DUH obsiegt schon wieder: Zwangsgeld für weißblauen Freistaat

Wegen fehlender Maßnahmen zur Luftreinhaltung in München – droht Umweltministerin Zwangshaft?

Auf die Deutsche Umwelthilfe (DUH) prasseln die siegreichen Urteile geradezu hernieder: Jetzt hat sie die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Freistaat Bayern in der Auseinandersetzung um „Saubere Luft“ für die bayerische Landeshauptstadt erwirkt. DUH-Medienmitteilung: „Die Bayerische Staatsregierung ignorierte ihre Verpflichtungen aus rechtskräftigen Entscheidungen (und aus ihren Amtseiden, s.re. – S_Y) Das Dieselfahrverbot für München muss jetzt kommen.“ DUH-Anwalt Klinger denkt über Zwangshaft für die Umweltministerin nach.

Stau auf A8 kurz vor München – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat mit Beschluss vom 26.10.2017 dem DUH-Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 4.000 Euro Recht gegeben; die Zahlung ist binnen zwei Wochen zu leisten. Schon im Oktober 2012 (vor genau fünf Jahren!) hatte das Münchner Verwaltungsgericht die Regierung des Freistaates dazu verpflichtet, den Luftreinhalteplan für München so zu ändern, dass die Grenzwerte für Stickstoffdioxid so bald wie möglich eingehalten würden. Das ignorierte die Staatsregierung – daraufhin drohte der Verwaltungsgerichtshof (Beschluss vom 27.02.2017 – Az. M 19 X 17.3931) ein Zwangsgeld in Höhe von € 4.000 an, wenn der Freistaat nicht bis zum 31.08.2017 die Öffentlichkeitsbeteiligung zur Vorbereitung einer Änderung des Luftreinhalteplans beginne aus der sich ergebe, dass Dieselfahrverbote umgesetzt würden, sobald diese rechtlich zulässig sind. Diese eindeutigen Verpflichtung ignorierte die Staatsregierung wiederum.

„Der Antragsgegner ist grundlos säumig“

In der Begründung des der DUH am 27.10.2017 zugegangenen Beschlusses heißt es: „Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 09.10.2012 statuiert eine Verpflichtung des Antragsgegners, deren Inhalt und Umfang (…) sich hinsichtlich der (…) zu ergreifenden Mittel – nämlich der Aufnahme von Fahrverboten für Dieselfahrzeuge (…) eindeutig bestimmen lässt. Dieses Urteil (…) ist somit vollstreckbar.“ Kein Verständnis zeige das Verwaltungsgericht für die anhaltende Verzögerung der Umsetzung dieser Entscheidung. Immerhin, so die Begründung, ist der Freistaat „seit Rechtskraft des Urteils vom 09.10012 am 08. April 2014 die Erfüllung der aus dem Urteil folgenden Verpflichtung schuldig geblieben. (…) Der Antragsgegner ist grundlos säumig.“

Das Gericht hebt weiter hervor: „Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht nur eine öffentliche Diskussion zu etwaigen Dieselfahrverboten in München anstoßen wollen, sondern aus dessen Beschluss folgt unzweifelhaft, dass (…) allein Dieselfahrverbote das verbleibende Mittel zur schnellstmöglichen Erfüllung der aus dem Urteil (…) folgenden Verpflichtung ist.“

Resch: „Nur zwei Regierungen in Europa ignorieren die Entscheidungen ihrer höchsten Gerichte: Polen und Bayern“

DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch kritisiert das deutlich werdende Demokratiedefizit von Ministerpräsident Horst Seehofer, der persönlich die im Sommer vom Gericht angeordnete Veröffentlichung eines Luftbelastungs-Gutachtens verzögerte und ganz offensichtlich nun auch die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Festlegung der Stadtbereiche mit Dieselfahrverboten verhindern will: „Nur zwei Regierungen in Europa ignorieren die Entscheidungen ihrer höchsten Gerichte: Polen und Bayern“.

Die bislang von der Bayerischen Staatsregierung vorgelegten Schritte erfüllen diese Anforderungen nicht, sondern führen lediglich eine Vielzahl von politischen Absichtserklärungen auf. „Die Ignoranz der bayerischen Politik gegenüber den Urteilen der Justiz muss endlich ein Ende haben. Sie ist eines Rechtsstaats unwürdig. Sollte auch diese Entscheidung keine Wirkung zeigen, so müssen wir härtere Maßnahmen beantragen: Zwangshaft gegen die verantwortliche Umweltministerin“, so Rechtsanwalt Klinger, der die DUH vertrtitt.

[note Solarify fragt sich, ob es sich im vorliegenden Fall um Schlamperei oder Vergesslichkeit handelt. Aber bei jedem Hühnerdieb oder bagatell-kriminellem Geflüchteten beweist die bayerische Justiz jeweils ein Gedächtnis wie ein Elefant und rühmt sich doch der Freistaat überhaupt auch sonst seiner bundesweit vorbildlichen Verwaltung… Aber was ist es sonst, was die Umweltministerin bis kurz vor die Gefängnistür führt…?]

->Quellen und Links: