Rohstoffe für die Energieversorgung der Zukunft

Nachfragetrends relativ unvorhersehbar – Substitutionsmöglichkeiten

Trotz aller Kritikalitätsstudien und Szenarien bleiben Nachfragetrends und die damit einhergehenden Änderungen des Rohstoffbedarfs immer zu einem gewissen Grad unvorhersehbar. Die Herausforderung für die Industrie besteht also darin, beim Rohstoffeinsatz flexibel zu sein. Durch Lagerhaltung, Diversifizierung von Bezugsquellen, Entwicklung von Substitutionsmöglichkeiten und inner- sowie außerbetrieblichen Recyclingmaßnahmen können Firmen Versorgungsengpässen vorbeugen… Derzeit werden in der EU Substitutionsmöglichkeiten für Materialien mit hohem Risiko diskutiert. Einige für die Energiesysteme der Zukunft kritische oder nahezu kritische Elemente sind jedoch kaum substituierbar. Dazu zählen die Seltene-Erden-Elemente Dysprosium, Yttrium, Europium und Lanthan und die Platingruppenelemente Rhodium und Iridium. Andere – darunter Neodym, Praseodym und Tellur – können in vielen Anwendungen durch andere Elemente ersetzt werden. Da jedes Element spezifische Eigenschaften hat, gibt es jedoch selbst bei insgesamt gut substituierbaren Rohstoffen auch immer Anwendungen, für die keine Alternativen bekannt sind. Lieferrisiken und hohe Preise eines Rohstoffs lösen oft eine intensive Suche nach Substitutionsmöglichkeiten aus. Dies kann zur Entwicklung von Technologien führen, die ohne den entsprechenden Rohstoff auskommen. Beispielsweise konnten in den letzten Jahren Legierungskombinationen gefunden werden, die ohne Rhenium auskommen. Auch in der Produktion hochwertiger Stähle, die bei vielen Energietechnologien benötigt werden, können Preisbewegungen durch einen Wechsel beim Einsatz von Hochtemperatur-Legierungsmetallen abgefangen werden…

Erhöhung der Materialeffizienz und Recycling aus sekundären Lagerstätten

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Substitution ist die Erhöhung der Materialeffizienz, also die Herstellung eines Produktes mit weniger Rohstoffen. Dies mag für die einzelnen Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien gelingen – gesamtwirtschaftlich aber sind diese Technologien zunächst einmal rohstoffintensiver als die konventioneller Energieanlagen, denn für die Herstellung der Anlagen wird bezogen auf die damit erzeugte Energieeinheit mehr Material benötigt. Erst bei der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus, von der Investition bis zum Betriebsende, ergibt sich eine Verbesserung der Rohstoffeffizienz, da bei erneuerbaren Energien keine fossilen Energierohstoffe verbraucht werden. Es muss also zunächst mehr in Rohstoffe investiert werden, um das Energiesystem umzubauen und damit letztendlich die Rohstoffeffizienz zu verbessern.

Eine gute Möglichkeit, sich von kritischen Primärrohstoffen unabhängiger zu machen, ist Recycling. Zunehmend steht eine Rohstoffbasis in Altprodukten wie Autos und Computern und Infrastruktur wie Stromleitungen und Gebäuden – sogenannte sekundäre Lagerstätten – zur Verfügung. Mit modernen metallurgischen Prozessen können Metalle aus Sekundärmaterialien grundsätzlich in der gleichen Qualität gewonnen werden wie aus Primärquellen. Zudem sind die Vorlaufzeiten und der Investitionsbedarf oft geringer als bei Primärlagerstätten, und die gesellschaftliche Akzeptanz für das Recycling ist höher als für den Bergbau. Dennoch werden hohe Recyclingquoten bisher nur für Haupt- und Edelmetalle erreicht…

Physikalische Grenzen der Verfügbarkeit von Bioenergie

Während bei den metallischen Rohstoffen Knappheitssituationen in erster Linie auf Entwicklungen auf den Rohstoffmärkten zurückgehen, sind der Verfügbarkeit von Bioenergie physikalische Grenzen gesetzt. Die Schätzungen, wie viel Bioenergie aus agrarischer Biomasse im Jahr 2050 weltweit zur Verfügung stehen wird, gehen allerdings weit auseinander – von 50 bis 500 Exajoule pro Jahr. Berücksichtigt man neben dem steigenden Bedarf an Nahrungsmitteln die Umweltfolgen der intensiven Landwirtschaft – Treibhausgasemissionen, Biodiversitätsverlust, hoher Wasserverbrauch, Gewässerkontamination und Bodendegradation – so lässt sich aus Sicht der Autoren die verfügbare Menge an agrarischer Bioenergie nicht wesentlich steigern (siehe auch: „solarify.eu/leopoldina-forscher-sehen-bioenergie-kritisch“). Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung setzen daher sinnvollerweise eher bei der Nachfrage an – etwa indem Biomasse in allen Sektoren möglichst effizient genutzt wird und Bioenergie nur dort eingesetzt wird, wo es dem Gesamtsystem den größten Nutzen bringt. Nicht unerhebliche Potenziale für die energetische Nutzung bieten agrarische Biomasseabfälle.

Folgt: Wasserfrage verlagert sich auf Frage der Energieverfügbarkeit