Aus Schwarz mach Grün

Gravierende Management-Fehler

Energieexperten attestieren den großen EVU, allen voran RWE und E.ON entscheidende Management-Fehler. Über Jahre hätten sie die Zeichen der Zeit schlicht verschlafen, sagen nicht nur Radikal-Befürworter der Erneuerbaren Energien. Allerdings konnten sie sich durch die 2010 erfolgt Restlaufzeitverlängerung für die „Brückentechnologie Atomkraft“ (O-Ton Bundeskanzlerin damals) in ihrem Glauben bestätigt fühlen, man werde noch lange mittels abgeschriebener AKW Geld drucken können. Kemfert verstärkt die Kritik: „Die Energiewende ist kein neues Projekt, das wurde ja schon 2000 entwickelt, und da hat RWE viel zu spät reagiert“. Denn damals wurde das EEG beschlossen. Und heute, 16 Jahre später, schreiben alle deutschen EVU Verluste – Managementfehler, die sich jetzt rächten, glaubt Kemfert.

Wie es RWE überhaupt gelingen kann, den gewaltigen Schuldenberg abzubauen, ist offen. Kemfert begegnet dem Umbauplan skeptisch: „Der Konzern hat die Entscheidung zum Umbau ja nicht aus einer Grundüberzeugung getroffen, sondern er ist aus der Not heraus geboren. Und es steht nicht wirklich eine Strategie dahinter.“

Personal: Alter Wein in neuen Schläuchen

Zum Personal der RWE-Tochter sagt die Essener Pressemitteilung: „Auch die Führungsmannschaft der RWE International SE ist pünktlich zum Start der neuen Tochter an Bord: Wie bereits mitgeteilt, werden Peter Terium als Vorstandsvorsitzender, Dr. Bernhard Günther als Finanzvorstand und Uwe Tigges als Personalvorstand und Arbeitsdirektor in Personalunion auch dem Vorstand der RWE International SE in gleicher Funktion angehören und die neue Gesellschaft führen. Nach der erfolgreichen Durchführung des Börsengangs der Gesellschaft werden Terium und Günther einvernehmlich aus dem Vorstand der RWE AG ausscheiden und nur noch dem Vorstand der RWE International SE angehören. Den Vorstandsvorsitz der RWE AG soll dann Dr. Rolf Martin Schmitz übernehmen, derzeit stellvertretender Vorstandsvorsitzender der RWE AG. Dr. Markus Krebber soll Bernhard Günther als Finanzvorstand der RWE AG folgen. Tigges wird bis Ende April 2017 in Personalunion Personalvorstand und Arbeitsdirektor der RWE AG bleiben.“

Pünktlich? „Neuanfang?“ fragt von Osten. Markus Dufner, Geschäftsführer des Dachverbands Kritischer Aktionäre glaubt das nicht: „RWE müsste auch eine personelle Erneuerung vorantreiben. Stattdessen werden alte Vorstände, die für den Niedergang von RWE mitverantwortlich sind, mit horrenden Vorstandsgehältern bedient“, sagt Dufner. Teriums Jahresgehalt für 2014 sei vom Konzern mit 480.000 Euro angegeben worden, jedoch kommen Boni in gleicher Höhe hinzu. „Peter Terium steht für das alte Geschäftsmodell“, so Dufner.

Capital-Kolumnist Bernd Ziesemer urteilt ebenfalls hart (er bezieht sich unter der Überschrift: „Die zweite Irrfahrt der Energieriesen“ auf viele schief gegangene Auslands-Abenteuer der EVU): „Den Konzernen fehlen schlicht die richtigen Manager für die Expansion in ungemütliche Fernen. In kaum einer Branche grassiert die Inzucht so wie in den Energiekonzernen. Die meisten Top-Manager verbrachten ihre ganze bisherige Berufslaufbahn zwischen Kraftwerken und Überlandleitungen.“

Peter Terium zeigt sich eisern zum Optimismus entschlossen: „Ich weiß, wir verlangen unseren Mitarbeitern derzeit einiges ab. Viele arbeiten parallel zu ihren täglichen Aufgaben an der Umstrukturierung des Konzerns mit. Und bis alle neuen Strukturen stehen, ist es ein aufwändiger Prozess, der leider noch einige Zeit in Anspruch nimmt und Geduld verlangt. Umso mehr freue ich mich über die hohe Motivation, die ich allerorten im Unternehmen spüre. So bringen wir RWE voran.“

RWE-Aktie verlor 90 Prozent

Dieser Optimismus trifft vielerorts auf Skepsis: „Die Energiewende wartet schon lange nicht mehr auf RWE. Der Dinosaurier wird es schwer haben, Fuß zu fassen“, sagte Greenpeace-Branchenexperte Tobias Austrup laut tagesschau.de. Völlig offen ist für die Strom-Dinos zudem der Ausgang der Rückbau- und Endlagerdiskussion: Die gebildeten Rücklagen werden dafür keinesfalls ausreichen.

[note Der Absturz der RWE-Aktie um 90 Prozent von einst 100 (2007) auf aktuell knapp über 10 Euro samt Streichung der Dividende bringt die Haushalte zahlreicher Städte, Landkreise und Gemeinden in NRW in Bedrängnis, denn viele haben traditionsgemäß Millionen in RWE-Beteiligungen angelegt und die Dividende als Einnahmen fest eingeplant. Die müssen sie jetzt abschreiben. Anlageberater raten dringend zum Ausstieg – das Risiko sei zu groß, heißt es allgemein in Börsenkreisen.]

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