Zweiter Blick auf die Sonne

Präzisere Messergebnisse als alle anderen ballongetragenen oder weltraumbasierten Sonnenteleskope

Ein Großteil der Sunrise II-Daten liegt seit etwa einem Jahr vollständig aufbereitet vor und ist Grundlage der  Artikel. Darin gehen die Forscher auch den langgezogenen Fibrillen genauer nach, bestimmen ihre Form und Lebensdauer. Dabei zeigt sich unter anderem, dass ihre Strahlungsintensität und Breite auf Zeitskalen von einigen Sekunden schwanken. Möglich wurden solch detaillierte Untersuchungen durch die hohe Auflösung von Sunrise und die langen Beobachtungsreihen.

„Mit einer räumlichen Auflösung von 50 bis 100 Kilometern liefert Sunrise präzisere Messergebnisse im ultravioletten Licht als alle anderen ballongetragenen oder weltraumbasierten Sonnenteleskope“, so Prof. Sami K. Solanki, Direktor am MPS und Missionsleiter. Mit den beiden Instrumenten SuFI (Sunrise Filter Imager) und IMaX (Imaging Magentograph Experiment) blickt Sunrise zudem in eine Schlüsselregion der Sonnenforschung. In dem Bereich zwischen der sichtbaren Oberfläche der Sonne, der Photosphäre, und der Korona, der äußeren Atmosphäre der Sonne, erhoffen sich Forscher Antworten auf einige der bedeutendsten offenen Fragen der Sonnenphysik:

  • Wie ist es möglich, dass die Korona mit etwa einer Million Grad deutlich heißer ist als die lediglich 5.000 Grad der weiter innen liegenden Photosphäre?
  • Auf welchem Weg wird die nötige Energie aus der Photosphäre in die Korona transportiert und in Wärme umgewandelt?
  • Welche Rolle spielen dabei die dynamischen, hoch komplexen Magnetfelder der Sonne?

„Alles spricht dafür, dass kleinskalige und kurzlebige Prozesse entscheidend sind“, so Sunrise-Projektwissenschaftler Tino Riethmüller vom MPS. Diese aufzuspüren ist die Mission von Sunrise. Am ersten Tag des Zweitfluges etwa wurde das Observatorium Zeuge einer so genannten Ellermann-Bombe, eines explosionsartigen, aber lokalisierten Anstiegs der Strahlungsintensität und Temperatur. Die Hitzenester treten in der Regel in entstehenden aktiven Regionen auf und gelten als Anzeichen dramatischer „Umbauarbeiten“ im Magnetfeld der Sonne. Dabei wird magnetische Energie unter anderem in Wärme umgewandelt. Die Simulationen, mit denen die Forscher die Beobachtungsdaten rekonstruierten, legen nahe, dass die Veränderungen der Magnetfeldarchitektur ihren Ursprung in der Photosphäre etwa 200 Kilometer über der sichtbaren Oberfläche der Sonne haben.

Koronale Bögen verbinden die vergleichsweise kühle Photosphäre mit der heißen Korona – beeindruckende bogenförmige Plasmaflüssemit bis zu 100.000 Kilometern in der Sonnenatmosphäre. Die Ausgangspunkte dieser Strukturen liegen ebenfalls oftmals in der Nähe aktiver Regionen. Die Sunrise-Daten erlauben nun einen genauen Blick auf diese Entstehungsorte. Es zeigt sich, dass sie Orte starker magnetischer Gegensätze sind: kleine Bereiche, in denen die magnetische Polarität der ihrer überwiegenden Umgebung entgegengesetzt ist. Die Wechselwirkung dieser Bereiche treibt den Masse- und Energietransport in die Atmosphäre an.

„Die Daten der beiden Sunrise-Flüge erweisen sich als wahre Fundgrube für die Sonnenphysik“, so Solanki. Die Auswertungen werden noch Jahre andauern. Zudem plant das MPS derzeit einen dritten Flug des ballongetragenen Observatoriums. Dieser soll in einigen Jahren stattfinden.

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