Rohstoffe für die Energieversorgung der Zukunft

Ausschnitte aus dem Fazit der Analyse

…Insgesamt gibt es etwa 45 Technologien, die für den Umbau des Energiesystems voraussichtlich wichtig sind. Diese technologische Vielfalt spiegelt sich auch im Rohstoffbedarf wieder. So werden für die neuen Energietechnologien – wie auch für andere High-Tech-Produkte – in zunehmendem Maße Sondermetalle wie die Seltene-Erden-Elemente und Technologiemetalle wie Indium, Tellur, Gallium und Germanium benötigt. Für die Herstellung eines Computerchips sind beispielsweise sechzig Elemente erforderlich. Für die meisten Rohstoffe sind die Energietechnologien nicht das einzige Einsatzgebiet. Meist ist der Bedarf in der Automobilindustrie und im Elektronik-, Informations- und Kommunikationssektor höher. Der Energiesektor konkurriert daher auch mit diesen Sektoren um Rohstoffe.

Bei den Primärmetallen ist Deutschland zu hundert Prozent von Importen abhängig. Da die inländische Sekundärproduktion auf absehbare Zeit den Bedarf nicht alleine decken kann, sind globale offene Rohstoffmärkte entscheidend für die zukünftige Rohstoffverfügbarkeit in Deutschland. Aus geologischer Sicht sind, trotz global steigender Rohstoffnachfrage, ausreichend Metalle für die Umsetzung der Energiewende vorhanden.

Reale Preise fast aller Rohstoffe seit etwa hundert Jahren kaum erhöht

Da neue Bergbauprojekte von der Entdeckung bis zur Inbetriebnahme eines Bergwerkes aber Vorlaufzeiten von etwa 10 bis 15 Jahren benötigen, auch die Ausweitung bestehender Kapazitäten Vorlaufzeiten benötigt und es für fast alle Rohstoffe heute globale Märkte gibt, können teilweise schon kleine Nachfrageschübe irgendwo auf der Welt zu signifikanten Preisanstiegen auf den globalen Rohstoffmärkten führen. Auch Konzentrationstrends in der Bergbauwirtschaft – immer mehr Rohstoffvorkommen gehören immer weniger Firmen in immer weniger Förderländern – können zu Preis und Lieferrisiken führen, da sie die Bildung von Oligopolen begünstigen. Langfristig haben sich die realen Preise fast aller Rohstoffe seit etwa hundert Jahren kaum erhöht…. Derzeit steigt durch den rasanten Nachfrageschub in China die Konkurrenz auf den internationalen Rohstoffmärkten. Deutsche Unternehmen müssen sich in diesem Wettbewerb behaupten. Um sich gegen Versorgungsrisiken abzusichern und Ausweichstrategien zu entwickeln, braucht die Wirtschaft Informationen darüber, welche Rohstoffe kritisch sind…

Welche Rohstoffe für die Energiesysteme der Zukunft in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten kritisch werden, hängt zum einen von den zukünftigen technologischen Entwicklungen im Energiesektor, zum anderen von der Verfügbarkeit der verschiedenen Rohstoffe auf dem Weltmarkt ab. Auch technologische Entwicklungen in anderen Sektoren, die mit dem Energiesektor um Rohstoffe konkurrieren, spielen eine Rolle. Daher überrascht es nicht, dass verschiedene Studien bezüglich der Kritikalität einzelner Rohstoffe teilweise zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Einzelne Rohstoffe

Große Übereinstimmung zeigt sich bei den Seltene-Erden-Elementen, Platingruppenelementen, Indium und Tellur. Diese Elemente werden in fast allen aktuellen Studien, die die Kritikalität von Rohstoffen für die Energiesysteme der Zukunft untersuchen, als kritisch oder nahezu kritisch beurteilt. Zu den Seltene-Erden-Elementen gehören unter anderem Scandium, Yttrium, Neodym, Dysprosium, Praseodym, Terbium, Europium, Cerium, Lanthan, Samarium…

Die Platingruppenelemente umfassen Platin, Palladium, Rhodium, Ruthenium, Iridium und Osmium. Sie spielen für Brennstoffzellen (Elektrofahrzeuge) und für die Wasserstoffelektrolyse – und damit für einige mögliche Schlüsseltechnologien der Energiewende wie Langzeitspeicher und Power-to-Gas – eine wichtige Rolle. Iridium ist dabei derzeit in bestimmten Anwendungsbereichen (PEM-Elektrolyseure für die Herstellung von Wasserstoff) zurzeit nicht substituierbar. Die große Bedeutung von Indium und Tellur liegt für die Energiesysteme der Zukunft bei der Photovoltaik. Indium stammt überwiegend aus der Zinkproduktion, untergeordnet aus bestimmten Flugaschen von Kohlekraftwerken in China, Tellur überwiegend aus der Kupferproduktion. Indium kommt überwiegend aus China, während bei Tellur die Versorgungslage relativ divers ist mit den Hauptversorgungsländern China, Japan und Belgien… Ein Vorteil der Platingruppenelemente ist ihre gute Recyclingfähigkeit… Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Wiedergewinnung erst am Ende der Produktlebenszeit stattfindet. Bei einem schnellen Ausbau neuer Technologien wie zum Beispiel der Wasserstoffelektrolyse sind daher die Vorräte an wiedergewinnbarem Material in der Technosphäre zunächst gering, und der Bedarf muss überwiegend über die Primärgewinnung gedeckt werden…

Lithium wird für Batterien von Elektrofahrzeugen benötigt und könnte daher eine wichtige Rolle für den Umbau des Verkehrssektors spielen. Einige Rohstoffstudien bewerten Lithium als kritisch. In diesen Studien werden jedoch die Ergebnisse zukünftiger Exploration außer Acht gelassen. Aus Sicht der Autoren dieser Analyse ist dieser Ansatz nicht gerechtfertigt, da durch den Regelkreis der Rohstoffversorgung neue Lithiumreserven aus dem Geopotenzialfeld erschlossen werden können. In den nächsten Jahrzehnten ist daher insgesamt nicht mit einer Lithium-Knappheit, gegebenenfalls aber zwischenzeitlich aufgrund möglicher Versorgungsengpässe am Markt mit steigenden Lithium-Preisen zu rechnen.

Auch bei Kupfer, das als elektrischer Leiter eine sehr wichtige Rolle im Elektrizitätssektor spielt, wird von einigen Rohstoffforschern eine Begrenzung der langfristigen Verfügbarkeit gesehen. Auch hier gehen jedoch die Autoren dieser Analyse nicht von einer drohenden Verknappung aus, zumal Kupfer – wie die Platingruppenelemente – mit hohen Ausbeuten durch Recycling zurückgewonnen werden kann.

Eine gewisse Kritikalität besteht hingegen bei Helium, auch wenn dieses in den meisten Kritikalitätsuntersuchungen nicht als kritischer Rohstoff aufgeführt wird. Zukünftige Energiesysteme könnten Helium in größeren Mengen für Kälteprozesse benötigen. Um für solche Entwicklungen technologieoffen zu sein, sind Vorsorgemaßnahmen erforderlich…

Phosphor ist, auch wenn in den nächsten Jahrzehnten keine Versorgungsengpässe zu erwarten sind, in gewisser Weise kritisch. Wie auch die anderen essenziellen Pflanzennährstoffe Kalium und Stickstoff ist Phosphor nicht durch andere Substanzen substituierbar. Anders als bei Kalium und Stickstoff gibt es jedoch keine unbegrenzten Potenziale…

Folgt: Nachfragetrends relativ unvorhersehbar – Substitutionsmöglichkeiten