem von den Kosten und der „Umsetzungsgeschwindigkeit“ der dänischen Energiewende geprägt. Heute, nach der Wahl, halten diese Diskussionen an. In der Schusslinie stehen die 100-Prozent-Erneuerbaren-Ziele im Strom- und Wärmesektor für 2035, der anvisierte Kohleausstieg bis 2030 sowie das ambitioniertere CO2-Reduktions-Ziel von 40 Prozent bis 2020.

Nun soll eine breit aufgestellte Kommission die energiepolitischen Ziele Dänemarks und Maßnahmen für 2020 bis 2030 nochmals analysieren. Das Ergebnis könnte zu einer Verlangsamung der Energiewende führen, doch der breite Konsens über die grønne omstilling im Allgemeinen dürfte bestehen bleiben.

Dr. Stephanie Ropenus arbeitet als Projektleiterin für Netze und Nordische Länder bei dem Think Tank Agora Energiewende in Berlin. Von 2001 bis 2010 lebte sie in Dänemark. Dort war sie unter anderem als Doktorandin und Wissenschaftlerin am Risø ­National Laboratory for Sustainable Energy, Technical University of Denmark (heute DTU Management ­Engineering) in Roskilde tätig.

->Quelle: energieverbraucher.de/daenemark