Wissenschaftler entdecken Wärmequelle unter verwundbarstem Gletscher – aber: Klimawandel nicht entlastet
Der Pine Island-Gletscher gilt als der am schnellsten schmelzende Gletscher der Antarktis und ist für rund ein Viertel des Eisverlustes des Kontinents verantwortlich, schrieb David Nield am 06.07.2018 in Science Alert über einen in Nature Communications publizierten Artikel („Evidence of an active volcanic heat source beneath the Pine Island Glacier“ – dt.: Aktive Wärmequelle unter dem Pine Island-Gletscher nachgewiesen). Nach neuen Forschungen ist der sich aufheizende Planet aber nicht der einzige Grund, warum der Gletscher Eis verliert. Doch es besteht kein Anlass für Klimaskeptiker zur Freude.
Basierend auf einer Analyse des Wassers rund um das westantarktische Eisschild, zu dem der Pine Island-Gletscher gehört, gibt es irgendwo darunter eine vulkanische Wärmequelle – und dieses Wissen wird entscheidend für die Vorhersage der Zukunft dieser riesigen Eisfläche sein. Das bedeute aber nicht, dass der Klimawandel als Hauptursache der Eisschmelze abgelöst würde, so das internationale Forscherteam. Noch sei die Rolle der neuen Wärmequelle unklar, aber der durch steigende Temperaturen bereits ausgelöste Eisverlust könnte den Gletscher mehr vulkanischer Aktivität aussetzen.
„Der Klimawandel verursacht den Großteil der Gletscherschmelze, die wir beobachten, und diese neu entdeckte Wärmequelle hat einen noch unbestimmten Effekt, weil wir nicht wissen, wie sich diese Wärme unter der Eisdecke verteilt“, sagt der Chemiker Brice Loose von der University of Rhode Island. „Die Vorhersage des Meeresspiegelanstiegs wird in den nächsten 100 Jahren eine Schlüsselrolle für die Wissenschaft spielen, und das tun wir auch. Wir beobachten und modellieren diese Gletscher.“
Anders ausgedrückt, der Kontext ist entscheidend – die überraschende Entdeckung negiert nicht alle bisherigen Forschungen, die den Klimawandel bis zu diesem Zeitpunkt mit dem Verlust des Gletschers in Verbindung gebracht haben, aber die vulkanische Wärmequelle könnte den Wissenschaftlern helfen, besser zu verstehen, warum sich die Eisschicht auflöst.
Im vergangenen Jahr brach ein viermal so großes Eisstück wie Manhattan vom Pine Island-Gletscher ab. Die Forscher suchten nicht nach vulkanischer Hitze unter dem Eis, sondern stellten hohe Konzentrationen von Helium-3-Gas in den Gewässern der Region fest – ein verräterisches Zeichen vulkanischer Aktivität. Weitere Analysen zeigten ein bestimmtes Heliumisotop in Verbindung mit einer aktiven Wärmequelle.
„Man kann normale Indikatoren für Vulkanismus – Hitze und Rauch – nicht direkt messen, weil der vulkanische Riss unter vielen Kilometern Eis liegt“, so Loose. Während das westantarktische Eisschild bereits auf einem vulkanischen Spaltsystem lag, gab es in den letzten zweitausend Jahren keine Anzeichen für eine Magma-Aktivität (geschmolzenes Gestein). Die Heliumisotope belegen das.
Eine aktive Wärmequelle in der Nähe des Pine Island-Gletschers zu finden, bedeutet, dass Wissenschaftler ihre Berechnungen darüber, wie schnell das Blatt schmelzen und zerbrechen könnte, ernsthaft überdenken müssen – und die Art von Meeresspiegelanstieg, die wir als Ergebnis sehen könnten. Wenn der gesamte Gletscher schmelzen würde, stiege der Meeresspiegel weltweit um etwa 50 Zentimeter an.
Veränderungen in der Wärme der Winde und der Meeresströmungen rund um die Antarktis sollen die schnelle Eisschmelze antreiben, aber jetzt gibt es einen neuen Faktor zu berücksichtigen – und die nächste Herausforderung besteht darin, herauszufinden, welchen zusätzlichen Effekt diese aktive vulkanische Wärmequelle hat. Da der Klimawandel den Gletscher schwächt und schmilzt, wird der Druck auf den Mantel verringert, sagen die Forscher. Das könnte dazu führen, dass mehr Wärme aus den darunter liegenden Gesteinen entweicht, was den Eisverlust vielleicht noch weiter beschleunigt.
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