Wärme aus Windkraft möglich

Voraussetzung: Faires Steuer- und Abgabesystem

Mit Wärme aus Windstrom eine Gemeinde beliefern, mit Resten aus der Käseherstellung Energie erzeugen und Elektromobile durch flexibles Be- und Entladen als Stromspeicher nutzen – diese und weitere Beispiele für die Verknüpfung der Energiesektoren Strom, Wärme und Mobilität waren Thema einer Veranstaltung organisiert von der Netzwerkagentur Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein (EE.SH) mit sechs kooperierenden Forschungs- und Wirtschaftsförderungsinstitutionen unter dem Titel „Werkstatt Wissenschaft Wirtschaft – Praxis der Sektorkopplung“.

Windenergie auf Fehmarn – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Vorgestellt wurden dort Projekte, die bereits jetzt wirtschaftlich betrieben werden – wie eine Biogasanlage, die ein halbes Dorf mit Nahwärme beliefert – bis hin zu Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wie dem Großprojekt NEW 4.0 mit dem Ziel, Hamburg und Schleswig-Holstein im Verbund optimal mit erneuerbaren Energien zu versorgen. Prof. Hans Schäfers von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, die am Projekt beteiligt ist, nannte die Möglichkeiten, durch Beteiligung von Industriebetrieben die Schwankungen in der Erzeugung von Wind- und Solarstrom auszugleichen: Wenn viel Strom erzeugt werde, könne beispielsweise die Hamburger Aluminiumhütte ihre Elektrolyse auf Hochtouren fahren, bei geringerer Stromerzeugung dagegen drosseln.

[note Unter dem Titel „NEW 4.0“ hat sich in Hamburg und Schleswig-Holstein eine einzigartige Innovationsallianz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik gebildet. In einem länderübergreifenden Großprojekt soll gezeigt werden, wie die Gesamtregion mit 4,5 Millionen Einwohnern bereits 2035 zu 100 Prozent mit regenerativem Strom versorgt werden kann – sicher, zuverlässig, gesellschaftlich akzeptiert und mit deutlichen CO2-Einsparungen.“NEW“ steht für die Norddeutsche EnergieWende und „4.0“ beschreibt die Schwelle zur vierten industriellen Revolution: die Digitalisierung der Industrie und die intelligente Vernetzung der Systeme im Rahmen der Energiewende. Das Projekt ist für 4 Jahre – von 2016 bis 2020 – angesetzt. NEW 4.0 will eine nachhaltige Energieversorgung realisieren und damit die Zukunftsfähigkeit der Region stärken. Rund 60 Partner in der Region vereinen alle erforderlichen Kompetenzen und Lösungspotentiale, um die Energiewende im Norden entscheidend voranzubringen und wirksamen Klimaschutz zu betreiben.]

Nur mit flexibler Steuerung und Kommunikation der Energieerzeuger und -verbraucher untereinander, so wurde deutlich, ist die Energiewende zu schaffen. „Die Digitalisierung ist ein wichtiges Element der Sektorkopplung“, betonte Johannes Grützner vom schleswig-holsteinischen Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND). Er stellte Elemente für einen „Fahrplan Sektorkopplung“ vor: Die Einführung eines fairen Systems von Steuern, Abgaben und Umlagen sowie einer CO2-Bepreisung, die Förderung von Pilot- und Demonstrationsvorhaben, die Schaffung der nötigen Infrastruktur (Speicher, Wärmenetze, Stromnetze etc.) und die Digitalisierung als wichtige Voraussetzung für ein Gelingen der Sektorkopplung.

Während Schleswig-Holsteins Strombedarf bereits jetzt zu über 100 Prozent aus Wind- und Sonnenenergie gedeckt werden kann, liegt der Beitrag Erneuerbarer Energien zur Wärmeversorgung nur bei 14%, zu Kraftstoffen bei 5%. In Pilotprojekten wird mit Windstrom durch Elektrolyse Wasserstoff hergestellt (Power-to-Gas). Dieses Gas kann wiederum in Autos, Lastwagen oder Triebwagen mit Brennstoffzellenantrieb genutzt, mit Erdgas vermischt oder zu Methan und anderen Gasen oder chemischen Produkten weiterverarbeitet werden. Auch Gebäude ließen sich mit Brennstoffzellen heizen.

Stephan Finnern von der Raffinerie in Heide präsentierte, wie sein Unternehmen die bereits vorhandene Infrastruktur zur Gasgewinnung und -verarbeitung nun für „grünen“ Wasserstoff nutzen will. In der Dithmarscher Kreisstadt soll im Rahmen des Projekts QUARREE 100 außerdem ein ganzes Stadtviertel mit Gas aus Erneuerbaren Quellen versorgt werden, wie Martin Eckhard von der Entwicklungsagentur Region Heide vorstellte.

„Ideen und technische Möglichkeiten, um erneuerbare Energieträger auch für die Wärmeversorgung und die Mobilität zu nutzen, sind da – jetzt ist die Politik gefordert, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit diese Projekte wirtschaftlich betrieben werden können“, fasste Axel Wiese von der Netzwerkagentur EE.SH zusammen.

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