…wenn moralische Selbstverständlichkeiten nicht mehr ausreichen

Ethik in Technikwissenschaften und Unternehmen

Eher eine Binsenweisheit, aber immer wichtiger: Nicht alles, was technisch machbar ist, ist auch sinnvoll. Ethische Kriterien gewinnen vor dem Hintergrund der rasanten technologischen Entwicklung durch Digitalisierung und Einsatz Künstlicher Intelligenz zunehmend an Bedeutung. Am Institut für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung der Leibniz Universität Hannover forschen jetzt zwei Promotionsstipendiaten über das Thema „Ethik in Technikwissenschaften“. Die Kurt-Alten-Stiftung fördert beide Stellen mit insgesamt rund 210.000 Euro.

Anlässlich der ersten Beiratssitzung zu den Stipendien lud die Leibniz Universität am 22.03.2019 zu einem Pressegespräch mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie in die Demofabrik des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums auf dem Messegelände Hannover ein. Themen des Gesprächs waren die Bedeutung der Ethik in den Technikwissenschaften und wie ethisches Handeln im Unternehmen im Zuge der Digitalisierung funktionieren kann.

Prof. Stephan Kabelac, Studiendekan der Fakultät Maschinenbau der Leibniz Universität Hannover, dazu: „Die Leibniz Universität Hannover will mit diesen Stellen belastbare Grundlagen schaffen für die weitere Integration des Themas Ethik in die Lehre technischer Fächer. Die Forschung der Stipendiaten ergänzt vortrefflich die Arbeit der Zentralen Ethik-Kommission der Universität, die die ethische Zulässigkeit von Forschungsvorhaben am Menschen und mit Daten vom Menschen, die an der Universität oder der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover durchgeführt werden sollen, prüft und beurteilt“, sagt .

Und Prof. Ulrich von Jeinsen, Vorsitzender der Kurt-Alten-Stiftung: „Unser Engagement in diesem Bereich entspricht in hervorragender Weise unserem Stiftungszweck“, sagt der  . „Die Stiftung fördert junge Menschen, die das Potenzial haben, zur künftigen Elite, u. a. in Wirtschaft und Politik, zu gehören. Um ihnen das richtige Rüstzeug mitzugeben, sind die Berücksichtigung und Beantwortung ethischer Fragestellungen von zentraler Bedeutung.“

Prof. Steffi Robak, Leiterin des Instituts für Berufspädagogik und Erwachsenenbildung der Leibniz Universität Hannover und Betreuerin der beiden Stipendiaten, sieht im Bereich der Weiterbildung dringenden Handlungsbedarf: „Die Weiterbildung muss auf die gestiegenen Anforderungen vorbereiten. Unternehmen und Bildungsorganisationen brauchen die Unterstützung im Umgang mit der Digitalisierung und dem Leben und Arbeiten in technologischen Umwelten. Durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Ethik entstehen andere Sichtweisen und Einstellungen, die insbesondere für Führungskräfte und angehende Führungskräfte bei der Umsetzung neuer Technologien im Betrieb hilfreich sind.“

Wie Unternehmen ihre Beschäftigten erfolgreich in die Einführung neuer technischer Systeme auch mit Blick auf ethische Fragestellungen einbinden können, erläutert Axel Schmidt, Director Engineering der Sennheiser GmbH: „Wir haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Anfang an an den Entwicklungsprozessen digitaler Technologien für unsere Fertigung beteiligt. Sie haben diese Technologien aktiv mitgestaltet. Und: Wir haben in Abstimmung mit ihnen den Einsatz im Unternehmen festgelegt.“ Schmidt: „Der Erfolg unserer Maßnahmen hat unsere Vorgehensweise bestätigt.“

Für das Pressegespräch hatte die Leibniz Universität Hannover Prof. Walther Christoph Zimmerli, Professor für Philosophie, u. a. Gründungspräsident der Volkswagen AutoUni und Mitglied bei acatech (Akademie der Technikwissenschaften), gewinnen können. Im Rahmen von Pluralismus und Digitalisierung, so Zimmerli, sei die Ethik erforderlich, wenn moralische Selbstverständlichkeiten nicht mehr ausreichen. Die Umsetzung ethischer Grundsätze müsse geübt werden. Zimmerli: „Modelle der allgemeinen Ethik ebenso wie die der professionellen Ingenieurethik kann man in der Aus- und Weiterbildung lernen, die zu ihrer Umsetzung, zum Beispiel in den Unternehmen, erforderliche Urteilskraft muss aber geübt werden.“

Erste Ergebnisse bezüglich ethischer Prämissen für Entscheidungsprozesse und ihrer Verortung in den Technikwissenschaften erwartet Betreuerin Robak Endes dieses Jahres.

->Quelle: uni-hannover.de/ethik-in-den-technikwissenschaften