EWE plant in unterirdischer Gaskaverne größte Batterie der Welt

Oldenburger Energieversorger setzt auf Redox-Flow-Prinzip – gespeicherte Strommenge könnte Berlin eine Stunde versorgen

„EWE will mit dem Projekt brine4power die nach eigenen Angaben größte Batterie der Welt mit einer Kapazität von 120 Megawatt bauen. Mitte der Woche meldete das Unternehmen einen wichtigen Zwischenerfolg“, schrieb am im Portal pv magazine. „Es ist sicher noch zu früh, um von einem Durchbruch zu sprechen“, sagte Peter Schmidt, Geschäftsführer des ausführenden Tochterunternehmens EWE Gasspeicher GmbH in Berlin. „Wir haben aber bei der Entwicklung der solebasierten Batterie einen wichtigen Meilenstein erreicht, weil eine der zentralen Schlüsselkomponenten in aktuellen Tests alle Anforderungen erfüllt hat.“

Die Polymere müssen EWE zufolge bestimmte chemische Anforderungen erfüllen: Sie sollen sich im gesättigten Salzwasser gut auflösen, eine bestimmte Fließeigenschaft des Sole-Polymer-Gemisches gewährleisten und im gelösten Zustand chemisch und elektrochemisch stabil sein, um Elektronen langfristig binden und abgeben zu können. „Diese speziellen Anforderungen haben die von der Friedrich-Schiller-Universität weiterentwickelten Polymere in den nun durchgeführten grundlegenden Vorversuchen mit Original-Sole von EWE erfüllt“, erklärte Ulrich Schubert vom CEEC. Die bislang verwendeten Behältergrößen dafür haben etwa die Größe von Warmwasserspeichern in Haushalten.

Die Pläne von EWE Gasspeicher bewegen sich dagegen in ganz anderen Dimensionen: Das Unternehmen will seine unterirdischen Salzkavernen für die Batterie einsetzen und hat diese Idee bereits dem Patentamt zur Prüfung vorgelegt. Dabei würden die in Salzstöcken angelegten Hohlräume teilweise dem Kölner Dom Platz bieten. Künftig will das Unternehmen mit Hilfe der Flüssigkeit Strom in unterirdischen Salzkavernen speichern. EWE Gasspeicher betreibt in Deutschland 38 solcher Kavernen, bisher allerdings als Speicher für Erdgas.

„Da Salzwasser in Kavernen auch Sole genannt wird, das englische Wort für Sole brine heißt und wir letztlich in den Kavernen – gemäß dem Redox-Flow-Prinzip – Strom (englisch power) speichern wollen, heißt das Projekt brine4power oder kurz b4p“ sagt Projektleiter Ralf Riekenberg (Foto unten re.). Im ersten Step werde man aber noch nicht echte Kavernen nutzen, sondern großdimensionierte Kunststoffbehälter, die auf dem Gasspeichergelände im ostfriesischen Jemgum (Landkreis Leer) errichtet werden sollen, und zwar voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres. Derzeit nutzt EWE unter anderem in Jemgum in einem unterirdischen Salzstock acht Kavernen zur Erdgasspeicherung.

„Wenn alles funktioniert, kann dies den Speichermarkt beziehungsweise den Markt für Regelenergie grundlegend verändern. So ist die Strommenge, die ein Speicher dieser Art beinhaltet, – der aus zwei mittelgroßen Kavernen besteht – ausreichend, um eine Millionenmetropole wie Berlin für eine Stunde mit Strom zu versorgen. Damit würden wir die größte Batterie der Welt bauen. Im Gegensatz zu anderen Energiespeichern nämlich, die elektrischen Strom in andere Energieträger umwandeln, – zum Beispiel in Druckluft – speichern wir mit brine4power den Strom direkt“, so Schmidt.

„Wir haben noch einige Tests durchzuführen und etliche Fragen zu klären, bis wir das aufgezeigte Speicherprinzip gemäß der Universität Jena in unterirdischen Kavernen anwenden können. Ich gehe aber davon aus, dass wir etwa Ende des Jahres 2023 eine Kavernenbatterie in Betrieb haben können“, sagt Riekenberg.

Gesetzlicher Rahmen fehlt

Für einen endgültigen Erfolg sei jedoch auch die Politik gefragt. So seien die Speicher bislang nur als Erdgasspeicher definiert, der gesetzliche Rahmen für den unterirdischen Stromspeicher fehle. „Diese fehlende energiewirtschaftliche Einordnung von Energiespeichern hat zur Folge, dass sie als Letztverbraucher von Energie eingestuft werden“, sagte Riekenberg. Die Betreiber müssten so alle Letztverbraucherabgaben wie Netzentgelt, EEG-Umlage und Stromsteuer zahlen. „Zwar wurde dieses Problem in Teilen bereits von der Politik erkannt, allerdings stellen die diesbezüglich eingeführten Ausnahmeregelungen für Stromspeicher noch keinen stabilen und rechtssicheren Rahmen für Speicherbetreiber dar“, so Ralf Riekenberg.

Redox-Flow-Batterie bei Younicos, Berlin – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

[note Hintergrund – Das Grundprinzip der RedoxFlow-Batterie reicht bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zurück. Dabei wird elektrische Energie in einer Flüssigkeit gespeichert, in der bestimmte Stoffe gelöst sind. Solche Lösungen heißen Elektrolyte. Bei einer RedoxFlow-Batterie kommen zwei unterschiedliche Elektrolyte zum Einsatz. Diese verteilen sich auf zwei getrennte Behälter. Die beiden Elektrolyte können Elektronen (negativ geladene Teilchen) unterschiedlich fest an sich binden. Der Elektrolyt mit stärkerer Bindung zu Elektronen wird Katolyt der Elektrolyt mit schwächerer Bindung Anolyt genannt. Durch Stromzufuhr von außen (zum Beispiel durch Strom aus Windenergie- oder Photovoltaikanlagen) werden dem Katolyt die Elektronen quasi entrissen (Oxidation) und dem Anolyt zugeführt, der sie an sich bindet (Reduktion). So wird die Batterie geladen. Beim Entladen entreißt der „stärkere Elektronen-Binder“, der Katolyt, dem schwächeren, dem Anolyt, die Elektronen wieder. Dadurch fließt elektrischer Strom, der genutzt werden kann. Soweit das Prinzip. Bislang verwendete man als Elektrolyt beispielsweise in Schwefelsäure gelöste umweltgefährdende Schwermetallsalze wie Vanadium. Die Friedrich-Schiller-Universität Jena hat nun eine Redox-Flow-Batterie entwickelt, die als Elektrolyt in Salzwasser gelöste recyclebare Polymere (Kunststoffe) nutzt. Die bislang verwendeten Behältergrößen dafür haben etwa die Größe einer Regentonne.]

pv magazine hat bereits im Juni über das 120 Millionen Euro teure Projekt berichtet.

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