CO2-Zertifikate zu billig

Brüssel schlägt Reform für vierte Phase des Emissionshandelssystems vor

In Brüssel ist man sich dieser Problematik bewusst. Die Kommission hat 2015 eine Reform für die vierte Phase des Emissionshandelssystems vorgeschlagen. Diese Phase startet 2021 und läuft bis 2030. Der Trialog zwischen Kommission, EU-Parlament und Europäischem Rat dazu startete vergangene Woche jedoch ohne nennenswerte Ergebnisse. Im Oktober findet eine zweite Verhandlungsrunde zwischen den drei Institutionen statt.

Derweil könnten die niedrigen Zertifikatspreise bald nicht mehr das einzige Problem des ETS sein: Wenn Großbritannien aus der EU austritt, könnte das Land sich auch aus dem Emissionshandelssystem verabschieden. Das Vereinigte Königreich ist nach Deutschland der zweitgrößte Emittent von Kohlenstoffdioxid in der EU, und seine Unternehmen kaufen die meisten Verschmutzungszertifikate. Sollte Großbritannien also das ETS verlassen und somit seine Zertifikate auf den Markt werfen, würden die Preise zwangsläufig weiter fallen. Derzeit gibt es von der britischen Regierung noch keine offizielle Stellungnahme zu diesem Thema. Es heißt jedoch, Premierministerin Theresa May wolle, dass Großbritannien weiter Teil des ETS bleibt.

EVP-Sprecher Peter Liese kommentierte kürzlich: „Ich hoffe sehr, dass das Vereinigte Königreich weiterhin im ETS bleiben wird. Die Regierung des Vereinigten Königreiches, die britischen Europaabgeordneten und die britischen Unternehmen waren immer starke Unterstützer des Systems. Daher würde ich es absurd finden, wenn das Vereinigte Königreich nach dem Brexit aus dem ETS ausscheiden würde.“

In einem ersten Schritt veröffentlichten EU-Parlamentsabgeordnete vergangene Woche einen Berichtsentwurf über Emissionen der Luftfahrtindustrie, demnach alle Zertifikate eines Landes, das die EU verlässt, annuliert und nicht wieder auf den Markt gelassen würden. In dem Bericht sprachen sich die MEPs auch für eine weitere Ausnahme internationaler Flüge vom ETS bis 2021 aus.

Wenn Großbritannien das ETS verlassen sollte, könnte auch die EU-Abmachung mit der Schweiz als Vorbild für eine zukünftige Zusammenarbeit bei der Reduzierung der CO2-Emissionen dienen: Nach siebenjähriger Entwurfsarbeit einigten sich Brüssel und Bern im August darauf, ihre Systeme miteinander zu verknüpfen.

Das ETS ist derzeit das größte Emissionshandelssystem der Welt. Es bekommt aber wohl bald Konkurrenz aus China, wo Ende diesen Jahres ein ähnliches System gestartet werden soll. Mit diesem System würden dann insgesamt tausende Unternehmen, die ungefähr 50 Prozent des globalen BIP und mehr als 15 Prozent der Emissionen ausmachen, Teil von Emissionshandelssystemen sein. Nach einer „weichen“ Einführungsphase, in der Probleme identifiziert und korrigiert werden sollen, würde das chinesische System ab 2020 voll in Kraft treten.

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