Weltneuheit: Solarthermische Jalousie

Energie für Gebäude

Ein Hemmnis für den flächendeckenden Einsatz von Solarthermie ist bislang unter anderem, dass sich potenzielle Kunden am Erscheinungsbild der Kollektoren als „schwarze Rechtecke auf dem Dach“ stören. Deshalb werden im Projekt Arkol zwei neuartige Fassadenkollektoren entwickelt: ein Streifenkollektor für die ästhetisch flexible Gestaltung von opaken Flächen der Gebäudehülle und eine solarthermische Jalousie für die transparenten Flächen. Die Jalousie hat dabei die volle Beweglichkeit einer normalen Jalousie. Nur die zusätzliche Funktion der Wärmeabfuhr von den  Lamellen unterscheidet sie von herkömmlichen Installationen – schreiben Christoph Maurer und Sören Nungesser im Forschungsblog Innovation 4E des Fraunhofer ISE.

Fassadenkollektor mit Doppelfunktion

Hochhäuser in Großstädten haben mit ihrer Ästhetik Breitenwirkung, obwohl sie oft einen sehr großen Energieverbrauch haben. In vielen Fällen werden dabei Jalousien zwischen Glasscheiben eingesetzt, die aufgrund der Sonneneinstrahlung Temperaturen bis zu 100 °C erreichen können. Die solarthermische Jalousie nutzt diese überschüssige Wärme und führt sie über in den Lamellen verbaute Heat-Pipes dem Warmwasserspeicher des Gebäudes zu. Das reduziert auch die Temperatur der raumseitigen Oberfläche und den Kühlbedarf des Gebäudes. Die solarthermische Jalousie sorgt somit als multifunktionales Fassadenelement nicht nur für ein angenehmes Raumklima und guten Blendschutz sondern verringert gleichzeitig den Energiebedarf des Gebäudes z.B. für Warmwasser oder Klimatisierung.

Visualisierung einer Fassade mit Streifenkollektor (li.) und solarthermischer JalousieFacade-Lab – Bild © blog.innovation4e.de

Technische Umsetzung: Sichere und einfache Installation dank trockener Anbindung

Für den Wärmetransport von den beweglichen Lamellen in die stationären Sammelleitungen wurde eine schaltbare thermische Kopplung entwickelt. Ein Aluminiumadapter, der mit der Heat-Pipe verbunden ist wird von einem Anpressrahmen mittels Druckfedern an den Sammelkanal, einem vertikal in der Fassade verlegten Wärmetauscher, angepresst. Wenn die Position der Lamellen verstellt werden soll, wird der Presskontakt gelöst und die Jalousie ist so beweglich wie jede andere. Diese Technologie wurde auch zum Patent angemeldet. Im ersten Labortestmuster, das in den letzten Monaten am Fraunhofer ISE angefertigt und montiert wurde, wird das Öffnen der thermischen Kopplung mit Hilfe von Hubmagneten realisiert. Auch eine Anpressmechanik über eine Nockenwelle kann je nach Konstruktion verwendet werden.

Die trockene Anbindung der thermischen Elemente gewährleistet nicht nur die notwendige Beweglichkeit und gute Wärmeleitung, sondern bietet gleichzeitig Vorteile hinsichtlich Montage, Wartung und Betriebssicherheit. Auch für die Nutzung von Heat-Pipes in horizontal ausgerichteten Lamellen wurden neue Konzepte erarbeitet. So wurde z.B. mit verschiedenen Füllständen des Arbeitsmediums hinsichtlich des optimalen Wirkungsgrades experimentiert. Nicht zuletzt müssen alle Komponenten so ausgelegt sein, dass sie trotz potenziell hoher Temperaturen im Inneren der Doppelfassade über die in der Branche üblichen Zeiträume von 30 Jahren hinweg möglichst wartungsfrei funktionieren.

Funktionsweise der schaltbaren thermischen Kopplung zwischen Jalousielamellen und Sammelkanal – Bild © Fraunhofer ISE

Innovativ und trotzdem wettbewerbsfähig

Im Vergleich zu nachgerüsteten Solarthermie Kollektoren wird die solarthermische Jalousie laut ersten Schätzungen auch beim Thema Kosten gut abschneiden. Sie wird aus massenproduzierten Teilen hergestellt und stellt wenig zusätzliche Anforderungen an Fassadenbauer, Monteure und Installateure. Die Montage von Jalousien in Closed-Cavity-Facades ist bereits gängige Praxis, daher ist der zusätzlich Aufwand gering. Mit Blick auf die Lebensdauer einer Fassade wird es voraussichtlich sogar wirtschaftlicher sein, solarthermische Jalousien zu verwenden als nur konventionelle Jalousien. Das erste geplante Einsatzgebiet werden Hochhausprojekte sein, die in die Architektur des Alltags ausstrahlen und die schon aufgrund der großen Flächen den Markt für die Massenproduktion der solarthermischen Jalousie öffnen.

Als nächster Schritt, vor dem Bau einer Demonstratorfassade aus mehreren Modulen, sind thermische Messungen auf dem Prüfstand am Labortestmuster geplant. Dabei sollen vor allem die Erträge bei unterschiedlichen Anstellwinkeln der Lamellen in Relation zum Sonnenstand gemessen werden. Die Ergebnisse werden dazu verwendet, um ein Simulationsmodell der solarthermischen Jalousie zu erstellen, mit dem man in Zukunft verschiedene Varianten in einem Bauvorhaben schnell am Computer miteinander vergleichen kann.

Im Oktober 2018 und im Januar 2019 wird das Labortestmuster auf den Messen Glasstec und BAU erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

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