Eingeschleppte Baumschädlinge gefährden Wälder

Wiener Forscher bewerten erstmals Auswirkungen auf Kohlenstoffspeicherung

Immer mehr Arten werden durch den Menschen in neue Gebiete eingeschleppt, darunter auch vermehrt Schadorganismen wie Insekten und Pilze, die Baumarten befallen und bei ungehinderter Ausbreitung zum Absterben großer Waldflächen führen können. Eine inzwischen in nature communications veröffentlichte Studie österreichischer Wissenschaftler hat nun erstmals die Folgen der möglichen Ausbreitung solcher Schadorganismen auf den europäischen Wald und seinen Kohlenstoffhaushalt untersucht.

Das Forscherteam um Rupert Seidl von der Universität für Bodenkultur und Stefan Dullinger von der Universität Wien zeigte, dass sich der im europäischen Wald gespeicherte Kohlenstoff durch fünf der gefährlichsten eingeschleppten Baumschädlinge bis zur Mitte des Jahrhunderts um knapp 400 Mio. Tonnen (das entspricht in etwa den 20-fachen Treibhausgasemissionen Österreichs) verringern könnte.

Abgestorbene Bäume – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Vom Menschen eingeschleppte Baumschädlinge: eine zunehmende Gefahr

In den vergangenen Jahrzehnten sind weltweit vermehrt Krankheitserreger und Parasiten von Bäumen durch den Menschen nach Europa eingeschleppt worden – meist als blinde Passagiere mit Holzimporten. Manche dieser Baumschädlinge haben das Potenzial, sich zu ernsthaften Gefahren für heimische Baumarten zu entwickeln. So bedroht etwa das durch einen eingeschleppten Pilz verursachte Eschen-Triebsterben aktuell den Fortbestand der Esche in Europa, während die heimischen Ulmenarten bereits in den letzten Jahrzehnten durch das Ulmensterben stark dezimiert wurden.

Viele der eingeschleppten Baumschädlinge sind allerdings erst seit kurzem in Europa und werden sich vermutlich in den kommenden Jahren noch weiter ausbreiten. „Unklar war bisher, wie große und welche Teile Europas durch eine weitere Ausbreitung betroffen sein werden, und ob der Klimawandel die Ausbreitung fördert, etwa in dem er weiter nördlich gelegene Gebiete besiedelbar macht“, so der Erstautor der Studie, Rupert Seidl von der Universität für Bodenkultur. „Außerdem haben wir noch wenig Wissen über die möglichen Folgen einer massiven Ausbreitung dieser Baumschädlinge auf die europäischen Wälder“, so Seidl weiter. Von besonderer Relevanz ist hier der Kohlenstoffhaushalt der Wälder, da großflächiges Absterben beträchtliche Mengen an Kohlenstoff freisetzen kann, die wiederum den Klimawandel zusätzlich anheizen.

Massive Kohlenstoff-Verluste als Folge absterbender Bäume in Europa

Die Autoren untersuchten die möglichen Folgen einer ungehinderten Ausbreitung von fünf besonders aggressiven eingeschleppten Baumschädlingen, die alle schon in Europa vorkommen, aber bisher auf kleine Regionen an den Rändern des Kontinents beschränkt sind. Die Ergebnisse sind alarmierend: „Eine ungehinderte Ausbreitung dieser Arten in Europa könnten bis zu 10% der lebenden Baumbiomasse betreffen. Dadurch würde sich die Kapazität des Waldes, Kohlenstoff zu speichern um bis zu 400 Mill. t verringern, was in etwa den Treibhausgasemissionen Österreichs von 20 Jahre entspricht“, erläutert Stefan Dullinger von der Universität Wien.

Fortschreitender Klimawandel erhöht dabei das Gefährdungspotenzial dieser Schadorganismen zusätzlich, da mit steigenden Temperaturen relativ große nord- und osteuropäische Waldgebiete für die eingeschleppten Baumschädlinge besiedelbar werden. „Unsere Studie zeigt, dass eingeschleppte Baumschädlinge massive Folgen für Wald und Klima aber natürlich auch für das Landschaftsbild mit sich bringen können“, fasst Stefan Dullinger die Ergebnisse der Studie zusammen. Daher ist es dringend notwendig, die weitere Ausbreitung dieser Schadorganismen zu unterbinden, etwa durch die Einrichtung von Quarantänezonen um schon befallene Gebiete sowie verstärkte Kontrollen im internationalen Handel.

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