BGR im Zwielicht

Bundesbehörde unter Korruptionsverdacht

Die Unabhängigkeit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), einer der wichtigsten Unterbehörden der Bundesregierung für Beratungs- und Forschungsdienste, steht im Zwielicht. Über eine Stiftung wurden „verdiente Mitarbeiter“ mit Geldern aus der Industrie belohnt – schreibt Jürgen Döschner vom WDR auf tagesschau.de.

Eine der bekanntesten BGR-Studien war 1995 zu dem Schluss gekommen, dass nicht der Mensch durch Verbrennung fossiler Energieträger den Klimawandel verursacht, sondern Wasserstoff und die Aktivität der Sonne. Ein gefundenes Fressen für Klimaskeptiker. Die Nachricht schlug damals ein wie eine Bombe. Die Autoren waren namhafte BGR-Wissenschaftler. Kurz darauf veröffentlichte die BGR auf der Basis dieser Studie das Buch „Klimafakten“ – bis heute eine Art „Heilige Schrift“ all jener, die den anthropogenen Klimawandel bestreiten oder anzweifeln.

Bisher nicht bekannt: Die umstrittene Studie war seinerzeit von der Industrie bezahlt worden, von der 1982 gegründeten und bis heute weitgehend unbekannt und im Verborgenen arbeitenden gemeinnützigen „Hans-Joachim-Martini-Stiftung“. Ihr Ziel:  die „Förderung der angewandten Geowissenschaften“ – ein spezieller Finanztopf, über den Unternehmen aus der Chemie-, Energie- und Rohstoffbranche über Jahre hinweg die BGR finanziell unterstützt haben.

Aus den rund 4000 Seiten interner Dokumente der Stiftung, die WDR, NDR und „Süddeutsche Zeitung“ ausgewertet haben, ergibt sich jedenfalls das Bild eines äußerst komplexen und wenig transparenten Geldflusses von der Industrie in die BGR. Und zum Anwerben neuer Spenden wurde die besagte „Klimastudie“ als besonders gelungenes Beispiel für die Arbeit der Stiftung angedient.

Die inhaltliche Ausrichtung einiger Forschungsarbeiten, die von der Hans-Joachim-Martini-Stiftung finanziert bzw. mit Geldpreisen bedacht wurden, deckte sich nicht selten erkennbar mit den Interessen der die Stiftung finanzierenden Unternehmen. Beispiel: ein BGR-Forscher bekam den Hans-Joachim-Martini-Preis für eine Studie, die dem Salzstock Gorleben die Eignung als atomares Endlager bescheinigte. Wingeneratoren an A2, Brandenburg - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für SolarifyIn den Genuss eines weiteren Martini-Preises kam ein anderer Wissenschaftler, der den schädlichen Einfluss von Infraschall bei Windrädern zu belegen versuchte.

Schon 2012 kritisierte die BMWi-Innenrevision diese Praxis und bezeichnete sie zumindest für den Zeitraum bis 2003 als „angreifbar“. Die Prämien seien „Geschenke“ gewesen und hätten ohne Genehmigung der Vorgesetzten nicht angenommen werden dürfen. Ganz anders die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Sylvia Kotting-Uhl: Sie sah „die Unabhängigkeit und Seriosität der BGR kompromittiert“. Das BMWi wies diesen Verdacht zurück. Niedersächens Umweltminister Wenzel forderte, die bisherigen Studien und Stellungnahmen der BGR noch einmal zu überprüfen.

Den Verdacht der inhaltlichen Einflussnahme der Industrie auf die BGR mittels der Hans-Joachim-Martini-Stiftung wiesen BGR und Stiftung zurück. Als Beleg führen beide Einrichtungen fast wortgleich an, dass „Förderer der Stiftung keinen Anspruch auf einen Sitz im Stiftungsrat haben – und somit auch nicht auf eine förmliche Beteiligung an der Entscheidungsfindung“.

Kommentar Fell:

Hans-Josef Fell kommentierte den Fall so: „Wer geglaubt hat, nur in den USA würden Firmen der alten fossilen Wirtschaft Wissenschaft und Politik schmieren, damit sie deren Interesse vertreten, sollte auch nach Deutschland schauen, wo sich Ähnliches ereignet. Fell konstatiert einen finanziellen „Anreiz für die ‚Forscher‘ der BGR zu Ergebnissen zu gelangen, die der Industrie zuträglich sind. Wie beispielsweise, dass nicht der anthropogene [[CO2]]-Ausstoß das Klima zerstöre.“

Wenn man aber genauer hinsieht, überrasche das gar nicht, dass die BGR zum Nutzen der alten fossilen Industrie agiert. BGR-Präsident Prof. Hans-Joachim Kümpel habe immer wieder öffentlich erklärt, die Skepsis gegenüber Fracking sei unbegründet: „Die Injektion von Fracking-Fluiden verändere nicht die Qualität des Grundwassers und die Sorge wegen chemischer Additive sei nicht berechtigt.  Gleichzeitig wird aber nach einer ‚grünen Alternative‘ gesucht, die Fracking umweltfreundlich machen soll. Der Widerspruch ist deutlich.

Fracking werde vor allem auch von der BGR immer wieder als „Chance“ angedient, sich von ausländischen Gasimporten, vor allem aus Russland, unabhängig zu machen. Das Problem ist aber laut Fell eben nicht nur die Abhängigkeit von ausländischen Gasimporten, sondern die Abhängigkeit vom Rohstoff Erdgas selbst. „Auch wenn Erdgas immer wieder als umweltfreundliche Alternative angepriesen wird, darf nicht übersehen werden, dass auch Erdgas ein Klimatreiber ist und dies umso mehr, je mehr es aus gefrackten Gasfeldern kommt.“

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