„Inlandsflüge verbieten!“

CO2-Bilanz: Schellnhuber fordert Abschaffung innerdeutscher Verbindungen und Flugreisenbudget – EU diskutiert Kerosinsteuer

„Weiter wie bisher“ führt in den Abgrund, lautet sinngemäß der Weckruf von Prof. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor emeritus des Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). In einer Keynote anlässlich des CSR Days auf dem ITB Berlin Kongress richtete er einen dringlichen Handlungsappell an die Branche: Wenn wir vermeiden wollten, dass es angesichts eines steigenden Meeresspielgels irgendwann keine Strände mehr gibt, müssten Inlandsflüge verboten und ein Flugreisenbudget eingeführt werden. Dafür schlug er unter anderem den Aufbau eines effizienten Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnnetzes in Europa und alternative Antriebe für Kreuzfahrtschiffe vor.

Startendes Flugzeug in Berlin-Tegel – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Dass Flüge die CO2-Bilanz in die Höhe treiben, ist längst eine Binsenweisheit. Dennoch fliegen die Deutschen soviel wie nie – mehr als 80 Millionen Passagiere sind im vergangenen Sommer laut Statistischem Bundesamt von deutschen Flughäfen gestartet. Daher zieht Schellnhuber die Reißleine: In einem Interview mit BBB TV – Bürger für Berlin und Brandenburg TV – forderte er, Inlandsflüge abzuschaffen.

Kerosinsteuer dringend notwendig

Ausgerechnet auf der Tourismus-Messe ITB, dem Markt für Vielflieger in Berlin, hielt er einen vielbeachteten Vortrag über die Erderwärmung und deren Folgen. Kernaussage: Wenn die Menschheit so weiter macht, wird es bald keine Urlaubsziele mehr geben. „Innerdeutsche Flüge gehören verboten“, sagt er am 08.03.2019. Stattdessen sollten sie ersetzt werden durch Hochgeschwindigkeitszug-Systeme. „Das ist eine der Innovationen, die ich ganz oben auf der Tagesordnung sehen würde für die Bundesregierung und die Europäische Union“, sagt Schellnhuber. Außerdem solle Fliegen wieder so etwas wie ein Luxussegment werden. Fliegen sei nur so billig, weil es noch keine Besteuerung auf Kerosin gebe. Schellnhuber fordert deswegen, ein lebenslanges Flugreisen-Budget von zum Beispiel 20 Flügen pro Person und einen ordentlichen Preis. „Dann würde sich der Flugverkehr von selbst wieder auf ein erträgliches Maß einpendeln“, sagt er.

Zwar habe der Flugverkehr (noch) nur einen relativ geringen Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß, aber die Zuwachsraten seien enorm. „Vor 30 Jahren hätten wir noch auf relativ einfache Weise die Erderwärmung auf ein vernünftiges Maß begrenzen können“, sagte Schellnhuber laut dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, „jetzt stehen wir vor einer dramatischen Situation“.

Am 05.03.2019 hat Belgien seinen europäischen Partnern in der EU die Besteuerung des Luftverkehrs vorgeschlagen und von vier weiteren EU-Staaten Unterstützung für den den Vorschlag bekommen, berichteten die VRT Nachrichten, das deutschsprachige Nachrichtenangebot des öffentlich- rechtlichen flämischen Rundfunks VRT. Eine europäische Kerosinsteuer von 33 Cent pro Liter würde jährlich 9,5 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen spülen. Eine feste Steuer von 10 Euro auf Tickets innerhalb der EU und 20 Euro außerhalb der EU würde 11 Milliarden Euro einbringen. Und ein Mehrwertsteuersatz von 15% auf Flugtickets würde gar 17 Milliarden Euro ausmachen.  Das zeigten Berechnungen der Umweltorganisation Transport & Umwelt.

Solarify meint: Verbote sind immer die zweitbeste Lösung, aber wir haben halt nicht mehr viel Zeit: Nicht umsonst propagieren viele Experten die „chinesische Lösung“ – Anordnung klimarettender Maßnahmen von oben. Vielleicht sagen unsere Enkel, dann längst an eine Begrenzung von Flügen gewöhnt: „Schellnhuber hatte damals Recht, auch wenn unsere Großeltern das überhaupt nicht passte.“

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