Kerosinsteuer mit Problemen

Vorschläge für Aufhebung der Steuerbefreiung  zurzeit in Prüfung

Die Einführung einer nationalen Kerosinsteuer kann nach Ansicht der Bundesregierung zu verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten führen. Wie es in einer Antwort (19/11071) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/10780) heißt, fliegen viele der im innerdeutschen Luftverkehr eingesetzten Flugzeuge auch ins Ausland. Die Betankung zuzuordnen würde erhebliche technische und verwaltungsmäßige Schwierigkeiten verursachen. Auch wären Ausweichstrategien, dass zum Beispiel vermehrt im Ausland getankt würde, nicht zu verhindern. Dies wäre weder steuerpolitisch erwünscht noch würde dadurch eine Verbesserung für die Umweltsituation eintreten, argumentiert die Regierung, die den Anteil der innerdeutschen Flugverbindungen am gesamtdeutschen Luftverkehr im Jahr 2018 mit rund 16 Prozent angibt. Wie es in der Antwort weiter heißt, werden die Vorschläge für eine Aufhebung der Steuerbefreiung von Kerosin zurzeit geprüft. (hib/HLE)

Flugzeug auftanken auf dem Flughafen Barcelona – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Deutscher Bundestag Drucksache 19/11071 19. Wahlperiode 25.06.2019

Antwort

der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bernd Reuther, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP

– Drucksache 19/10780 –

Einführung und Auswirkung einer Kerosinsteuer

V o r b e m e r k u n g   d e r   F r a g e s t e l l e r

In dem TV-Duell zwischen den Spitzenkandidaten für die Europawahl Manfred Weber und Frans Timmermanns, haben sich beide für die Einführung einer Kerosinsteuer ausgesprochen. Die Bundesregierung verwies in der Antwort auf die Schriftliche Frage 18 des Abgeordneten Bernd Reuther darauf, dass, momentan eine Überarbeitung der Energiesteuerrichtlinie auf der europäischen Ebene stattfinde. Allerdings sei es noch nicht klar, ob die Kerosinbesteuerung Gegenstand der Überarbeitung ist (Bundestagsdrucksache 19/10441, S. 15). Nach Ansicht der Branche ist eine Kerosinsteuer unverhältnismäßig, weil der Luftverkehr für seine eigene Infrastruktur aufkommt und bereits Flughafen-, Lärm- und Sicherheitsentgelte zahlt. Außerdem gibt es schon das seit 2012 erfolgreich umgesetzte Instrument des europäischen Emissionshandels (EU-ETS). Dadurch wächst der europäische Luftverkehr seit 2012 CO2-neutral. Des Weiteren wird ab 2021 für den internationalen Luftverkehr ein weiteres Klimaschutzinstrument (CORSIA) geschaffen. Ziel ist CO2-neutrales Wachstum für den internationalen Luftverkehr (www.bdl.aero/de/publikation/co2-undkerosin steuer-warum-der-klimaschutz-im-luftverkehr-anders-geregelt-wird/).
Eine Kerosinsteuer für internationale Flüge ist nach Ansicht der Fragesteller innerhalb der EU unzulässig (Artikel 14 Abschnitt 2 der Richtlinie 2003/96/EG). Außerdem existieren internationale Vereinbarungen (Chicagoer Abkommen), die eine Kerosinsteuer zum jetzigen Zeitpunkt verhindern. Laut diesen, ist es den nationalen Gesetzgebern verboten, eine Kerosinsteuer auf internationale Flüge zu erheben (ICAO Doc. 8632_ 3. Ed., 2000). Darüber hinaus besteht aus Sicht der Fragesteller die Sorge, dass eine Kerosinsteuer auf nationaler Ebene kontraproduktiv für eine CO2-Reduktion wäre. Fluggesellschaften würden vermehrt im Ausland tanken, wo keine Steuer erhoben wird. Durch die unnötige Zuladung an Treibstoff, würde mehr CO2 während des Fluges verbraucht werden. Eine Steuer auf Kerosin hätte somit negative Auswirkungen auf die CO2– Bilanz (www.airliners.de/warum-kerosin-steuer-deutschland-umwelt/49888).

  1. Aus welchen Beweggründen ist der Luftverkehr nach Ansicht der Bundesregierung im Chicagoer Abkommen von einer Kerosinsteuer befreit?
    Die seinerzeitigen Beweggründe der Internationalen Zivilluftfahrt Organisation (ICAO) für die Regelungen in Artikel 24 (a) des Chicagoer Abkommens sind nicht bekannt, jedoch vor dem historischen Kontext zu betrachten. Das Chicagoer Abkommen wurde in der Erwägung geschlossen, dass die seinerzeitige Entwicklung der internationalen Zivilluftfahrt (kommerziell und nichtkommerziell) in hohem Maße dazu beitragen könnte, Freundschaft und Verständnis zwischen den Nationen und Völkern der Welt zu schaffen und zu bewahren sowie die Zusammenarbeit zwischen diesen zu fördern. Die internationale Zivilluftfahrt sollte auf der Grundlage der Chancengleichheit eingerichtet und solide und wirtschaftlich betrieben werden können. Nach dem Chicagoer Abkommen vom 7. Dezember 1944 bleibt die Besteuerung von Treibstoff für innerstaatliche Flüge außerhalb des Anwendungsbereichs.
  2. Wie hoch ist der Anteil der innerdeutschen Flugverbindungen gemessen am gesamtdeutschen Luftverkehr (bitte in Prozent angeben)?
  3. Wie haben sich die innerdeutschen Flüge nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren entwickelt?
    Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.Der Anteil der innerdeutschen Flugverbindungen am gesamtdeutschen Luftverkehr lag im Jahr 2018 bei rund 16 Prozent. Die Zahl der innerdeutschen Flüge hat sich in den letzten zehn Jahren nicht wesentlich verändert (vgl. Statistisches Bundesamt, Fachserie 8, Reihe 6.1.).
  1. Plant die Bundesregierung, eine nationale Kerosinsteuer einzuführen?
  2. Falls ja, plant die Bundesregierung in diesem Fall, die Luftverkehrssteuer abzuschaffen oder zu reduzieren?
  3. Plant die Bundesregierung, sich für die Einführung einer Kerosinsteuer auf internationaler Ebene einzusetzen?
    Die Fragen 4 bis 6 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Vorschläge für eine Aufhebung der Steuerbefreiung von Kerosin werden von der Bundesregierung zurzeit geprüft.
  4. Was sind nach Einschätzung der Bundesregierung die Folgen einer nationalen Kerosinsteuer für das Klima, die Luftverkehrswirtschaft, den Wettbewerb und das Steueraufkommen (bitte die vier Punkte einzeln beantworten)?
  5. Was sind nach Einschätzung der Bundesregierung die Folgen einer europäischen Kerosinsteuer?
  6. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass mit einer Kerosinsteuer ca. 350 Mio. Euro Steuereinnahmen generiert werden können?
    Die Fragen 7 bis 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zu den Folgen einer nationalen Kerosinsteuer für die Umwelt wird auf die laufenden Diskussionen zur CO2-Bepreisung verwiesen. Zu den Folgen einer nationalen Kerosinsteuer für den Wettbewerb liegen der Bundesregierung keine konkreten Erkenntnisse vor, die eine allgemeingültige Aussage zulassen. Im Übrigen wird hinsichtlich der Höhe eines möglichen Kerosinsteueraufkommens auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 19 der Kleinen Anfrage auf Bundestagsdrucksache 19/9586 verwiesen.
  7. Wie unterscheiden sich nach Ansicht der Bundesregierung die Auswirkungen einer Kerosinsteuer in einem kleinflächigen Land (z. B. Niederlande) und einem großflächigen Land (z. B. Deutschland)? Die Einführung einer nationalen Kerosinsteuer in einem kleinflächigen Land dürfte aufgrund der geringeren oder gar nicht vorhandenen inländischen Flüge kaum Auswirkungen auf den Umfang des Luftverkehrs haben. Zudem dürften in kleineren Ländern alternative Verkehrsmittel wie Bahn, Bus oder Auto ohnehin dominieren. Bei internationalen Flügen sind keine Unterschiede zwischen kleinflächigen Ländern und großflächigen Ländern zu erwarten.
  8. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über das Verhältnis der gesamten Abgaben des Luftverkehrs gegenüber der Bahn und dem Straßenverkehr? Wenn ja, welche?
  9. Besteht nach Ansicht der Bundesregierung eine steuerliche oder regulatorische Ungleichbehandlung zwischen dem Luftverkehr und der Bahn bzw. dem Straßenverkehr?
  10. Falls ja, wie will die Bundesregierung die Ungleichbehandlung beseitigen, und mit welchen Mitteln?
    Die Fragen 11 bis 13 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Bahn- und Straßenverkehr finden ganz überwiegend national statt und unterliegen insofern nationalen und europäischen Steuer- und Abgabenregelungen. Für den Luftverkehr sind hingegen auch internationale Abkommen sowie insbesondere die EU-Energiesteuerrichtlinie einschlägig. Es bestehen im Wesentlichen folgende Unterschiede bei der Belastung mit Steuern und Abgaben:
  • Flugkraftstoffe im gewerblichen Luftverkehr werden vor dem Hintergrund der EU-Energiesteuerrichtlinie nicht besteuert. Im Unterschied dazu unterliegen der Bahn- und Straßenverkehr der Energie- bzw. Strombesteuerung.
  • Mit Einführung der Luftverkehrsteuer ab 2011 und der Einbeziehung des Luftverkehrs in den Emissionshandel ab 2012 wird jedoch auch der Luftverkehr in Deutschland steuerlich belastet. Im Jahr 2018 wurden Gesamteinnahmen aus der Luftverkehrsteuer in Höhe von ca. 1,187 Mrd. Euro erzielt.
  • Den darüber hinaus bestehenden Abgaben in Form von Flughafenentgelten sowie Flugsicherungs- und Luftsicherheitsgebühren stehen im Straßengüterverkehr die Maut und im Schienenverkehr die Trassenpreise und Stationsentgelte gegenüber.
  • Straßenverkehr, Schienenverkehr und der innerdeutsche Luftverkehr unterliegen gleichermaßen der Umsatzsteuer.
  1. Warum sind die klimapolitischen Instrumente des europäischen Zertifikatehandels und des internationalen Abkommens CORSIA nach Ansicht der Bundesregierung ausreichend, um den CO2-Ausstoß im Luftverkehr zu reduzieren?
    Im Koalitionsvertrag ist festgehalten, dass sich Deutschland national, europäisch und international dafür einsetzen wird, dass die Emissionen des Luftverkehrs gesenkt werden und der Sektor zu den internationalen Klimazielen beiträgt. CORSIA und EU-ETS im Luftverkehr sind in ihrer jetzigen Ausgestaltung und nach derzeitigem Verhandlungsstand nach Ansicht der Bundesregierung als alleinige Maßnahmen und Instrumente nicht ausreichend, um in angemessenem Umfang zu den international vereinbarten Klimazielen beizutragen und den CO2– Ausstoß im Luftverkehr zu reduzieren. Weitere Maßnahmen sind z. B. technologische Verbesserungen und der Einsatz nachhaltiger alternativer Treibstoffe.
  2. Hat eine Kerosinsteuer nach Ansicht der Bundesregierung über den EU-ETS und CORSIA hinaus einen zusätzlichen positiven Effekt auf die CO2-Reduktion?
    Es wird auf die laufenden Diskussionen zur CO2-Bepreisung verwiesen.
  3. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass eine Kerosinsteuer kontraproduktiv sei, weil Luftverkehrsunternehmen mehr Kerosin im Ausland tanken würden und daher mit schwereren Flugzeugen fliegen würden, was kontraproduktiv für die CO2-Bilanz ist?
    Ein großer Teil des im innerdeutschen Luftverkehr verwendeten Fluggeräts wird auch grenzüberschreitend eingesetzt, so dass eine entsprechende Zuordnung der Betankung mit erheblichen technischen und verwaltungsmäßigen Schwierigkeiten verbunden wäre. Auch wären Ausweichstrategien, wie z. B. vermehrte Betankungen im benachbarten Ausland, nicht zu verhindern. Dies wäre weder steuerpolitisch erwünscht, noch würde dadurch eine Verbesserung für die Umweltsituation eintreten.
  4. Teilt die Bundesregierung die Ergebnisse der EU-Studie „Taxes in the Field of Aviation and their impact“?
    Die Bundesregierung hat die Ergebnisse der EU-Studie „Taxes in the Field of Aviation and their impact“ im Rahmen der laufenden Debatte zur CO2-Bepreisung zur Kenntnis genommen.

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