Weltweite Kohlekraftwerks-Pipeline schrumpft

Geplante Kapazität fiel von Januar bis Juni um 14 Prozent
Von Kyla Mandel, Desmog.uk

Die Zahl der Kohlekraftwerke auf der ganzen Welt hat sich einem Bericht des Global Coal Plant Tracker von CoalSwarm folgend in der ersten Jahreshälfte dramatisch nach unten entwickelt. Von Januar bis Juli 2016 hat die Pipeline der Kohlekraftkapazität um 14 Prozent abgenommen – von 1.090 GW um 158 auf 932 – etwa so viel wie die gesamte Kohleerzeugungskapazität der Europäischen Union (162 GW).

Der Rückgang der Gesamtmenge geplantern Kohlekraftwerke – derjenigen in der Vorbauphase – war hauptsächlich den jüngsten Veränderungen der Politik in Asien geschuldet: Chinas erwartete Kohlenkapazität sinkt um 114 GW und Indiens um 40 GW. Europas geplante Kohlekraftkapazität sank um 2,4 GW und die nordamerikanische verringerte sich um 1,5 GW seit Januar.

Tim Buckley, Direktor von Energy Finance Studies, Institute for Energy Economics and Financial Analysis, (IEEFA) kommentierte die Ergebnisse: “Der Bericht des Global Coal Plant Tracker von CoalSwarm stellt ein klares Signal zur Verfügung, dass Schlüsselländer wie China und Indien nach COP21 in Paris langsam dem neuen globalen Trend folgend davon abrücken, übermäßig auf Energieerzeugung durch Kohleverbrennung zu setzen. ”

Divestment

„Die grundlegenden Tatsachen auf den Strommärkten der ganzen Welt verändern sich“, fügte Ben Caldecott hinzu, Leiter des Sustainable Finance-Programms an der University of Oxford-Smith School. “Die Konkurrenz von Erneuerbaren Energien, Sorgen über Luftverschmutzung und Wassermangel und die Tatsache, dass neue Kohlekraftwerke mit dem Klimawandel unvereinbar sind, bedeutet, dass Unternehmen und ihre Anleger auf diese materiellen Risiken antworten müssen, indem sie geplante Projekte annullieren. Diese Tendenz wird sich mit der Zeit beschleunigen. ”

Im Juni hat der indische Energieminister erklärt, dass in den nächsten drei Jahren keine Kraftwerke mehr erforderlich sind. Aber das Land hat 65 GW im Bau und mit 178 GW in Projektierung derzeit immer noch die zweithöchste Kapazität. Der Bericht stellt jedoch fest, dass 35 Prozent der bestehenden Kohlekraftkapazität in Indien ungenutzt bleibt, „was Fragen über die Lebensfähigkeit von zukünftigen Projekte aufkommen lässt“.

Obwohl China aber den größten Rückgang an  geplanter Kohlekraftkapazität erlebt hat, hat das Land inzwischen die meisten geplanten Kohlekraftwerke (406 GW). Aber wie es im Bericht heißt, bedeutet das eine „signifikante Abnahme“ seit Januar, als noch 519 GW in der Pipeline waren. Der Rückgang ist zum großen Teil den  im April herausgegebenen Richtlinien der Regierung geschuldet, die dazu führte, dass 77.5 GW Planungen des Landes ausgesetzt wurden. Und die Regierung hat vorgeschlagen, dass derzeit der Bau aller neuen Kohlekraftwerk bis Mai 2018 gestoppt wird.

Langer Weg

Doch CoalSwarm warnt, es müsse angesichts von 205 GW im Bau befindlicher Kohlekraftwerke und weiterer 11.6 GW genehmigter Pläne in diesem Jahr abgewartet werden, „wie effektiv die Zentralregierung in die Baupläne von Kohlekraftwerken der Provinzen hinein regieren kann“. Trotz der insgesamt deutlichen Verringerung in den letzten paar Monaten, bleibt daher nach Paris noch ein langer Weg bis zur  Erreichung der Klimaziele und der Verringerung der Umweltverschmutzung. Tatsächlich rechnet der Bericht vor, dass die nach wie vor weltweit am Netz befindlichen Kapazitäten ausreichen, um die 1,5°-Grenze zu überschreiten. Während Kohle in Asien, Europa und Nordamerika rückläufig zu sein scheint, steigt sie in Afrika nämlich stark an.

CoalSwarm-Direktor Ted Nace wies zudem auf einen kürzlich veröffentlichten Bericht der Internationalen Energie-Agentur hin, der zeigte, dass für die 6,5 Millionen Todesfälle pro Jahr durch Luftverschmutzung die Kohle Hauptursache sei: „Während die jüngste Abnahme der Kohle-Pipeline einen deutlichen Fortschritt bedeutet, muss viel einschneidender gekürzt werden, um ernsthafte Gefahren zu vermeiden.“

Die Autorin: Kyla Mandel aus Montreal, Kanada, ist Herausgeberin des Portals DeSmog UK. Sie begann im November 2014, nachdem das Projekt ins Leben gerufen war, als stellvertretende Chefredakteurin. Während dieser Zeit hat sie zahlreiche Artikel über Energiepolitik verfasst, darunter eine über europäische Lobbyarbeit der Koch-Brüder. Im März 2015 wurde sie zur Herausgeberin von DeSmog ernannt. Sie hat sich der internationalen Klimaleugnungs-Bemühungen in Rom und Washington angenommen, und war Teil des DeSmog-Reporterteam im Dezember 2015 bei der COP 21 Klimakonferenz in Paris. Übersetzung: Gerhard Hofmann.

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