Audi Mutter des Abgas-Betrugs

Mail belastet

Audi hat entgegen bisheriger Angaben offenbar über Jahre hinweg bei eigenen Dieselfahrzeugen gezielt eine Manipulationssoftware eingesetzt, um die Abgas-Grenzwerte in den USA einhalten zu können, schreibt der Rechercheverbund aus Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR laut n-tv.de. Die betrügerische Software sei in den Dreiliter-Motoren eingesetzt worden.

Bereits 2007 soll ein Audi-Ingenieur an einen größeren Kreis von Managern des Autoherstellers eine Mail geschrieben haben, in der er mitteilte, dass man es „ganz ohne Bescheißen“ nicht schaffen werde, die strengen US-Normen für Stickoxide einzuhalten. Nach neuen Erkenntnissen sollen die Ingenieure von Audi auch maßgeblich an den Manipulationen im Mutterkonzern VW mitgewirkt haben, so dass Audi mittlerweile im Konzern als die „Mutter des Betrugs“ gilt. Die Staatsanwaltschaften Braunschweig und München sind mit dem Fall befasst, schreibt Rechtsanwalt Alexander Jüngst im Portal vw-abgasskandal-diesel.de.

Seehofer drängte im Geheimen auf Lockerung der EU-Abgasgrenzwerte

Einem Medienbericht zufolge übte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer offenbar Druck auf das Bundeskanzleramt aus. Mit einem vertraulichen dreiseitigen Positionspapier hatte die Münchner Staatskanzlei Einfluss auf die anstehende EU-Entscheidung zu Abgas-Grenzwerten zu nehmen versucht – und dabei eins zu eins die Positionen von BMW übernommen – so der Münchner FOCUS. Über dieses Positionspapier vom 27.10.2015 berichteten die Süddeutsche Zeitung, der NDR und der WDR. Darin seien vor allem die „wichtigsten Forderungen der BMW Group“ herausgestellt worden, die eine deutliche Lockerung der geplanten Abgas-Grenzwerte für Dieselmotoren in der EU darstellten. Der VW-Skandal war zu dieser Zeit gerade mal einen Monat alt.

Die Intervention aus Bayern über Berlin bei der EU war demnach äußerst erfolgreich: Die in Brüssel später beschlossenen Grenzwerte hätten laut SZ im Detail den BMW-Forderungen entsprochen. Konkret sei es darum gegangen, einen höheren Ausstoß von Stickoxiden zu erlauben, als ursprünglich geplant. Zu niedrige Limits wurden vehement als Gefahr für den Automobilstandort Deutschland dargestellt. Das aus Horst Seehofers bayerischer Staatskanzlei geschickte Positionspapier sei dabei nur das letzte Druckmittel einer mehrmonatigen Kampagne der Autobauer gewesen, schreibt die SZ.

VW-Transparent 'Wir brauchen Euch'- Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft 11.11.2015Auch Volkswagen habe versucht, als größter Autobauer auf eine Erhöhung der EU-Grenzwerte hinzuwirken. Dann sei jedoch die eigene Abgas-Affäre dazwischengekommen. Dafür habe dann aber Ford vor dem „Job-Killer“ gewarnt und prognostiziert, wegen der EU-Pläne würde man 400.000 Autos weniger verkaufen und Milliardenverluste einfahren. Die mutmaßliche Einflussnahme in Berlin habe schließlich Erfolg gezeitigt.

EU-Pläne deutlich „entschärft“

Die Wunschvorstellungen von BMW, die Seehofer Ende Oktober vertraulich nach Berlin geschickt habe, seien demnach zur Basis der „entschärften“ EU-Entscheidung geworden. Der Schadstoffausstoß werde zwar nun unter realen Straßenbedingungen getestet, und nicht mehr im Labor, doch die Grenzwerte seien deutlich erhöht worden und dürften darüber hinaus weiterhin überschritten werden.

Im Detail sei das Limit für neue Diesel-Fahrzeuge laut SZ auf 160 Milligramm Stickoxide heraufgesetzt worden. Dagegen habe die EU ursprünglich weniger als 130 Milligramm durchsetzen wollen. Auch die Grenzwerte für die Zeit nach dem Jahr 2020 lägen nun deutlich höher. Der Umweltschutz-Effekt sei damit reduziert worden – um die deutsche „Dieseltechnologie-Führerschaft“ nicht zu gefährden.

Greenpeace-Kommentar: „Politik macht Männchen“

Greenpeace-Verkehrsexperte Tobias Austrup kommentiert: „Wenn die Autolobby ruft, macht die Politik Männchen – bis heute. Auch nach dem größten Industrieskandal der vergangenen Jahre hat sich die Bundesregierung nicht von der betrügerischen und rücksichtslosen Autobranche distanziert. Das ist doppelt fatal. Die schwachen Grenzwerte erlauben Dieselautos weiterhin, die Luft in unseren Städten mit giftigen Stickoxiden zu verpesten. Und die vermeintlichen Erfolge der Autolobby werden sich schon sehr bald als Eigentore entpuppen. Der Diesel hat keine Zukunft. Je länger die deutschen Hersteller diese Wahrheit ignorieren, umso größer wird der Vorsprung der ausländischen Konkurrenz. Die Bundesregierung muss den Umbruch in der Branche endlich gestalten und die falschen Anreize für schmutzige Dieselautos kappen. Alles andere schadet den Menschen und der Branche.“

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