Mehr Ehrgeiz im Klimaschutz!

Expertenanhörung im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Umweltausschuss Anhörung zu Tschernobyl Fukushima - Foto © Gerhard Hofmann_Agentur ZukunftUm das Klima-Ziel der COP21 von Paris zu erreichen, sind nach Ansicht von Sachverständigen große Anstrengungen auch in der nationalen Klimapolitik notwendig, wie der der parlamentseigene Pressedienst „heute im bundestag (hib)“ meldet. Bei einem Fachgespräch im Bundestags-Umweltausschuss am 19.10.2016 sahen laut hib drei der vier geladenen Experten zudem „erheblichen Nachbesserungsbedarf am aktuell diskutierten Klimaschutzplan 2050“.

So seien unter anderem Zwischenziele für 2030, der Ausstieg aus der Kohleverstromung zwischen 2035 und 2040 und maximale Stromeinsparung bis 2050 gefordert worden. Ein Industrievertreter wollte dagegen lieber internationale statt nationale oder regionale Ansätze. Christoph Bals (Germanwatch e.V.), Claudia Kemfert (Sachverständigenrat für Umweltfragen, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) und Regine Günther (WWF Deutschland) forderten gleichlautend, dass Deutschland bis 2050 seinen Treibhausgasausstoß um 95 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert. Als Zielkorridor werden, auch auf EU-Ebene, bisher dagegen stets 80 bis 95 Prozent diskutiert.

Um dieses Ziel zu erreichen, bedürfe es verlässlicher Vorgaben, forderte Günther. Der gegenwärtig diskutierte Entwurf des Klimaschutzplans bleibe aber hinter den Ansprüchen zurück. Dieser dürfe den Energiesektor nicht nur in „Prosa“ abhandeln, sondern müsse konkret werden. Bis 2035 müsse die Kohleverstromung in Deutschland beendet sein, der Ausbau der Erneuerbaren Energien dazu synchron erfolgen. Erheblichen Handlungsbedarf sah Günther auch beim europäischen Emissionshandel, der augenblicklich „untauglich“ sei. Günther forderte von der Bundesregierung unmittelbares Handeln, wenn sie das 2020-Ziel erreichen wolle, nämlich eine Reduktion von 40 Prozent.

Bals hält es ebenfalls für notwendig, bis 2035 aus der Kohle auszusteigen – um dieses Ziel sozialverträglich zu erreichen, sollte eine Kommission einen Fahrplan entwerfen. Bals kritisierte ebenfalls, dass der Entwurf des Klimaschutzplans keine verbindlichen Ziele für alle Sektoren aufweise.

Kemfert forderte, über die 2020- und 2050-Ziele hinaus auch ein Zwischenziel für 2030 (55 Prozent) festzulegen. Auch für die EU-Ebene brauche es ein Zwischenziel. Nach ihrer Ansicht müsse der Ausstieg aus der Kohle bis 2040 vollzogen sein. Die im Entwurf des Klimaschutzplans vorgesehenen Maßnahmen sind nach Kemferts Ansicht ebenfalls nicht konkret genug. Im Bereich Bauen und Wohnen etwa gebe es zu viele „Leerstellen“. Als eine mögliche Maßnahme schlug sie den Verzicht auf fossile Heizsysteme ab 2030 vor. Im Verkehrsbereich stellte sie sich hinter die aktuell diskutiere Idee, ab 2030 nur noch Öko-Autos neu zuzulassen.

BDI-Vertreter Andreas Theuer, der dem Arbeitskreis Klima des Verbandes vorsitzt, steuerte die Erkenntnis bei, dass Klimapolitik „mit der Industrie“ besser sei als „gegen die Industrie“. Denn der werde industrieseitig als große Chance gesehen. Allerdings müsse auch auf die Wettbewerbsfähigkeit geachtet werden. Daher dürfe es keinen „Primat der Klimapolitik“ geben. Folglich lehnte Theuer nationale Regelungen als Zusatz zu internationalen Vorgaben ab, etwa eine [[CO2]]-Steuer oder eigene Grenzwerte. Es drohe sonst die unter dem Stichwort „Carbon Leakage“ diskutierte Abwanderung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen. Grundsätzlich müsse der Klimaschutzplan technologie- und innovationsoffen ausgestaltet werden. Auf internationaler Ebene sei der BDI an Regelungen zur[[CO2]]-Pricing „hochgradig interessiert“, sagte Theuer. (hib/SCR)

->Quellen: bundestag.de/hib