Stickstoffdioxid macht krank

UBA-Studie ordnet Gesundheitsbelastung durch Stickstoffdioxid in Deutschland ein

Die NO2-Konzentrationen in der Außenluft in Deutschland führen zu erheblichen Gesundheitsbelastungen. Dies zeigt eine Studie des Umweltbundesamts (UBA), die am 08.03.2018 veröffentlicht wurde. Demnach lassen sich für das Jahr 2014 statistisch etwa 6.000 vorzeitige Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf die NO2-Hintergrund-Belastung im ländlichen und städtischen Raum zurückführen. Die Studie zeigt außerdem: Die Belastung mit Stickstoffdioxid steht im Zusammenhang mit Krankheiten wie Diabetes mellitus, Bluthochdruck, Schlaganfall, der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) und Asthma.

UBA-Präsidentin Maria Krautzberger: „Die Studie zeigt, wie sehr Stickstoffdioxid der Gesundheit in Deutschland schadet. Wir sollten alles unternehmen, damit unsere Luft sauber und gesund ist. Gerade in den verkehrsreichen Städten besteht Handlungsbedarf. Das hat das Bundesverwaltungsgericht bestätigt. Selbst Fahrverbote sind als letztes Mittel demnach möglich.“

Stickstoffdioxid-Studie – Abschlußbericht 03_2018 – Titel © UBA

Die Studie zeige unter anderem, dass acht Prozent der bestehenden Diabetes mellitus-Erkrankungen in Deutschland im Jahr 2014 auf Stickstoffdioxid in der Außenluft zurückzuführen waren. Dies entspreche etwa 437.000 Krankheitsfällen. Bei bestehenden Asthmaerkrankungen liege der prozentuale Anteil der Erkrankungen, die auf die Belastung mit NO2 zurückzuführen seien, mit rund 14 Prozent sogar noch höher. Dies entspreche etwa 439.000 Krankheitsfällen, so das UBA weiter.

Epidemiologische Studien ermöglichen zwar keine Aussagen über ursächliche Beziehungen. Jedoch liefern sie zahlreiche konsistente Ergebnisse über die statistischen Zusammenhänge zwischen negativen gesundheitlichen Auswirkungen und NO2-Belastungen.

Krautzberger: „Für die im Rahmen der Studie verwendeten Modellrechnungen liegen dabei bewusst vorsichtige Annahmen zugrunde: Zum einen wurden nur Krankheiten berücksichtigt, die mit hoher Gewissheit in Zusammenhang mit Stickstoffdioxidbelastungen stehen. Zum anderen wurden für NO2-Belastungen unterhalb von 10 ?g/m3 keine gesundheitlichen Auswirkungen berechnet, da hier aktuell nicht ausreichend verlässliche Studien vorliegen, die den Zusammenhang zwischen diesen niedrigen Konzentrationen und gesundheitlichen Effekten zweifelsfrei bestätigen. Zudem wurde für die Gesamtbevölkerung in Deutschland, aufgrund methodischer Limitationen, lediglich die NO2-Belastung des städtischen und ländlichen Hintergrunds berücksichtigt und bestehende Spitzenbelastungen an verkehrsreichen Straßen („Hot Spots“) nicht miteinbezogen.“

Um auch den Einfluss von Spitzenbelastungen beurteilen zu können, sei zusätzlich der verkehrsbezogene Anteil an der Krankheitslast durch NO2 exemplarisch für ausgewählte Modellregionen sowohl in Ballungsgebieten als auch in einem Flächenland geschätzt worden. Hier ergebe sich eine Erhöhung der Krankheitslast um bis zu 50 Prozent gegenüber den Regionen, in denen nur die Hintergrundbelastung zugrunde gelegt worden seien. „Dies belegt, dass die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle im Zusammenhang mit Stickstoffdioxid an stark belasteten Standorten deutlich höher liegt“, so Krautzberger.

Insgesamt sinkedie Belastung mit Stickstoffdioxid seit einigen Jahren leicht, allerdings würden die Grenzwerte vielerorts immer noch nicht eingehalten, wie auch die aktuellen Daten für das Jahr 2017 zeigten. „Eine bedeutende Ursache für schädliche Stickoxide in der Atemluft sind eindeutig Diesel-Pkw – auch außerhalb der hochbelasteten Straßen“, so Maria Krautzberger.

[note Für die aktuelle Studie wurde eine Vielzahl bereits publizierter wissenschaftlicher Untersuchungen ausgewertet. Es wurde zunächst geprüft, für welche gesundheitlichen Auswirkungen verlässliche statistische Zusammenhänge mit NO2-Belastungen nachgewiesen wurden. Hierzu wurden epidemiologische Studien recherchiert, deren Ergebnisse auf die deutsche Bevölkerung übertragbar sind.

Mess- und Modelldaten zur Stickstoffdioxid-Konzentration wurden mit Informationen zur Bevölkerungsdichte kombiniert. Die Verschneidung dieser Daten erlaubte eine Aussage über die Höhe der NO2-Belastungen, der die Menschen in Deutschland im Jahresdurchschnitt ausgesetzt waren. Verknüpft mit relevanten Statistiken zur Gesundheit der Bevölkerung (zum Beispiel der Todesursachenstatistik) und unter Nutzung des von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelten Konzepts zur Berechnung der umweltbedingten Krankheitslast (Environmental Burden of Disease) wurde berechnet, wie viele Erkrankungen und Todesfälle in Deutschland statistisch gesehen auf die Belastung durch Stickstoffdioxid zurückzuführen sind. Die Studie wurde für das UBA vom Helmholtz Zentrum München und der IVU Umwelt GmbH durchgeführt.]

Vorzeitige Todesfälle aufgrund von NO2 verursachten Herz-Kreislauferkrankungen im Zeitverlauf – Grafik © Umweltbundesamt 2017;  eigene Zusammenstellung;

Kommentar zur Studie von Greenpeace-Sprecher Niklas Schinerl

„Diese Studie liefert Andreas Scheuer die von ihm geforderte Versachlichung der Dieseldebatte. Auch der künftige Verkehrsminister kann nicht länger ignorieren, dass Stickstoffdioxide ein flächendeckendes Gesundheitsproblem sind. Es beschränkt sich nicht auf einige wenige Hauptstraßen oder einzelne Städte. Hundertausende Diabetiker und Asthmatiker sowie tausende vorzeitige Todesfälle sind der schockierende Beleg dafür, dass die Bundesregierung schnell wirksame Schritte zu besserer Luft einleiten muss. Verweigert Andreas Scheuer weiter die blaue Plakette und Hardware-Nachrüstungen, setzt er das verkehrspolitische Versagen seiner Vorgänger nahtlos fort.“

->Quelle: Umweltbundesamt.de/no2-krankheitslasten