Weniger Dünger reduziert Feinstaubbelastung

Senkung landwirtschaftlicher Ammoniakemissionen kann Sterblichkeit durch Luftverschmutzung erheblich reduzieren – 2010 weltweit 3,3 Millionen vorzeitige Sterbefälle

Für Feinstaub gibt es viele Quellen – nicht nur den Verkehr, der dafür derzeit besonders viel Aufmerksamkeit erfährt. Auch eine Reduktion landwirtschaftlicher Emissionen könnte die Menge an gesundheitsschädlichem Feinstaub erheblich senken, wie – einer Medienmitteilung folgend – eine Studie von Forschern des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz zeigt. Die Wissenschaftler berechneten, dass speziell in Europa und Nordamerika durch die Verringerung von Ammoniakemissionen (NH3) aus Düngung und Viehzucht die Konzentration an Feinstaubpartikeln in der Atmosphäre stark abnehmen würde. Wären die landwirtschaftlichen Emissionen um 50 Prozent niedriger, könnten demnach pro Jahr weltweit 250.000 Todesfälle, die auf Luftverschmutzung zurückzuführen sind, vermieden werden. Die Ergebnisse wurden in Atmospheric Chemistry and Physics, einer Zeitschrift der European Geosciences Union, veröffentlicht.

“Öffentlich wird derzeit vor allem die Feinstaubbelastung durch den Verkehr diskutiert, andere Quellen wie etwa die Landwirtschaft werden dabei vernachlässigt“, sagt Jos Lelieveld, Direktor der Abteilung Atmosphärenchemie am Mainzer Institut. Zwar können die Feinstaubemissionen von motorisierten Fahrzeugen entscheidend zur lokalen Luftbelastung in Ballungszentren beitragen, der meiste Feinstaub (PM2,5) entsteht aber erst durch chemische Prozesse in der Atmosphäre während des Windtransports. „Daher könnte die Konzentration der Feinstaubteilchen in der Atmosphäre deutlich sinken, wenn Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft vermieden würde“, so Lelieveld, dessen Forschungsteam dies mit aktuellen Berechnungen belegt.

Ammoniak reagiert zu Salzen, aus denen Feinstaub entsteht

In ihrer früheren Studie wiesen Max-Planck-Forscher daraufhin, dass im Jahr 2010 weltweit 3,3 Millionen Menschen vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung starben. Zwischenzeitlich sind die Schätzungen für die letzten Jahre wieder deutlich angestiegen. Die Wissenschaftler betonen, dass in vielen Regionen der Erde nicht Industrie und Verkehr, wie allgemein angenommen, die Hauptquelle für Luftverschmutzung sind, sondern dass, neben der Nutzung von Brennstoffen zum Heizen und Kochen, die Landwirtschaft eine wichtige Rolle spielen kann.

Als wichtigste Ursache für die Luftbelastung, speziell in weiten Teilen Europas, haben die Wissenschaftler die Freisetzung von Ammoniak aus Viehzucht und Düngung identifiziert. Zwar ist der im Ammonium enthaltene Stickstoff ein wichtiger Nährstoff für Pflanzen. Ammoniak entweicht durch die Zersetzung von Gülle und durch die Düngung von Nutzpflanzen jedoch in die Atmosphäre und reagiert dort mit anderen anorganischen Stoffen, wie Schwefel- und Salpetersäure zu Ammoniumsulfat und Nitratsalzen. Hieraus wiederum entstehen Feinstaubpartikel.

50 Prozent weniger NH3 würde weltweit jährlich 250.000 Todesfälle verhindern

Bei ihrer aktuellen Studie konzentrierten sich die Wissenschaftler auf vier Regionen, in denen die Grenzwerte der Luftverschmutzung häufig überschritten werden: Nordamerika, Europa, Süd- und Ostasien. Ihre Berechnungen zeigten, dass eine Reduzierung aller landwirtschaftlichen Emissionen um 50 Prozent weltweit eine Abnahme von rund acht Prozent der durch Luftverschmutzung verursachten vorzeitigen Sterbefälle bewirken würde. Das entspricht einer Zahl von 250.000 Menschen pro Jahr. Ein kompletter Stopp sämtlicher Ammoniakemissionen könnte theoretisch weltweit sogar 800.000 Menschen vor dem Tod durch Krankheiten bewahren, die durch Luftverschmutzung ausgelöst werden.

„Der Effekt der Ammoniakreduktion auf die Feinstaubbildung verläuft nicht linear. Eine effiziente Luftverbesserung setzt erst ab einem bestimmten Reduktionswert ein. Ab diesem Punkt ist die Wirkung dann aber exponentiell“, erläutert Andrea Pozzer, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie und Hauptautor der Studie. Eine Verringerung der Ammoniakemissionen von über 50 Prozent wäre deshalb, so Pozzer weiter, sehr effektiv und wünschenswert.

Folgt: Von weniger Ammoniakemissionen würde Europa besonders profitieren