Trumps alternative Paris-Fakten

Wird die Erderwärmung durch das Pariser Abkommen wirklich nur minimal reduziert?

Trump: „Selbst wenn das Pariser Abkommen vollständig umgesetzt würde, bei totaler Befolgung durch alle Nationen, würde es Schätzungen zufolge die globale Temperatur bis zum Jahr 2100 lediglich um zwei Zehntel von 2 Grad Celsius – stellt Euch das mal vor, mehr nicht – senken. Klitzekleine Menge.“

Falsch. Trump bezieht sich auf eine Studie aus dem Jahr 2015 des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Tatsächlich kommen die Verfasser der Studie zu dem Ergebnis, dass die bis August 2015 vorgelegten nationalen Klimaschutzbeiträge die Erderwärmung bis 2100 um 0,2° C verringern würden. Was Trump aber verschweigt:

  1. Die Studie berücksichtigt nur Klimaschutzbeiträge bis August 2015. Bis dahin hatten eine große Zahl von Staaten noch gar keine Klimaschutzbeiträge vorgelegt, darunter viele mit hohen Treibhausgasemissionen wie Indien, Iran und Saudi-Arabien.
  2. Die in der Studie ausgewerteten Klimaschutzbeiträge sahen nur einen Zeitraum bis 2030 vor. Für den Zeitraum danach müssen alle Länder anspruchsvollere Beiträge leisten. Bereits jetzt gestalten manche Staaten ihren Klimaschutz ehrgeiziger als ursprünglich vorgesehen.
  3. Die Studie berücksichtigt nicht die Klimaschutzbeiträge von Entwicklungsländern, die sie nur unter der Bedingung erfüllen möchten, dass die Finanzierungszusagen eingehalten werden.

Trotz dieser Einschränkungen ist es richtig, dass alle Länder ihre Anstrengungen zum Klimaschutz verstärken müssen, um die Erderwärmung unter 2° C (idealerweise unter 1,5° C) zu halten. Das Pariser Abkommen sieht deshalb vor, dass Staaten alle fünf Jahre ihre jeweiligen Beiträge überprüfen und im Zeitablauf immer anspruchsvoller werden. Die schrittweise Verschärfung („Ambitionssteigerung“) gehört zur Architektur des Abkommens.

Trump: „Tatsächlich würden die Emissionen, die allein China in 14 Tagen ausstößt, ausreichen, um die Einspargewinne Amerikas zunichte zu machen, und das ist eine unglaubliche Statistik, würden die Einspargewinne durch Amerikas erwartete Reduktionen im Jahr 2030 vollkommen zunichte machen.“

Diese Behauptung entbehrt jeder Grundlage.

Vernichtet das Pariser Abkommen Arbeitsplätze in den USA?

Trump: „Würden wir uns den Bedingungen des Pariser Abkommens und den erdrückenden Energiebeschränkungen fügen, die es den USA diktiert, könnte Amerika bis zum Jahr 2025 bis zu 2,7 Millionen Arbeitsplätze verlieren, nach Angaben von National Economic Research Associates.“

Höchst zweifelhaft. Die Studie ist tendenziös und stammt von der US-Handelskammer und dem American Council for Capital Formation, die eine aktive Klimaschutzpolitik ablehnen. Die Verfasser der Studie geben selbst zu, weder die positiven Wirkungen von Innovationen im Bereich Erneuerbare Energien noch den (wirtschaftlichen) Nutzen durch Minderung des Klimawandels (und damit u.a. die Verhinderung wirtschaftlich desaströser Naturkatastrophen) einbezogen zu haben. Es werden lediglich mögliche Verluste an Arbeitsplätzen in den alten Industrien beleuchtet, und der Jobmotor Erneuerbare Energien und Effizienztechnologen wird völlig ausgeklammert. Hinzu kommt, dass eine Abwendung des Klimawandels enorme Gesundheitskosten spart, die in der Studie ebenfalls nicht betrachtet werden.

Trump: „Dazu zählen 440.000 weniger Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe… Derselben Studie zufolge würde die Umsetzung der Verpflichtungen, welche die Vorgängerregierung eingegangen ist, bis 2040 die Produktion in den folgenden Sektoren kürzen: Papierindustrie minus 12 Prozent; Eisen und Stahl minus 23 Prozent; Kohle – und ich habe nun mal ein Herz für die Kohlekumpel – minus 86 Prozent; Erdgas minus 31 Prozent. Der Schaden für die Wirtschaft würde sich bis zu diesem Zeitpunkt auf einen Rückgang des Bruttoinlandprodukts um annähernd 3 Billionen Dollar und einen Verlust von 6,5 Millionen Industriearbeitsplätzen summieren, wobei das Einkommen der Privathaushalte um 7.000 Dollar, und in vielen Fällen noch wesentlich schlimmer, schrumpfen würde.“

Die von Trump zitierte Studie bezieht sich auf die Auswirkungen des von der Obama-Regierung vorgelegten Clean Power Plans. Verbindliche Vorgaben zu einzelnen Sektoren – wie von Trump unterstellt – sind im Pariser Abkommen nicht enthalten. Die Staaten sind frei in ihrer Entscheidung, welchen Beitrag sie zum Klimaschutz leisten möchten. Zum gleichen Thema gibt es eine Reihe anderer Studien, die zu ganz anderen Ergebnissen kommen. Die wirtschaftlichen Potenziale eines engagierten Klimaschutzes wurden erst jüngst umfassend von Experten der OECD bewertet. Sie kommen zu dem Schluss, dass eine Kombination aus Klimaschutz und darauf abgestimmter Wachstumspolitik in den G20-Staaten im Jahr 2050 im Schnitt zu einer um 4,7% höheren gesamtwirtschaftlichen Leistung führt. Eine Rückkehr ins fossile Zeitalter ist nicht wirtschaftlich. Dies gilt auch für die USA. Im Bereich Erneuerbare Energien sind in den USA bereits 777.000 Menschen beschäftigt. Die Solarindustrie allein wuchs 2016 um 25% auf knapp 400.000 Jobs – dies ist bereits heute mehr als in der Kohleindustrie – und dieser Trend wird sich fortsetzen. Der US-Wind- und Solarsektor wachsen 12mal schneller als der Rest der US-Wirtschaft.

Folgt:  Geben die USA mehr als andere für den Klimaschutz aus?