„Habe Maut-Maulerei satt“

Dobrindts Maut-Rede

Am 24.03.2017 hielt der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Alexander Dobrindt, zum Gesetzentwurf zur Änderung des Zweiten Verkehrsteueränderungsgesetzes eine Rede vor dem Deutschen Bundestag in Berlin. Solarify dokumentiert leicht gekürzt mit Zwischentiteln.

Autobahn bei Wiesbaden – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

„Verehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Sehr geehrte Damen und Herren!

Die deutsche Pkw-Maut ist ein europäisches Projekt – Subsidiarität, weil wir die Verantwortung für unsere Infrastruktur übernehmen, Solidarität, weil wir uns ganz selbstverständlich an der Finanzierung der Infrastruktur unserer Nachbarländer beteiligen und diese Selbstverständlichkeit jetzt auch auf unseren Straßen Realität wird, und Gerechtigkeit, weil es keinen Unterschied mehr zwischen den Nutzern, die sich heute an der Finanzierung beteiligen, und denjenigen, die bisher kostenlos auf unseren Straßen fahren, geben wird. Das ist ein europäisches Projekt.

Übrigens bestätigt dies auch die Europäische Kommission, die ja ganz offensichtlich uns und unsere Pläne unterstützt. Die EU-Kommission hat deutlich gemacht – wörtlich –: „Die vereinbarte Lösung wahrt die Rechte der EU-Bürger auf Gleichbehandlung ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft, sorgt für eine gerechte Infrastrukturfinanzierung und erleichtert den Übergang zu einer emissionsarmen Mobilität.“ Das sind die Worte der EU-Kommission zur deutschen Pkw-Maut.

3 Säulen – Mineralölsteuer, Kfz-Steuer, Mautsystem

Wir stellen damit unsere Infrastrukturfinanzierung auf eine breitere Basis und machen das, was die meisten unserer Nachbarländer bereits vor vielen Jahren vollzogen haben: die Finanzierung der Infrastruktur auf drei Säulen zu stellen – Mineralölsteuer, Kfz-Steuer, Mautsystem. Bisher haben wir zwei Säulen: die Mineralölsteuer und die Kfz-Steuer. Jetzt bauen wir eine dritte verlässliche Säule dazu: die Infrastrukturabgabe, die Maut. Das ist ein echter Systemwechsel. Das ist der Systemwechsel, von dem viele seit Jahren reden, nämlich von der Steuerfinanzierung der Infrastruktur hin zur Nutzerfinanzierung, von nicht zweckgebundenen Steuermitteln hin zu einer zweckgebundenen Finanzierung.

Wir erreichen über die Lkw-Maut schon heute zweckgebundene Einnahmen in Höhe von vier Milliarden Euro pro Jahr. Wir bekommen 2018 mit der Ausweitung der Maut auf alle Bundesstraßen weitere zwei Milliarden Euro dazu. Wir erreichen jetzt mit der Pkw-Maut zusätzliche vier Milliarden Euro jährlich an zweckgebundenen Einnahmen. Das bedeutet im Klartext: Wir haben für die Zukunft jährlich über zehn Milliarden Euro im Verkehrsetat, die dauerhaft und zweckgebunden für Investitionen in die Infrastruktur zur Verfügung stehen. Das ist in der Tat ein Riesenerfolg für die Investitionen in unser Land und für die dauerhafte Finanzierung unserer Infrastruktur.

Nie da gewesener Stellenwert für Infrastrukturfinanzierung

Damit räumen wir der Infrastrukturfinanzierung einen Stellenwert ein, der in der Vergangenheit so nie da gewesen ist: Die Milliarden Euro an Einnahmen auf der Straße, die jährlich von den Autofahrern kommen, entziehen wir der Begehrlichkeit der anderen Politikfelder. Die Autofahrer können in Zukunft sicher sein: Gelder, die sie für die Maut bezahlen, die sie auf der Straße bezahlen, landen wieder sicher in der Infrastruktur.

Das heißt, dass jeder Investitionshaushalt im Verkehrsbereich in Zukunft eine feste Grundausstattung von zehn Milliarden Euro im Jahr haben wird. Damit sind Erhalt und Betrieb der Straßen langfristig gesichert. Deshalb ist die Maut ein zentraler Baustein des Systemwechsels hin zur Nutzerfinanzierung. Ohne die Pkw-Maut gibt es diese Zweckbindung nicht, gibt es die zehn Milliarden Euro jedes Jahr aus dem Zusammenspiel von Pkw-Maut und Lkw-Maut nicht und auch keine dauerhafte stabile Finanzierungsbasis.

Keine Doppelbelastung von Autofahrern

Klar ist, dass es bei einem Systemwechsel nicht zu einer Doppelbelastung von Autofahrern, die jetzt schon an der Finanzierung teilhaben, kommen darf. Ich glaube, dass es sogar logisch ist, dass wir bei so einem Systemwechsel darauf achten, dass keiner am Schluss mehr belastet wird. Wer nutzt, der zahlt, und keiner zahlt doppelt – das ist die Devise bei der Einführung der Infrastrukturabgabe. Wir schaffen mit dieser Einführung endlich Gerechtigkeit auf unseren Straßen…

Richtige Anreize – ökologische Steuerungswirkung

Dabei setzen wir auch noch die richtigen Anreize. Die Höhe der Pkw-Maut richtet sich konsequent nach den Umwelteigenschaften des Fahrzeugs. Wir haben damit eine ökologische Steuerungswirkung. Das heißt im Klartext: Besonders umweltfreundliche Fahrzeuge profitieren, Elektrofahrzeuge sind komplett von der Maut befreit, Halter von Fahrzeugen der Klasse Euro 6 werden noch zusätzlich entlastet; das ist Teil der Vereinbarung mit der Europäischen Kommission. Insgesamt ist das eine Entlastung um 100 Millionen Euro pro Jahr. Das ist in der Tat die erste Maut, die nach ökologischen Grundsätzen ausgestattet ist. Es sollte Ihnen doch eigentlich gefallen, dass wir eine Maut haben, die auch ökologisch einen besonderen Wert hat, weil diejenigen entlastet werden, die besonders saubere Autos fahren.

Die Pkw-Maut leistet also mit ihren Einnahmen und der Zweckbindung einen erheblichen Beitrag zur Finanzierung unserer Infrastruktur. Sie wird damit den Investitionshochlauf, den übrigens die Große Koalition gemeinsam in dieser Wahlperiode beschlossen hat, weiter verstetigen. Wir haben in dieser Wahlperiode einen Rekordmittelaufwuchs von 40 Prozent bei den Investitionen in die Infrastruktur hinbekommen, und die Maut wird der Garant dafür sein, dass dies auch in Zukunft weiter fortgeführt wird und damit die Grundlage für Wachstum, Wohlstand und Arbeit in diesem Land gesichert ist: eine gute Infrastruktur.

Infrastrukturabgabe fair, sinnvoll, gerecht

Es bleibt dabei: Die Infrastrukturabgabe ist fair, sie ist sinnvoll, sie ist gerecht. Sie ist fair, weil sie bei den meisten unserer Nachbarn genauso durchgeführt wird. Sie ist sinnvoll, weil jeder Euro, den wir einnehmen, wieder in unsere Infrastruktur investiert werden wird, und sie ist gerecht, weil wir diejenigen angemessen an der Finanzierung unserer Straßen beteiligen, die sie bisher kostenlos nutzen. Das ist die Grundlage der Infrastrukturabgabe, der Maut: fair, sinnvoll und gerecht; und genau so wird sie umgesetzt.

Ich habe mir ja in den letzten Monaten in dieser Debatte sehr viele falsche Argumente angehört. Alles das, was in der Vergangenheit dazu von Ihrer Seite erzählt worden ist, es gebe zum Beispiel keine EU-Konformität, war falsch. Die Aussage, es gebe keine Einnahmen, war falsch; die Aussage, es sei diskriminierend, war falsch. Alles, was Sie an dieser Stelle erzählt haben, war grundsätzlich falsch. Deswegen setzen wir sie jetzt im Einvernehmen mit der EU-Kommission auch um. Da gibt es jetzt noch Debatten, übrigens in besonderem Maße in einem unserer Nachbarländer. Und auch das will ich erwähnt haben: Ich habe für diese ständige Mautmaulerei aus Österreich überhaupt kein Verständnis.

Österreich hat es vor über 20 Jahren richtig gemacht. Sie haben bereits damals ein Mautsystem eingeführt und damit die Grundlage für die Investitionen in ihre Straßen gelegt, und wir zahlen ganz selbstverständlich unsere Beiträge, wenn wir auf Österreichs Straßen unterwegs sind. Aber die gleiche Selbstverständlichkeit erwarten wir auch von den Österreichern, wenn sie auf deutschen Straßen unterwegs sind. Die innenpolitische Debatte in Österreich, die ich zurzeit verfolge, die nach dem Grundsatz geführt wird: „Ja, jeder, der nach Österreich fährt, der soll auch für Österreichs Straßen einen Beitrag leisten, aber Österreicher sollen unter keinen Umständen auf deutschen Straßen einen Beitrag leisten“, folgt keinem europäischen Gedanken. Auch diesen Fehler werden wir korrigieren.“

->Quellen: