Abschlussbericht der Atom-Rückstellungs-Kommission umstritten

BUND: KFK muss Verursacherprinzip durchsetzen – Linke und NGO: AKW-Betreiber in Haftung nehmen

Der Atomausstieg bleibt auch weiterhin ein Milliarden-Risiko – jedenfalls auf lange Sicht für die Steuerzahler, wenn es nach der Regierungs-Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) geht. Denn die Experten wollen die Atomkonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall zwar für den AKW-Rückbau finanziell heranziehen – für End- und Zwischenlagerung abgebrannter Brennelemente soll der Staat dafür einen von den Konzernen mit ihren Milliarden-Rückstellungen finanzierten Fonds auflegen – das Risiko möglicher Mehrkosten für die Endlagerung aber soll irgendwann doch der Staat übernehmen.

AKW Philippsburg – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft

Unterschiedliche Zahlen sind in Umlauf – während das Handelsblatt von 19,7 Milliarden Euro spricht, nennen die Klimeretter „eine Haftung bis zum Doppelten der bisher für Zwischen- und Endlagerung vorgesehenen Rückstellungen von rund 18 Milliarden Euro“ – also 36 Milliarden. Dass die von den AKW-Betreibern RWE, Eon, Vattenfall, EnBW und die Stadtwerke München – haben zusammen 38,3 Milliarden Euro für die Entsorgung zurückgestellt hätten, reiche aber bei weitem nicht aus, das habe ein „Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) genauso festgestellt wie die Endlager-Kommission des Bundestages“. Die nämlich schätze die Rückbau- und Lagerkosten auf 50 bis 70 Milliarden Euro.

Aus dem DIW-Gutachten: „Fragen der Finanzierung des Rückbaus von Atomkraftwerken und der Entsorgung radioaktiver Abfälle stehen im Mittelpunkt der gegenwärtigen Diskussion um die weitere Ausgestaltung des Atom­ausstiegs. Es besteht die Gefahr, dass sich die Atomkraftwerks­betreiber ihrer finanziellen Verantwortung langfristig zumindest teilweise entziehen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es beim Rückbau von Atomkraftwerken und bei der Entsorgung radio­aktiver Abfälle oft zu erheblichen Verzögerungen sowie Kosten­steigerungen kommt. Bisher fehlt nach wie vor ein Endlager für hochradioaktive Abfälle, während beim derzeit im Bau befindlichen Endlager Konrad für schwach- bis mittelradioaktive Abfälle die genehmigten Kapazitäten absehbar zu knapp bemessen sind.
Zur langfristigen Sicherung der Finanzierung des Kraftwerksrück­baus und der Entsorgung radioaktiver Abfälle werden derzeit die Bildung von unternehmensinternen Fonds, die Schaffung eines öffentlich-rechtlichen Fonds sowie Mischformen dieser Konzepte diskutiert. Aufgrund der Interdependenzen zwischen Rückbau und Entsorgung sowie des langen abzudeckenden Zeitraums erscheint die Einrichtung eines öffentlich-rechtlichen Fonds am besten geeignet, um die Finanzierung dauerhaft zu sichern, das Verursacherprinzip zu wahren und die finanziellen Risiken für die Gesellschaft zu mindern. Die Bundesregierung sollte deshalb einen öffentlich-rechtlichen Fonds einrichten, der sowohl der Finanzie­rung des Rückbaus der Atomkraftwerke als auch der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient. Die Zuführung der notwendigen Mittel zum Fonds sollte zeitlich gestreckt werden, um den Unternehmen die Anpassung zu erleichtern.“

Laut Welt warnten Linke und Atomgegner davor, der Staat könnte den Atomkonzernen zu weit entgegen kommen. Jahrzehntelang hätten diese sich „dumm und dusslig verdient, jetzt beklagt eine Kommission von SPD, CDU und Grünen und eine schwarz-rote Bundesregierung eine Überforderung der Betreiber“, kritisierte der linke Atomexperte Hubertus Zdebel. Und die Anti-AKW-Bewegung fürchte, der Staat könnte es den Konzernen zu leicht machen.  von „.ausgestrahlt“ erklärte: „Nach dem bisherigen Stand der Verhandlungen sollen die AKW-Betreiber gerade das größte Kostenrisiko auf die Allgemeinheit abwälzen dürfen: die langfristige Lagerung des Atommülls. Diese wird mit Sicherheit viel teurer werden, als bisher angenommen. Damit diese Kosten am Ende nicht an den SteuerzahlerInnen hängen bleiben, müssen die AKW-Betreiber jetzt dafür in Haftung genommen werden: Sie müssen mindestens doppelt so viel Geld wie bisher veranschlagt in den geplanten Atommüll-Fonds einzahlen. Sollte sich abzeichnen, dass die Lagerung der strahlenden Abfälle sogar noch teurer wird, muss es darüber hinaus eine Nachschusspflicht der Konzerne beziehungsweise ihrer NachfolgerInnen und Abspaltungen geben. Nur so ist das Verursacherprinzip gewahrt. Bei den Milliarden-Rückstellungen für den Abriss der AKW muss die Kommission sicherstellen, dass auch bei einer Aufteilung der Konzerne beide Teile (etwa Eon und Uniper) weiter haften, damit sich die Haftungsmasse nicht verkleinert.“

Unter der Überschrift „Trittin-Kommissionsvorschläge zu Atomrückstellungen sind inakzeptabel“ hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in einer Rundmail die Kommissionsvorschläge zum Umgang mit den Haftungsrisiken der Atomenergienutzung kritisiert: „Die Haftung der Atomkraftwerksbetreiber für die von ihnen verursachten radioaktiven Altlasten ist nicht verhandelbar. Die Kommission darf eine unbefristete Haftung der Betreiber für den Rückbau der Atomkraftwerke und für die Atommüll-Lagerung nicht in Frage stellen oder einschränken“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Die Vorschläge der KFK seien ein klarer Beleg dafür, dass die AKW-Betreiber nicht in der Lage seien, sämtliche Folgekosten der Atomenergienutzung am Ende auch zu übernehmen. „Vor allem jene Staaten, die immer noch überlegen neue Atomkraftwerke zu bauen, sollten sich die Situation in Deutschland genau ansehen“, sagte Weiger und nannte es „schockierend“, dass für AKW das Verursacherprinzip zu großen Teilen ausgehebelt werden solle: „Nicht einmal den erforderlichen Risikoaufschlag sollen die Energiekonzerne in den Haftungsfonds einzahlen. Enorme finanzielle Risiken, auch was die künftige Kosten- oder Zinsentwicklung angeht, wird wohl schlussendlich der Staat tragen müssen. Auf keinen Fall dürfen die Kommissionsvorschläge so von Bundesregierung und Bundestag umgesetzt werden“, so Weiger.

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