Kleine Anfrage der FDP: Warnung vor „Doppelbepreisung“ von CO2-Emissionen im Luftverkehr
Fliegen ohne CO2-Emissionen wird nach Ansicht der Bundesregierung noch länger nur begrenzt möglich sein. Aktuell seien beispielsweise noch keine größeren Mengen von aus erneuerbaren Energien generierten, strombasierten Treibstoffen verfügbar, schreibt die Bundesregierung – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag – in einer Antwort (19/5784) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/5175). Die Bundesregierung unterstütze Pilotvorhaben zur Herstellung synthetischen Kerosins. Auch die Einbeziehung des innereuropäischen Flugverkehrs in den europäischen Emissionshandel (ETS) bewertet die Bundesregierung positiv. Es seien „wertvolle Erfahrungen im Bereich Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung“ gesammelt worden. Diese Erfahrungen hätten international eine Vorbildfunktion, heißt es in der Antwort. (hib/SCR)
Im Wortlaut: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bernd Reuther, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/5175 – „CO2-Emissionen im Luftverkehr“
Vorbemerkung der Fragesteller:
„Mit der Umsetzung der Klimaschutzziele der International Air Transport Association (IATA) und der Einführung des Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) durch die International Civil Aviation Organization (ICAO) ist ein wichtiger Baustein der Klimaschutzstrategie für die Luftfahrt schon gelegt. Bereits heute verpflichtet sich die internationale Luftfahrt, ihre Treibstoffeffizenz um jährlich 1,5 Prozent zu steigern. Dies gelingt durch Innovationen bei der Flugzeug? und Triebwerkstechnik, Investitionen in energieeffizientere Flugzeuge sowie optimal aufeinander abgestimmte betriebliche Prozesse am Boden und in der Luft (www.bdl.aero/de/publikation/klimaschutzreport).
Der internationale Flugverkehr verursacht knapp 2,5 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen (vgl. www.bdl.aero/klimaschutzreport_2016). Um diesen Wert bei gleichzeitigem Wachstum nicht zu steigern, setzt sich die Luftfahrtbranche ehrgeizige Ziele. In der EU kann durch den seit 2012 eingeführten europäischen Emissionshandel (EU-ETS) bereits seit dem Jahr der Einführung ein CO2-neutrales Wachstum verzeichnet werden. Weltweit will die Branche durch die im Jahre 2020 angesetzte Einführung eines globalen Emissionshandels (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation, CORSIA) ein klimaneutrales Wachstum gewährleisten. Bis 2050 soll der jährliche CO2-Ausstoß bereits 50 Prozent unter dem des Jahres 2005 liegen (www.iata.org/policy/environment/Pages/climate-change.aspx).“
1. Wie bewertet die Bundesregierung den derzeitigen Emissionshandel in der EU nach EU-ETS für den Luftverkehr?
Im Rahmen des Pariser Klimaabkommens hat sich die Europäische Union verpflichtet, bis zum Jahr 2030 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu senken. Die zwei wichtigsten klimapolitischen Instrumente zur Umsetzung dieses Ziels sind dabei der europäische Emissionshandel und die Zielverteilungsverordnung in den Non-ETS Sektoren. Im EU-ETS sollen die Emissionen bis 2030 um 43 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 reduziert werden. Das europäische Emissionshandelssystem (EU-ETS) ist ein zentrales Instrument der europäischen Klimapolitik und erfasst die Sektoren Industrie und Energie sowie den innereuropäischen Luftverkehr. Mit dem EU-ETS im Luftverkehr konnten unter anderem auch wertvolle Erfahrungen im Bereich Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung gesammelt werden, die im internationalen Kontext eine Vorbildfunktion haben.
2. Welche Haltung hat die Bundesregierung gegenüber der Einführung eines internationalen Emissionshandelssystems (CORSIA)?
3. Wie bewertet die Bundesregierung eine Eingliederung von (EU-ETS) in ein international gültiges System (CORSIA)?
4. Welche Folgen hätte eine solche Integration nach Einschätzung der Bundesregierung für die deutsche Luftverkehrswirtschaft?
5. Wird die Bundesregierung auf europäischer Ebene aktiv werden, um eine Doppelbepreisung für CO2-Emissionen zu verhindern?
6. Welche Maßnahmen kann die Bundesregierung ergreifen, um eine Doppelbepreisung für CO2-Emissionen zu verhindern?
Die Fragen 2 bis 6 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Der Beschluss zur Einführung des globalen Klimaschutzinstruments Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) wird von der Bundesregierung begrüßt. Das Verhältnis EU-ETS/CORSIA ist noch nicht geklärt. Eine Bewertung ist daher aus Sicht der Bundesregierung noch nicht möglich.
7. Wann ist nach Einschätzung der Bundesregierung CO2-freies Fliegen möglich? Was ist dafür notwendig?
8. Welche Rolle können aus Sicht der Bundesregierung Technologie- und Infrastrukturverbesserungen bei der Einsparung von CO2-Emissionen spielen?
Die Fragen 7 und 8 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Nach Einschätzung der Bundesregierung ist CO2-freies Fliegen auf absehbare Zeit nur begrenzt möglich. Hierzu können beispielsweise elektrische oder wasserstoffbasierte Antriebe auf Basis Erneuerbarer Energien sowie der Einsatz CO2-neutraler Flugkraftstoffe, hergestellt aus erneuerbarem Strom, Wasser und der Atmosphäre entzogenem CO2, einen Beitrag leisten. Anlagen zur Herstellung sogenannter Power-to-Liquid (PtL) Flugkraftstoffe könnten nach der notwendigen Planungs- und Bauphase für großtechnische Anlagen sowie der erforderlichen erneuerbaren Energiebereitstellung in größerem Maßstab zum Einsatz kommen.
Zur Erforschung und Erprobung alternativer Treibstoffe im Luftverkehr stellt die Bundesregierung im Rahmen verschiedener Förderprogramme Mittel zur Verfügung. Von der Bundesregierung unterstützte Pilotvorhaben zur Herstellung von synthetischem Kerosin aus erneuerbaren Energien laufen bereits. Größere Mengen an strombasierten Treibstoffen sind derzeit jedoch noch nicht verfügbar.
Aufgrund der prognostizierten jährlichen Wachstumsraten des globalen Luftverkehrs können technologische Verbesserungen und flugbetriebliche Maßnahmen aus Sicht der Bundesregierung nur in verhältnismäßig geringem Umfang zur Reduktion von CO2-Emissionen im Luftverkehr beitragen. Ein weiteres Reduktionspotenzial besteht aus Sicht der Bundesregierung in der Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn, was u. a. durch einen Ausbau des Hochgeschwindigkeits-Schienenverkehrs erreicht werden kann (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/4784).
Hintergrund: Seit Jahren umstritten und verschleppt
Der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) gehören 191 Staaten einschließlich aller 28 EU-Mitgliedstaaten an. Sie ist zuständig für die Festlegung verbindlicher Standards für die Luftfahrt sowie die Regelung der internationalen Luftverkehrsrechte. Die ICAO hat 2013 beschlossen (ICAO-Resolution A38-17/2 und A38-18), die weltweiten CO2-Emissionen aus der internationalen Luftfahrt – also aus grenzüberschreitenden Flügen – auf dem Niveau von 2020 zu stabilisieren („ICAO-Ziel“) und einen „globalen marktbasierten Mechanismus“ zur Begrenzung von Treibhausgasemissionen zu konzipieren, der auf der 39. ICAO-Versammlung im Herbst 2016 festgelegt werden und ab 2020 gelten sollte. Flüge aus der EU und in die EU bleiben bis 2021 von CO2-Abgaben befreit. Solange hat die Internationale Luftfahrtorganisation ICAO Zeit, eine gleichwertige, internationale Lösung zu finden. Die Anwendung des ETS auf internationale Flüge aus und in die EU wurde bis Ende 2016 auf Druck der USA, Chinas und anderen Drittstaaten ausgesetzt. Ab 01.01.2021 würden die interkontinentalen Flüge alldings unter das ETS fallen, wenn die ICAO keine gleichwertigen, international gültigen Alternativen vorschlägt. (Siehe: solarify.eu/co2-emissionen-im-luftverkehr-begrenzen – und euractiv.de/interkontinentalfluege-bleiben-bis-2021-von-eu-emissionssystem-ausgenommen.
Solarify meint: Die Regierung verweist auf „weiteres Reduktionspotenzial in der Verlagerung von Kurzstreckenflügen auf die Bahn“, die aber verteuert sie gerade. Dieser Kurs gibt Regierung und das ganze Land bei COP24 der Lächerlichkeit preis
->Quellen: