Guardian: Geheimpläne zur Streichung des Einspeisevorrangs

Erneuerbare könnten europäischen Einspeisevorrang verlieren, so geleakte EU-Dokumente

Wie Arthur Neslen im Londoner Guardian schreibt, überlegt die EU-Kommission insgeheim, den Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien abzuschaffen. Die Industrie sei besorgt, nachdem eine interne vertrauliche Folgenabschätzung Szenarien zur Folge hatte, die das System der vorrangigen Einleitung von sauberer Energie ins Netz abzuschaffen vorsahen.

PV und Windgeneratoren in Deutschland - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur ZukunftWindparks und Solarenergie könnten so bald das Privileg verlieren, Vorrang gegenüber anderen Energieträgern in den europäischen Stromnetzen zu genießen – das belegen laut Guardian durchgestochene Dokumente. Ein Zurückschneiden des Einspeisevorrang-Systems könnte die CO2-Emissionen um bis zu 10% erhöhen, so eine vertrauliche EU-Folgenabschätzung. Das dem Guardian vorliegende Dokument entwirft aber genau dazu vier Szenarien, die helfen sollen, dass Europas Energieversorger flexibler und konkurrenzfähiger würden.

Einige Branchenquellen sagten gegenüber dem Guardian, dass sie sehr beunruhigt darüber seien und halten es für sehr wahrscheinlich, dass die vorrangige Einleitung sauberer Energie aus der EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien, die derzeit für die Zeit nach 2020 neu gefasst wird, in den Reißwolf wandern könnte.

Oliver Joy, Sprecher der Branchenvereinigung WindEurope, sagte: „Die Beseitigung des Einspeisevorrangs für Erneuerbare Energien wäre für den Windsektor nachteilig, denn der wäre am stärksten von Kürzungen auf dem ganzen Kontinent betroffen. Es scheint zudem im Widerspruch zu den Plänen Europas zu stehen, wenn man doch in den kommenden Jahren dekarbonisieren und die Erneuerbaren Energien stärken will. Investoren haben in der Hochrechnung ihrer Erträge den Einspeisevorrang bei den ursprünglichen Anlageentscheidungen einbezogen, und sie könnten Einfluss auf bestehende Projekte haben, wenn sie nicht vor der Änderung geschützt sind.“

EU-Kommission würde widersprüchlich handeln

Rot für Bürgerenergieprojekte - Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify 20160715Eine andere Branchen-Quelle zum Guardian: „Ich wäre extrem besorgt, wenn sie nur den Einspeisevorrang entfernen und nicht andere wichtige Fragen rund um das Markt-Design berührten. Es würde bedeuten, dass die Kommission Maßnahmen gegen dieselben Erneuerbaren Industrien ergreift, die sie in der Öffentlichkeit vertritt. “

Fossile Energiedienstleister argumentieren, dass Erneuerbare Energien die niedrigsten Betriebskosten hätten und so in jedem Fall vorrangigen Zugang zum Netz hätten. Eine Herausnahme des sauberen Energiesektors aus dem Einspeisevorrang-System würde „negative Preise“ verhindern – bei denen mehr Energie erzeugt als verkauft werde – und wettbewerbswidrige Subventionen erübrigen.

Die Folgenabschätzung der EU sieht in der Abschaffung des Einspeisevorrangs einen Schritt zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen für Energieerzeuger. Ohne den Einspeisevorrang würden Erneuerbare Energieträger jedoch wahrscheinlich eher vom Netz genommen werden. Immerhin sei es viel leichter, einfach ein Windrad abzuschalten, als ein Kohle- oder Atomkraftwerk stillzulegen. In der Regel seien es die Energiequellen mit den geringsten Betriebskosten – also eigentlich fast immer die Erneuerbaren – die von den Netzbetreibern zuerst abgestellt würden.

Wie die Dinge liegen, schränkt der europaweite Trend zur Beendigung der finanziellen Unterstützung den Vormarsch der Erneuerbaren Energien auf dem Kontinent ein und hat bereits Investitionen in andere Bereiche abgesaugt. „Jeder investiert derzeit in erneuerbare Energien außerhalb Europas“, so eine Branchenquelle. „Wenn man Investoren zurückbringen will, muss man sehr relevante Signale senden.“ Eigentlich gilt der Einspeisevorrang angesichts derzeitiger EU-Bestimmungen als verpflichtend, aber mehrere Mitgliedsstaaten halten sich nicht daran – darunter Großbritannien, Schweden und die Niederlande.

Besonders folgenschwer wäre die Streichung des Einspeisevorrangs laut der Studie für Dänemark, Großbritannien und Finnland – Länder, in denen ein beträchtlicher Anteil aus Biomasse stammt – vor allem im Blick auf die Produktionskosten von Bioenergie – weniger hinsichtlich des CO2-Einsparpotenzials. „Den Netzvorrang von Biomassestrom zu streichen, würde direkt zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen führen“, so das Papier.

->Quelle und ganzer Artikel (englisch):