Atommüll-Forschung tut not

Diskussion

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Ursula Schönberger vom Atommüllreport, wies darauf hin, dass zwei Endlagerprojekte, Asse und Morsleben, gescheitert seien – es habe aber keine wissenschaftliche Aufarbeitung gegeben. „Wie kann es kommen, dass große wissenschaftliche Institute das befürwortet haben, jetzt aber dazu schweigen?“ Ohne Fehleranalyse sei eine neue Ausrichtung der Forschungslandschaft unmöglich. Dazu sei aber auch ein anderer Zugang notwendig; ein problemorientierter Ansatz fehle, deren Vertreter und Argumente würden jeweils nicht beachtet. Am Ende gehe es auch um Vertrauen (etwa das „selbst-hinterfragende System“ aus dem Kommissionsbericht).

Der Begriff „Querulant“ sei diffamierend. Oft seien Kritiker damit verleumdet worden und hätten ihre Jobs verloren. Glaubwürdigkeit wachse nämlich erst jetzt und werde durch aktuelles Handeln gefördert. Auch dadurch, dass bisher erworbenes Wissen gesichert und verfügbar gemacht werden – vor allem auf Seiten der Initiativen und Querdenker.

Dissens ist kein Störfaktor sondern eine Chance, so der Bericht

lutz-mez-foto-gerhard-hofmann-agentur-zukunft-fuer-solarifyLutz Mez, Forschungszentrum für Umweltpolitik (FFU), zitierte Seite 378 des Kommissionsbericht, dort werde ein weiterer im Vergleich zur heutigen Forschung auszuweitender sozialer Forschungsschwerpunkt gefordert. Aber national sei das nicht zu schaffen. Es müsse „mit den Betroffenen auf Augenhöhe geforscht werden“. Mez fragte, ob wir überhaupt den richtigen Umgang mit den Fehlern hätten, schließlich ändere sich das soziale Umfeld ständig; zudem müsse diese Forschung nachhaltig sein, Bestand haben. Mez forderte eine Forschungswende, einen anderen, offeneren wissenschaftlichen Zugang.

matthias-miersch-foto-gerhard-hofmann-agentur-zukunft-fuer-solarifyMatthias Miersch, MdB (SPD): Die Öffentlichkeitsanforderungen seien zunächst kontraproduktiv gewesen – schon wegen des Entscheidungsdrucks auf die Politik – nach dem Motto: „Wir wollen es jetzt wissen – wo kommt denn das Endlager hin?“ Demnächst würden deshalb die Mitglieder der Kommission in den Umweltausschuss eingeladen. Querulanten einzuladen, sei in der Politik aber nicht beliebt. Die Politik erwarte von der Wissenschaft ein Ja oder Nein. „Die Bevölkerung sagt: ‚Ihr setzt Euch jetzt zusammen und wollt 2050 fertig sein?‘ Wenn es dann heißt, man suche eine Lösung für die nächste eine Million Jahre, dann ist man endlich im Kabarettbereich.“ Wir bräuchten Forschung nicht nur über das Thema Endlager, sondern auch Zwischenlager, Behälter. Miersch sorgte sich um eine entstehende Misstrauenskultur: „Alles, was wir tun, wird auf Misstrauen stoßen.“ Es gehe um Vertrauen und dessen Aufbau; da werde das nationale Begleitgremium von großer Bedeutung sein. Das sei auch mit den Querulanten zu füllen. Für ihn seien das wichtiges Querdenker.

steffen-kanitz-mdb-cdu-foto-gerhard-hofmann-agentur-zukunft-fuer-solarifySteffen Kanitz, MdB (CDU), wie Miersch Kommissionsmitglied, wies darauf hin, dass die Endlagersuche gleichermaßen ein technisches wie auch ein soziologisches Thema sei. Vor allem Letzteres, die Beteiligung müsse vorangetrieben werden. „Wie stellen wir Repräsentativität sicher? Die Schlachten der Vergangenheit sind nänlich von maximal 3-5% geschlagen worden“. Soziotechnische Forschung sei also ganz wichtig. Dazu müsse man alle Wirtsgesteine offen lassen, auch Salz; dann gehe es auch noch um die Frage der Rückholbarkeit – schließlich um das Thema längere Zwischenlagerzeiten – und die aus den Veränderungen von Material und Behältern entstehenden Anforderungen. Zudem müssten die Experten, die etwas davon verstehen, auch in Deutschland gehalten werden – trotz Atomausstiegs. Deutschland muss in internationalen Gremien vertreten sein, schon aus Gründen des Know-Hows zur Wartung von AKW. Transmutation (siehe solarify.eu/transmutation) hätten alle Kommissionsmitglieder zwar nicht für erfolgversprechend gehalten – die Technik solle aber dennoch offen gehalten und weiter beforscht werden.

Stefan Wenzel - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für SolarifyWenzel fragte, was die Gesellschaft, was ein Land in Frieden halte – und nannte das Prinzip „Checks and Balances“. Ständige Konflikte erzeugen dauerndes Selbst-Befragen. In der Atomforschungslandschaft sei lange Zeit Querdenken, Kritik, Skepsis nicht gefragt gewesen. Als Beispiele nannte Wenzel die Kritiker Hans-Helge Jürgens und Horst-Jürgen Herbert (letzterer hatte im Juni 1995 in einer bis heute unveröffentlichten Studie belegt, dass Wasser aus dem Deckgebirge in das Bergwerk Asse II eindringt. Das galt bis dahin stets als unwahrscheinlich, stellte aber die größte Gefahr für ein Lager im Salzbergwerk dar). Wie oft, sei auch diese Kritik weggebügelt worden. Auch die Forschung brauche ein System von „Checks and Balances“ – wie organisieren?

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