„Erkenntnisse über unser Universum entscheidend ergänzen“

Neutrinos kommen auf die Waage

Am 11.06.2018 hat die genaueste Neutrinowaage der Welt – das Karlsruher Tritium-Neutrino-Experiment KATRIN – den Betrieb aufgenommen. Physiker wollen damit am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) eines der größten Geheimnisse der Neutrinos entschlüsseln – ihre Masse. Damit kommen sie den Grundbausteinen des Universums auf die Spur – so eine Medienmitteilung des BMBF.

KATRIN-Inauguration – Foto © Markus Breig, kit.edu

Bundesforschungsministerin Anja sagte dazu: „KATRIN ist ein Experiment der Superlative und wird die Erkenntnisse über unser Universum um ein entscheidendes Puzzleteil ergänzen. Ich gratuliere dem KIT und der Forschungskollaboration zum erfolgreichen Aufbau dieses anspruchsvollen Experiments. Gemeinsam mit Ihnen freue ich mich auf den nun anstehenden Start der Messphase und die ersten Forschungsergebnisse. Ein derartig wichtiges Experiment auf deutschem Boden stärkt den Forschungsstandort Deutschland“.

KATRIN ist ein internationales Projekt der physikalischen Grundlagenforschung. Hinter KATRIN verbirgt sich eines der größten Rätsel der Naturwissenschaft, nämlich das Rätsel ob Neutrinos eine Masse besitzen. Neutrinos sind die leichtesten, häufigsten, aber auch rätselhaftesten Teilchen in unserem Universum. Sie sind elektrisch neutral und wechselwirken mit ihrer Umgebung nur über die Gravitation und die sogenante schwache Kernkraft. Bis vor kurzem wurden Neutrinos im Standardmodell der Teilchenphysik als masselose Teilchen beschrieben. Aus Beobachtungen von atmosphärischen und solaren Neutrinos konnte in den vergangenen Jahren jedoch gezeigt werden, dass Neutrinos doch eine kleine Masse besitzen. Die Größe der Masse ist aber immer noch unbekannt. Das KATRIN-Experiment dient zur Bestimmung der Neutrinomasse auf 0.2 eV/c2 genau. Es ist ein visionäres Tritium-Betazerfalls-Experiment, das auf früheren Experimenten aufbaut, jedoch mit stärkerer Quelle und feineren Detektoren ausgestattet ist. Es arbeiten europäische und amerikanische Forscher zusammen. Momentan sind rund 200 Personen beschäftigt. Das gesamte Experiment findet am KIT-Campus Nord (früher Forschungszentrum Karlsruhe) statt, wo ein Großteil der benötigten Strukturen bereits vorhanden sind.

10 Mrd. pro Sekunde durch Fingernagel

Neutrinos werden als Geisterteilchen des Universums bezeichnet, denn nur mit erheblichem Aufwand sind sie überhaupt zu messen. Während sie sich mit nahezu Lichtgeschwindigkeit durchs Weltall bewegen, hinterlassen sie so gut wie keine Spuren. Auch jegliche Materie durchdringen sie nahezu ungehindert, selbst den menschlichen Körper: 10 Mrd. Neutrinos fliegen pro Sekunde durch jeden Fingernagel. Damit sind Neutrinos das zweithäufigste Elementarteilchen im Universum und spielen zudem eine entscheidende Rolle bei der Energieproduktion der Sonne. Aus neuen Erkenntnissen über diese Teilchen können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einzigartige Informationen über Entstehungsprozesse von Galaxien und Explosionen von Riesensternen gewinnen.

Technologie künftig bei Wasserstofftankstellen für Brennstoffzellenfahrzeuge nutzbar

Insgesamt beteiligen sich mehr als 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus sechs Ländern an KATRIN. Das Bundesforschungsministerium ist mit etwa 75 Prozent größter Geldgeber und investierte rund 50 Millionen Euro in den Bau. Zusätzlich fördert es im Rahmen der Verbundforschung Beiträge deutscher Universitäten zum KATRIN-Experiment. Unter anderem sind auf diese Weise der weltweit größte Ultravakuumtank (Fotos oben), ein besonders präzises Durchflussmessgerät für kalte Gase sowie die für das Experiment benötigte Messtechnik entstanden. Von dieser Hochtechnologie profitieren auch die Wirtschaft und Gesellschaft: Beispielsweise lässt sich die Technologie des Durchflussgeräts etwa für künftige Wasserstofftankstellen für Brennstoffzellenfahrzeuge nutzen.

->Quellen: