Fünfte Woche der Umwelt

Die Gauck-Rede

Bundespräsident Joachim Gauck eröffnet Woche der Umwelt - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Bundespräsident Joachim Gauck eröffnet Woche der Umwelt – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Bundespräsident Gauck erinnerte an seinen Vorvorgänger Johannes Rau, der vor 14 Jahren die erste Umweltwoche eröffnet habe: „Damals mahnte er, wir dürften nicht zulassen, dass Umweltfragen von anderen Debatten in den Hintergrund gedrängt werden. Diese Botschaft ist weiterhin aktuell. Schon ein kurzer Blick in das diesjährige Programm zeigt, wo überall Umweltschutz gefragt ist: bei Produktion und Konsum, bei Finanzanlagen, beim Abbau von Rohstoffen, bei der Versorgung mit Energie und der Entsorgung von Abfällen, bei der Städte- und Verkehrsplanung, auch als Aufgabe von Bildung.“ Schließlich noch Ernährung und Gesundheit.

In den Mittelpunkt seiner Eröffnungsansprache stellte Gauck den Mobilisierungsgedanken: „Schutz und Schonung der natürlichen Lebensgrundlagen kann nur durch Mobilisierung möglichst vieler Kräfte gelingen. Hier auf der Woche der Umwelt finden sich dafür zahlreiche Mitstreiterinnen und Mitstreiter.“ Denn die Woche der Umwelt sei ein Gemeinschaftswerk. „Zusätzlichen Schwung für mehr Umweltschutz“ bräuchten wir gerade jetzt – „jetzt, da wir uns international auf ehrgeizige Ziele für nachhaltige Entwicklung und für den Klimaschutz einigen konnten. Mit der ‚Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung‘ und dem Pariser Klimaschutzabkommen wurden im vergangenen Jahr wichtige Weichen für das Leben der Menschheit und die Zukunft unseres Planeten gestellt. Und in Bonn wurde vergangenen Monat die lange und schwierige Phase der Umsetzung der Klimabeschlüsse eingeleitet. Noch ist die Staatengemeinschaft von vielen ihrer Ziele weit entfernt. Auch hierzulande müssen wir uns anstrengen, erheblich anstrengen, damit wir unsere internationalen Versprechen zur Nachhaltigkeit und zum Klimaschutz einlösen können. Hinzu kommen die Herausforderungen der Energiewende. Sie werden morgen darüber diskutieren.“

Mut machen könnten uns Schritte, die in den vergangenen Jahren getan worden seien. Dreißig Jahre sei es her, dass das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gegründet worden sei – als Reaktion auf die Atomkatastrophe von Tschernobyl. Es habe wichtige Weichen für das Umlenken zugunsten der Umwelt gestellt. Neben dem Großprojekt zum Ausstieg aus der Kernenergie habe es weitere wichtige Reformen gegeben, etwa beim Naturschutz und auf dem Weg in die Kreislaufwirtschaft.

Hoffnungsvoll stimmten Gauck auch Erfolge beim Klimaschutz. Global gesehen sei 2014 das erste seit Jahrzehnten gewesen, in dem die Wirtschaft gewachsen und die Treibhausgas-Emissionen dennoch gesunken seien. Wachstum und Umweltbelastung müssten also nicht Hand in Hand gehen. Aber der Weg zur ressourcenschonenden Wirtschaft sei lang, „wie wir aus eigener Erfahrung wissen. Hierzulande sind die klimaschädlichen Emissionen im vergangenen Vierteljahrhundert um 27 Prozent zurückgegangen – auch weil wir Energie besser nutzen, um 50 Prozent effizienter als Anfang der 1990er Jahre – und weil wir vermehrt erneuerbare Ressourcen einsetzen. Innerhalb von 15 Jahren ist es gelungen, den Anteil regenerativer Energien am Stromangebot von 6 Prozent auf mehr als 30 Prozent zu steigern. Allerdings zu erheblichen Kosten, auch das sollten wir nicht verschweigen. Aber sind die Alternativen dazu langfristig billiger?“

Wir stünden erst am Anfang der Energiewende. Damit Deutschland bis 2050 80 Prozent Erneuerbare Energien erreiche, müsse die Energieversorgung grundlegend umgebaut werden: „Auch bei der Wärmeproduktion oder im Straßenverkehr sind innovative Ideen und Technologien erforderlich. Wir brauchen dafür viele Ideen und viele Ideengeber.“ Die Energiewende werde uns noch über Jahre fordern sagte Gauck vorher. Trotzdem dürften wir nicht aus dem Blick verlieren, dass es noch mehr zu tun gebe, um „den Raubbau zu beenden, den wir derzeit auf Kosten künftiger Generationen betreiben. Zum Beispiel sind die Verluste in der Tier- und Pflanzenwelt mittlerweile so alarmierend, dass die Vereinten Nationen die gegenwärtige Dekade dem Schutz der biologischen Vielfalt gewidmet haben. Gewiss, die Lebensbedingungen auf der Erde haben sich immer schon verändert, Artensterben hat es auch früher gegeben. Aber dieses Mal ist es vor allem der Mensch, der die Verluste verursacht. Schon mehr als die Hälfte des tropischen Regenwaldes, wo doch die meisten Arten leben, ist gerodet.“

Hoffnungsvoll stimme ihn, dass die Staatengemeinschaft den Bestand von Tier- und Pflanzenarten inzwischen zu den sogenannten planetarischen Leitplanken zähle. Es habe sich zwar noch nicht überall herumgesprochen, was es mit dem Konzept der Planetary Boundaries auf sich habe – „dass wir damit nämlich über einen Orientierungsrahmen verfügen, der uns helfen kann, die Stabilität unserer Erde zu bewahren, sofern wir bestimmte Grenzwerte zum Schutz von Boden, Wasser, Luft, Flora und Fauna beachten“. Allerdings gebe es auch bei uns Anlass zur Sorge,  etwa, „dass einige der empfohlenen Grenzwerte bereits überschritten wurden, auch jene für den Schutz von Tieren und Pflanzen. Den vielen Appellen und Aktionsplänen zum Schutz der biologischen Vielfalt müssen also endlich Taten folgen!“

Umweltschutz sei allerdings ein zivilisatorischer Lernprozess, mühsam und langwierig. Diesen Lernprozess müssten wir mit Kreativität und Leidenschaft vorantreiben, bisweilen auch gegen kurzfristige Interessen – über alle Generationen hinweg, weil Jung und Alt gleichermaßen Ressourcen verbrauchten. Umweltschutz sei eine Aufgabe, die uns unser Leben lang begleite.

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