„Pofalla sorgt für Irritationen“

Angeblich Kompromissvorschlag in der Kohlekommission

Am 15.09.2018 berichtete der SPIEGEL über einen Kompromissvorschlag der Kohlekommission. Demnach soll Bahnvorstand Ronald Pofalla, einer von vier Vorsitzenden der Kommission, „eine Kompromisslinie erarbeitet und diese im Umweltministerium sowie im Kanzleramt vorgestellt“ haben. Danach sollen bis 2020 Kraftwerke mit einer Leistung von insgesamt fünf bis sieben Gigawatt als Reserve vom Netz gehen. Spätestens 2027 soll geprüft werden, ob der Ausstiegspfad eingehalten werden kann. Die letzten Braunkohlemeiler sollen zwischen 2035 und 2038 abgeschaltet werden.

Braunkohlekraftwerk Schkopau, Sachsen-Anhalt – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Von allen Seiten kamen mehr oder weniger empörte Reaktionen. Den Natur- und Klimaschützern liegt Pofallas Termin (wenn er denn von ihm stammt) viel zu spät. Die Kohleseite, darunter der Energiekonzern RWE, die Energiegewerkschaft IG BCE sowie Landes- und Kommunalpolitiker aus den Kohleländern NRW, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen, wollen den Ausstieg auf die Zeit nach 2040 verschieben. 2038 sei als Termin nicht akzeptabel, hieß es bei RWE. Die Lausitzer Rundschau berichtete am 17.09.2018, der Konzernbetriebsrat des Braunkohlekonzerns Leag habe den Rücktritt von Pofalla gefordert: „Der Bahn-Manager Pofalla habe mit seinen Äußerungen über einen Kohle-Ausstieg zwischen 2035 und 2038 bewiesen, dass er fachlich wie charakterlich ungeeignet sei, die verantwortungsvolle Aufgabe eines Co-Vorsitzenden der Kommission auszuüben, sagte Uwe Teubner, Konzernbetriebsratsvorsitzender bei der Leag.“

„Pofalla sorgt für Irritationen“, titelte dazu die Frankfurter Rundschau – und: „Ronald Pofalla äußert sich zum Kohleausstieg und löst damit Empörung aus. Am Sonntag [16.09.2018] wurde klar, dass es vieles geben mag in der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission, nur eines derzeit ganz gewiss nicht: Eine Übereinkunft zu Pofallas Dreijahreskorridor oder auf überhaupt irgendein konkretes Ausstiegsszenario.“ Laut Berliner Zeitung hat BUND-Chef Hubert Weiger mit Blick auf den Hambacher Forst „gar mit einem Ausstieg aus dem Gremium gedroht, sollte RWE tatsächlich mit dem Fällen der Bäume beginnen und damit Fakten schaffen. Die kohlekritischen Vertreter, zu denen auch der Vorsitzende des Deutschen Naturschutzrings Kai Niebert zählt, plädieren für ein Ende der Braunkohleverstromung bis 2030“.

Der Neuen Osnabrücker Zeitung fiel dagegen auf: „Dass ausgerechnet ein Getreuer von Kanzlerin Merkel, die bislang nicht mit übertriebenem Eifer bei der Energiewende aufgefallen ist, [einen Vorschlag hat,] erstaunt. Aber vielleicht war genau die nun entstandene Unruhe kalkuliert.“ Und die NOZ konstatiert auffallende Einigkeit in der Ablehnung, allerdings nicht in den Begründungen: „Im Chor heulen die höchst unterschiedlichen Mitglieder der Kommission auf: Die Energieriesen RWE aus Nordrhein-Westfalen und Leag aus der Lausitz, aber auch Greenpeace und die beteiligten Landesregierungen singen mit komplett unterschiedlichen Zielen dennoch das wortgleiche Klagelied, wonach noch gar nichts besprochen oder gar beschlossen sei. Böser, böser Pofalla. Wenn aber alle Seiten derart jammern, dann hat Pofalla etwas richtig gemacht. Und sei es nur, dass der Bahnvorstand Schwung in die Debatte bringt – mit Merkels Schlafwagen-Politik wird die Energiewende nämlich nicht zu schaffen sein.“

Greenpeace-Geschäftsführer und Kohlekommissionsmitglied Martin Kaiser zeigte sich „irritiert“: „Von einer Einigung in der Kommission kann keine Rede sein. Die Verhandlungen über das Tempo des Kohleausstiegs haben in der Kommission nicht einmal begonnen. Greenpeace kennt keinen Vorschlag von Herrn Pofalla, und wir sind irritiert, dass er eigene Vorschläge mit Bundesministerien diskutiert, bevor sie in der Kommission besprochen werden. Wir erwarten, dass Pofalla seinen Vorschlag in der kommenden Sitzung der Kommission vorstellt.“

Die Kommission werde den gesellschaftlichen Konflikt um den Kohleausstieg – so Kaiser – nur dann lösen, wenn das Ausstiegsdatum Deutschlands Beitrag zur in Paris vereinbarten Temperaturgrenze sicherstelle, maximal 1,5 Grad Temperaturanstieg. Kaiser glaubt, „Pofallas Vorschlag aber dürften alleine Vertretern der Konzerne und Bergbaugewerkschaft unterstützen“ – doch das taten die nicht. Weiter verwies Kaiser auf den Hambacher Forst: „Der täglich breiter werdende friedliche Protest gegen RWEs irrsinnige Kohlepläne zeigt, dass viele Menschen endlich klare Schritte zu mehr Klimaschutz erwarten. Die letzten Kohlemeiler erst in der zweiten Hälfte der 30er Jahre vom Netz zu nehmen, ist wenig mehr als ein ,Weiter so‘. Das können sich weder Deutschland noch der Schutz des Klimas leisten.“

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