Eine gefährdete Region

Ungebremster Klimawandel  gefährdet Entwicklungsfortschritte in Asien

Ungebremster Klimawandel hätte für Länder in Asien und Ozeanien verheerende Folgen und würde sich stark auf ihr zukünftiges Wachstum auswirken. Außerdem würden sich aktuelle Entwicklungserfolge umgekehren und die Lebensqualität abnehmen. Das ergibt der Bericht A region at risk – The Human Dimensions of Climate Change in Asia and the Pacific (Eine Region in Gefahr: die menschliche Dimension des Klimawandels in Asien und Ozeanien), den die Asian Development Bank (ADB) und das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erstellt und am 14.07.2017 in Manila, Philippinen, veröffentlicht haben.

Cover des ADB-Berichts des PIK (Ausschnitt) – Region at Risk – Titel © PIK; ADB;

In einem Basisszenario wird für den asiatischen Kontinent bis zum Ende des Jahrhunderts, ein Temperaturanstieg von 6 °C prognostiziert. Einige Länder der Region könnten dabei noch weitaus heißere klimatische Bedingungen erleben. So wird erwartet, dass die Temperatur in Tadschikistan, Afghanistan, Pakistan und dem Nordwesten Chinas um bis zu 8 °C steigt. Ein solcher Temperaturanstieg hätte dramatische Folgen für das Wettersystem, die Landwirtschaft und die Fischerei in der Region, die biologische Vielfalt an Land und im Wasser, die regionale Sicherheit, den Handel, die Stadtentwicklung, Migrationsbewegungen und Gesundheit. Ein solches Szenario stellt für einige Länder in der Region sogar eine existenzielle Bedrohung dar und zerstört jede Hoffnung auf eine nachhaltige und integrative Entwicklung.

„Die globale Klimakrise ist mit Sicherheit die größte Herausforderung, mit der die menschliche Zivilisation im 21. Jahrhundert konfrontiert ist. Und Asien und Ozeanien stehen dabei im Mittelpunkt“, so Bambang Susantono, ADB-Vizepräsident für Wissensmanagement und nachhaltige Entwicklung, der den Bericht am 14.07.2017 in Manila vorstellte.„In Asien und Ozeanien leben zwei Drittel der armen Weltbevölkerung. Die Region gilt als besonders anfällig für den Klimawandel und ist in besonderer Weise von einer noch schlimmeren Armut – und noch verheerenderen Naturkatastrophen – bedroht, wenn nicht schnell und konsequent Schutz- und Anpassungsmaßnahmen umgesetzt werden.“

PIK-Direktor Hans Joachim Schellnhuber, der ebenfalls in Manila sprach, fügte hinzu:

„Die Länder Asiens haben die Zukunft der Erde in der Hand. Wenn Sie entscheiden, sich vor den Risiken des Klimawandels zu schützen, können sie entscheidend dazu beitragen, den gesamten Planeten zu schützen. Es handelt sich um eine doppelte Herausforderung. Einerseits müssen die Treibhausgasemissionen in Asien so verringert werden, dass die Weltgemeinschaft die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C begrenzen kann, wie dies 2015 in Paris vereinbart worden ist. Doch schon eine Begrenzung auf 1,5 °C ist eine gigantische Aufgabe. Andererseits müssen die asiatischen Länder Strategien finden, wie sie auch angesichts eines unabwendbaren Klimawandels Wohlstand und Sicherheit im Rahmen einer gesunden globalen Entwicklung gewährleisten können. Gleichzeitig muss man bedenken, dass sich Asien nie dagewesene wirtschaftliche Chancen bieten, wenn sich der Kontinent federführend an der neuen sauberen industriellen Revolution beteiligt. Durch die Erprobung geeigneter Strategien zur Einhegung von Umweltveränderungen kann Asien zu einem entscheidenden Akteur des Multilateralismus im 21. Jahrhundert werden.“

Es werde erwartet, dass Asien und Ozeanien bei steigenden globalen Durchschnittstemperaturen von stärkeren Taifunen und Zyklonen heimgesucht werden wird. In einem Basisszenario werde die jährliche Niederschlagsmenge in den meisten Landflächen der Region um bis zu 50 % zunehmen, wobei Länder wie Pakistan und Afghanistan einen Rückgang der Niederschlagsmenge um 20-50 % erleben könnten, so Schellnhuber.

Die Küstenregionen und Tiefebenen der Region seien verstärkt von Überschwemmungen bedroht. 19 der 25 am stärksten von einem Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter betroffenen Städte befänden sich in der Region. Allein sieben von ihnen auf den Philippinen. Das am stärksten von Küstenüberflutungen betroffene Land der Region werde jedoch Indonesien sein, dort würden bis 2100 jedes Jahr etwa 5,9 Millionen Menschen betroffen sein.

Eine erhöhte Anfälligkeit für Überschwemmungen und andere Naturkatastrophen werde sich wirtschaftlich stark auf die Region – und die ganze Welt – auswirken. Schäden durch Überschwemmungen würden von jährlich 6 Milliarden Dollar im Jahr 2005 auf 52 Milliarden Dollar im Jahr 2050 steigen. Außerdem befänden sich 13 der 20 Städte mit dem größten Anstieg jährlicher Überflutungsschäden zwischen 2005 und 2050 in Asien und Ozeanien: Guangzhou, Shenzhen, Tianjin, Zhanjiang und Xiamen (China); Bombay, Chennai-Madras, Surat und Kalkutta (Indien); Ho-Chi-Minh-Stadt (Vietnam); Jakarta (Indonesien); Bangkok (Thailand) und Nagoya (Japan).

Der Klimawandel werde auch die Lebensmittelproduktion in der Region erschweren und die Produktionskosten erhöhen. In einigen Ländern Südostasiens könnten die Reiserträge bis zum Jahr 2100 um bis zu 50 % zurückgehen, wenn keinerlei Maßnahmen ergriffen würden. In Usbekistan werde erwartet, dass so gut wie alle Getreidesorten bis zum Jahr 2050 20-50 % ihres Ertrags einbüßten, selbst wenn die Erderwärmung auf 2 °C begrenzt werde (Pariser Klimaschutzabkommen).

Die Lebensmittelknappheit werde die Anzahl mangelernährter Kinder in Südostasien um 7 Millionen erhöhen, da die Einfuhrkosten in der Unterregion bis 2050 von 2 Milliarden Dollar auf 15 Milliarden Dollar pro Jahr ansteigen würden.Meeresökosysteme würden insbesondere im Westpazifik bis zum Jahr 2100 ernsthaft gefährdet sein. Sämtliche Korallenriffe der Unterregion würden aufgrund der Korallenbleiche kollabieren, wenn die Erderwärmung 4 °C erreiche (globales Basisszenario). Selbst ein Temperaturanstieg um 1,5 °C werde dazu führen, dass 89 % aller Korallenriffe von der Korallenbleiche betroffen seien. Dies werde die Riff-Fischerei und den Tourismus in Südostasien stark beeinträchtigen.

Der Klimawandel sei auch eine große Gefahr für die öffentliche Gesundheit in Asien und Ozeanien. Schon jetzt stürben jedes Jahr 3,3 Millionen Menschen wegen der Luftverschmutzung, wobei die VR China, Indien, Pakistan und Bangladesch die Rangliste anführten. Hitzebedingte Todesfälle in der älteren Bevölkerung in der Region dürften bis 2050 aufgrund des Klimawandels um etwa 52.000 Fälle zunehmen, wie Daten der Weltgesundheitsorganisation nahelegten. Todesfälle durch vektorübertragene Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber könnten ebenfalls zunehmen.

Eine „Business as usual“-Herangehensweise an den Klimawandel könne auch funktionierende Ökosysteme stören und eine Massenmigration – vor allem in städtische Ballungsräume – auslösen, die zu einer weiteren Überfüllung der Metropolen und einer Überforderung der sozialen Dienste führen könne, so der Bericht.

Vor allem aber könne ein wärmeres Klima in der Region die Energieversorgung gefährden. Der Klimawandel könne die Energieunsicherheit unter anderem durch die fortgesetzte Abhängigkeit von unnachhaltigen fossilen Brennstoffen, Kapazitätssenkungen von Wärmekraftwerken aufgrund mangelnden Kühlwassers und Ausfällen von Wasserkraftwerken wegen ungewisser Ablaufmengen verschärfen. Die Energieunsicherheit könnte Konflikte erzeugen, da Staaten um begrenzte Energieressourcen konkurrierten.

Was die Bekämpfung der Klimawandelfolgen angeht, so hebt der Bericht hervor, wie wichtig eine Umsetzung der im Pariser Klimaabkommen festgeschriebenen Zusagen ist. Dazu zählen öffentliche und private Investitionen in eine beschleunigte Entkarbonisierung der asiatischen Wirtschaft sowie die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen zum Schutz der am stärksten gefährdeten Bevölkerungsteile in der Region.

Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen sollten dabei zusätzlich zu den anhaltenden Innovationsbemühungen in den Bereichen erneuerbare Energien und Technologie in makroregionale Entwicklungsstrategien und mikroregionale Projektplanungen in sämtlichen Bereichen eingebettet werden.

Die Region verfügt laut Bericht sowohl über die Kapazität als auch den notwendigen Einfluss, um eine nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, die globalen Emissionen einzudämmen und Anpassungsmaßnahmen umzusetzen.

[note Die ADB hat im Jahr 2016 eine Rekordsumme von 3,7 Milliarden Dollar zur Klimafinanzierung bewilligt und bereits angekündigt, ihre Investitionen bis 2020 auf 6 Milliarden Dollar zu erhöhen.

Die in Manila beheimatete Asiatische Entwicklungsbank setzt sich für die Armutsbekämpfung in Asien und Ozeanien durch integratives Wirtschaftswachstum, umweltfreundliches, nachhaltiges Wachstum und regionale Integration ein. Sie wurde 1966 gegründet und feiert aktuell 50 Jahre Entwicklungspartnerschaft in der Region.

Eigentümer sind 67 Mitgliedsländer, von denen 48 in der Region liegen. 2016 belief sich die Unterstützung der ADB auf insgesamt 31,7 Milliarden Dollar, von denen 14 Milliarden Dollar in Kofinanzierungen flossen.]

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