Richter halten Genehmigung des Tagebaus Jänschwalde für rechtswidrig

Eilentscheidung „Etappensieg für den Naturschutz“

Der Hauptbetriebsplan für den Braunkohletagebau Jänschwalde ist voraussichtlich rechtswidrig. Dies hat das Verwaltungsgericht Cottbus am 28.06.2019 in einer Eilentscheidung bekannt gegeben. Die Richter haben einer Klage der Umweltverbände Deutsche Umwelthilfe und GRÜNE LIGA gegen die Genehmigung des Hauptbetriebsplans durch das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe recht gegeben – so eine gemeinsame Medienmitteilung der beiden Verbände. Die umliegenden geschützten Moorgebiete bleiben aber, so die Kläger, bis zur Wirksamkeit der Entscheidung im September weiter von Austrocknung durch den Tagebau bedroht.

Braunkohletagebau – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Laut Gericht wurde bisher nicht hinreichend geprüft, ob es durch die für den Tagebau notwendigen Entwässerungsmaßnahmen zu erheblichen Beeinträchtigungen der im Umfeld gelegenen Moorgebiete kommt, die einen europäischen Schutzstatus besitzen.

Der Lausitzer Rundschau zufolge will das Energieunternehmen Leag den Tagebau Jänschwalde, der vor allem das gleichnamige Kraftwerk beliefert, noch bis 2023 betreiben. Bei der Klage geht es vor allem um die Inbetriebnahme neuer Filterbrunnen. Nach Auffassung der Richter wäre dazu auch eine Prüfung unter FFH-Gesichtspunkten (Flora, Fauna Habitat) notwendig gewesen. Diese aber hatte es nicht gegeben. Die Eilentscheidung deutet daraufhin, dass das Gericht auch im folgenden Hauptsacheverfahren eine Prüfung zum Schutz der FFH-Gebiete für zwingend notwendig erachten könnte.

Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Cottbus ist ein Etappensieg für uns und die betroffenen Schutzgebiete. Das Gericht erteilt eine klare Abfuhr an die Versuche des verantwortlichen Betreibers LEAG, die Umweltfolgen des Tagebaues kleinzurechnen und zu ignorieren.“ Die Eilentscheidung sorgte bei den Klägern trotzdem für Unverständnis, schreibt die Lauisitzer Rundschau. Denn die Verwaltungsrichter haben den Betrieb der strittigen Tiefbrunnen nicht sofort gestoppt, sondern eine Frist bis zum 1. September eingeräumt – laut Gerichtsbeschluss ausdrücklich, um dem Landesbergamt und der Leag, in den verbleibenden zwei Monaten die Gelegenheit zu geben, die bislang fehlenden Prüfungen der FFH-Verträglichkeit nachzuholen.

Das kritisiert Rechtsanwalt Dirk Teßmer, der die Kläger vertritt: „Eine solche Vorgehensweise habe ich in meiner 20-jährigen Erfahrung als Anwalt in umwelt- und planungsrechtlichen Verfahren noch nie erlebt. Wenn ein Gericht im Rahmen seiner Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis kommt, dass ein Bescheid voraussichtlich für rechtswidrig zu erkennen sein wird, dass folgt daraus zwingend, dass dieser Bescheid nicht weiter vollzogen werden darf.“

Denn obwohl das Verwaltungsgericht im Ergebnis seiner Prüfung im Eilverfahren die Argumentation der Umweltverbände bestätigt, hat es unverständlicherweise die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs nicht ab sofort hergestellt, so DUH und Grünse Liga. Das sei ansonsten ständige Praxis aller Verwaltungsgerichte in Deutschland. Weil die Schutzgebiete dadurch weiterhin gefährdet sind, prüft das Klagebündnis, zeitnah eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einzureichen.

René Schuster, Braunkohle-Experte von der GRÜNEN LIGA kommentiert: „Wir gehen davon aus, dass die Verträglichkeit des Tagebaues auch bis September nicht nachgewiesen werden kann. Deshalb ist es wichtig, dass jetzt keine weiteren Tatsachen durch neue Entwässerungsbrunnen geschaffen werden.“

Hintergrund: Der etwa 100 Meter tiefe und vier Kilometer breite Tagebau Jänschwalde senkt das Grundwasser im Umkreis von mehreren Kilometern ab. In diesem Bereich liegen mehrere als FFH (Fauna-Flora-Habitat)-Gebiet geschützte Moore, in denen seit Jahren Austrocknungserscheinungen beobachtet werden. Bei der Prüfung des Weiterbetriebes ab 2019 äußerten die Fachbehörden für Wasser und Naturschutz erhebliche Bedenken gegen die Zulassungsfähigkeit des vorgelegten Hauptbetriebsplans. Trotzdem kam es im Dezember 2018 zu einer Genehmigung.

Obwohl die Leag den Tagebau noch bis 2023 weiter führen will, kann der Tagebau gar nicht genug Geld erwirtschaften, um die abgebaggerte Landschaft zu renaturalisieren. Dafür sei er auf den langfristigen Betrieb anderer Tagebaue und deren Erlöse angewiesen. Die Kohle aus dem Tagebau Jänschwalde wird in das benachbarte Kraftwerk Jänschwalde geliefert, mit 25,4 Mio t CO2-Ausstoß im Jahr als eines der klimaschädlichsten Kraftwerke Europas bekannt.

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