„Die Zeit drängt“

Grüne legen Sofortprogramm für Klimaschutz vor

Fliegen und Autofahren sollen teurer werden, Bahnfahren günstiger: Nach einem Plan von Bündnis 90/Die Grünen soll klimaschädliches Verhalten mehr Geld kosten. Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Parteichefin Annalena Baerbock und Fraktionschef Anton Hofreiter stellten am 28.06.2019 in Berlin ihr „Sofortprogramm Klimaschutz“ vor. Die Grünen wollen für den Klimaschutz den Treibhausgas-Ausstoß beim Autofahren und Heizen um 40 Euro pro Tonne Kohlendioxid verteuern. Zugleich soll die Stromsteuer so gut wie abgeschafft werden und jedem Bürger pro Jahr ein „Energiegeld“ von 100 Euro gezahlt werden.

Parteichefin Annalena Baerbock sagte, es gehe um konkrete Maßnahmen, die über den Sommer erarbeitet werden könnten. Die Zeit dränge. Die Bundesregierung müsse endlich den Stillstand beenden und z.B. die Rechtsgrundlage für den geplanten Kohleausstieg angehen.

Zum Sofortprogramm Klimaschutz von Bündnis 90/Die Grünen ein Kommentar von Olaf Bandt, Geschäftsführer Politik und Kommunikation beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND):

„Der BUND begrüßt, dass die Grünen ein Sofortprogramm Klimaschutz vorlegen und damit die Regierung weiter unter Druck setzen, endlich zu handeln. Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Unterstützung, um auf einen sicheren Pfad zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels zu kommen. Hervorzuheben sind daher die Übereinstimmungen mit dem gestern vorgelegten SPD-Impulspapier zu Klima- und Umweltschutz. Nun sind die Unionsparteien am Zug und müssen zeigen, ob sie beim Thema Umweltschutz handlungs- und zukunftsfähig sind.

Die Forderungen der Grünen nach einem dynamischen Ausbau der erneuerbaren Energien und nach einer 180-Grad-Wende in der europäischen Agrarpolitik sind absolut richtig. Durch das Deckeln von Solar und Windkraft werden selbst die eigenen – zu niedrigen – Ausbauziele der Bundesregierung für die Erneuerbaren nicht erreicht, bei der Reform der gemeinsamen Agrarpolitik werden jetzt die Weichen in Brüssel gestellt.

Die Regierungsparteien müssen sich schleunigst einig werden und entschieden umsteuern. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien gilt, nicht aktionistisch das Kind mit dem Bade auszuschütten: Das Naturschutzrecht zu überarbeiten mit dem Ziel, den Ausbau der Erneuerbaren zu beschleunigen, wäre über das Ziel hinausgeschossen, da die meisten Probleme an anderer Stelle entstehen. Es braucht einheitliche Standards für die Praxis vor Ort.

Trotz guter Vorschläge fehlt ein starkes Bekenntnis zur dezentralen Bürgerenergie. Auch der Abbau von Sonderregelungen, insbesondere für die energieintensive Industrie, findet keine Erwähnung. Es darf jedoch nicht sein, dass große Konzerne auf Kosten der Verbraucher subventioniert werden.

Nun müssen die richtigen Weichen gestellt werden, damit der 1,5-Grad-Pfad für alle Einkommensgruppen verträglich gestaltet wird: Sinnvoll sind daher die Einführung einer CO2-Abgabe auf Treib- und Heizstoffe bei gleichzeitiger Ertüchtigung der klimafreundlichen Mobilität sowie die Förderung von energetischer Sanierung gekoppelt mit einem Klimaschutzgesetz, das konkrete Sektorziele festschreibt und für die einzelnen Ressorts verbindlich macht. Mit diesen Schritten wird auch klar, dass der Kohleausstieg beschleunigt werden kann und muss.

Zusätzlich zu den genannten Maßnahmen im Sofortprogramm braucht es nun eine gesellschaftliche Debatte um soziale Innovationen, die den notwendigen Werte- und Systemwandel hin zu mehr Umweltschutz einleiten, sowie konkrete Maßnahmen, die Wachstum als übergeordnetes politisches Ziel überwinden. Hier kann Bündnis 90/Die Grünen eine Vorreiterrolle einnehmen.“

Für „sozial unausgewogen“ hält die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Marie-Luise Dött das Klimaschutz-Programm der Grünen und erklärt dazu:

„Endlich verlassen die Grünen die Wohlfühlecke, aus der heraus sie immer nur neue klimapolitische Ziele fordern, und liefern einen konkreten Beitrag zur Debatte. Erfreulich ist, dass sich darin auch zentrale Forderungen der Union – wie die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung – wiederfinden. Der Vorschlag für einen CO2-Steueraufschlag führt aber nur zu einem allgemeinen Anstieg der Heiz- und Mobilitätskosten und garantiert nicht, dass die CO2-Ziele tatsächlich erreicht werden. Auch die geplanten pauschalen Rückerstattungen als Ausgleich für den Kostenanstieg werden den Menschen auf dem Land nicht helfen. Verteuerungen bei Wohnen und Mobilität schlagen hier voll durch. Die drohende Spaltung zwischen Stadt und Land nehmen die Grünen billigend in Kauf. Sozial sieht anders aus. Die Union arbeitet an einem Modell, das klimapolitisch wirksam und sozial ausgewogen ist.“

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