Rede Angela Merkels vor Rat für Nachhaltige Entwicklung

Erneuerbare Energien inzwischen stärkste Säule unserer Energieerzeugung

Dies zeigen auch die Aktivitäten im Rahmen der aktuellen „Europäischen Nachhaltigkeitswoche“, an der 38 Länder beteiligt sind. In Deutschland hat der Nachhaltigkeitsrat die Koordinierung übernommen. Rund 1.800 Veranstaltungen sind angemeldet – deutlich mehr als die 1.200 im vergangenen Jahr. Dazu möchte ich den Rat herzlich beglückwünschen. Da haben Sie sich selbst ein schönes Geschenk zum 15. Geburtstag gemacht. Das ist ein großartiges Engagement.

Ob in der Produktion, im Handel, im Konsum, bei der Energiegewinnung oder beim Energieverbrauch – Nachhaltigkeit lässt sich überall noch besser verankern. Frau Thieme, Sie haben soeben darauf hingewiesen: Heute Abend findet eine Ministerpräsidentenkonferenz zum Thema Zukunft des Erneuerbare-Energien-Gesetzes statt. Ich weiß nicht, ob ich alles richtig verstanden habe, aber ich nehme es als Ermutigung, dass wir die Energiewende schaffen wollen. Es kann aber nicht sein, dass sozusagen eine Art der Energiegewinnung nur einem Selbstzweck dient; vielmehr gehören die Dinge zusammen. Die Energiewende findet nur statt, wenn der Strom, der produziert wird, zum Schluss auch durch eine Leitung dahin transportiert werden kann, wo er gebraucht wird. Wir sind uns ja einig, dass Strom, der nicht gebraucht wird, eigentlich nicht produziert werden sollte.

Wir sehen jetzt: Die erneuerbaren Energien sind aus der Nische herausgekommen und sind inzwischen die stärkste Säule unserer Energieerzeugung. Jetzt müssen wir sie natürlich auch in ein marktwirtschaftliches Umfeld führen. Dabei haben wir heute verschiedenste Interessenausgleiche zu bewältigen. Wenn uns Ihre guten Wünsche dabei begleiten, dann haben wir schon viel gewonnen. Den Rest müssen wir alleine machen.

Internationale Partner sehen Deutschland in etlichen Bereichen durchaus als Vorreiter der Nachhaltigkeitspolitik. Dazu gehört unsere Klimapolitik. Wir haben sehr ehrgeizige Ziele: Senkung der Treibhausgasemission um mindestens 40 Prozent bis 2020 und dann um 80 bis 95 Prozent bis 2050 – jeweils gegenüber dem Referenzjahr 1990. Das erste Etappenziel 2020 soll mit dem „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ erreicht werden. Wir haben schon einen klaren Eindruck davon bekommen, wie schwierig das doch wird. Ich sage einmal: Nach der deutschen Wiedervereinigung hat sich das gut entwickelt, aber jede weitere Tonne CO2, die in einem weiteren Entwicklungsschritt anfällt, ist immer schwieriger zu vermeiden. Außerdem bereiten wir jetzt auch einen Klimaschutzplan bis 2050 vor.

Wir haben natürlich – das war die zweite gute Nachricht des letzten Jahres – mit dem Klimaschutzabkommen von Paris einen großen internationalen Auftrag. Es war ein großer Erfolg, dass wir das geschafft haben. Wir als Deutsche wollen weiter mit gutem Beispiel vorangehen.

Auch was die nationale Umsetzung der Agenda 2030 betrifft, haben wir mit der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie bereits eine solide Grundlage. Der Staatssekretärsausschuss dient der Gesamtsteuerung dieser Strategie. Sie wissen ja, dass das Ganze im Kanzleramt angesiedelt ist und der Chef des Bundeskanzleramts die Leitung dieses hochrangigen Gremiums innehat.

Zudem haben wir den Parlamentarischen Beirat, der sich um Nachhaltigkeitsanliegen im Bundestag kümmert. Er kontrolliert, dass die Bundesregierung ihrer Pflicht zur Nachhaltigkeitsprüfung aller Gesetze nachkommt. Das heißt, die Bundesregierung muss Antworten auf die Frage geben, welche Auswirkungen ihre Gesetzesvorschläge mit Blick auf die Ziele, die Indikatoren und das Management der Nachhaltigkeitsstrategie haben.

Nicht zuletzt haben wir den Rat für Nachhaltige Entwicklung, der uns mit fachkundiger Expertise, aber auch sachkundiger Kritik zur Seite steht. Sie im Rat haben sich von Anfang an für konkrete Nachhaltigkeitsziele und Nachhaltigkeitsindikatoren eingesetzt, die es ermöglichen, Fortschritte auch wirklich zu messen und etwaige Fehlentwicklungen aufzuzeigen. Es ist gut, dass das Statistische Bundesamt alle zwei Jahre über den Stand der Entwicklung unabhängig berichtet. So sehen wir, was gut läuft und woran wir vielleicht weiter anknüpfen können oder wo wir gegensteuern müssen.

Die letzte Überarbeitung der Nachhaltigkeitsstrategie ist 2012 erfolgt; und die nächste steht in diesem Jahr an. Wir haben pünktlich zum heutigen Konferenztag ein Zwischenergebnis vorgelegt. Der Entwurf wird heute veröffentlicht. Nun sind Sie eingeladen, sich dazu mit Anregungen und Stellungnahmen zu äußern. Auf Basis der Rückmeldungen soll der Entwurf dann überarbeitet und ergänzt werden. Es zeichnet sich bereits ab, dass die Nachhaltigkeitsstrategie die weitreichendsten Änderungen seit der ersten Fassung im Jahr 2002 erfahren wird. In den Dialog um die Neuauflage haben wir so viele Verbände sowie Bürgerinnen und Bürger eingebunden wie noch nie. Das ist auch ganz im Sinne des partizipativen Charakters der Agenda 2030. Es haben bundesweit fünf große Konferenzen stattgefunden. Das Interesse daran war sehr groß. Es gab viele engagierte und richtungsweisende Beiträge. Dafür möchte ich allen Beteiligten danken.“

Folgt: Wir stellen uns viel stärker als je zuvor unserer globalen Verantwortung