Wie überzeugt man andere von der Notwendigkeit zu handeln?

Warum schauen wir dem “Meteoriteneinschlag in Zeitlupe” gebannt und untätig zu?

Am 22.07.2018 fragte Solarify (solarify.eu/klimawandel-einsicht-ist-nicht-gleich-handeln) schon einmal, warum wir den Klimawandel zwar einsehen und auch fürchten, aber gleichzeitig so gut wie nichts dagegen unternehmen. Auf Spiegel-Online versuchte damals Lena Puttfarcken eine Erklärung dafür, dass man “psychologisch gesehen ganz ohne Probleme von etwas überzeugt sein und sich trotzdem genau entgegengesetzt verhalten” könne. Warum handelt die Menschheit nicht schneller und entschiedener, um die Erderhitzung in den Griff zu kriegen? Der Kommunikationswissenschaftler George Marshall versucht seit Jahrzehnten, Menschen davon zu überzeugen, etwas gegen die Klimakrise zu unternehmen – er sagt in einem SPIEGEL-Interview mit Susanne Götze am 17.09.2019: „Der Klimawandel tut uns noch nicht weh genug“.

Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Laut Marshall sehen viele den Klimawandel „immer noch nicht als ihr Problem an. Sie nehmen die Gefahr der Erderwärmung nicht persönlich. Es betrifft sie nicht – glauben sie“. Dennoch spalte die Diskussion über den Klimawandel: Die Rechten glaubten, dass Klimaschutz ein linkes Thema sei. „Deshalb lehnen sie es ab. Es waren ja vor allem linke und grüne Bewegungen, die der Wissenschaft zuerst zugehört haben. In den USA finanzierten wirtschaftsnahe Thinktanks und rechte Gruppen sehr lange den Kampf gegen den Klimaschutz – das ist fast schon politische Tradition. Je lauter Linke und Grüne Klimaschutz fordern, desto skeptischer wird die andere Seite. Es wird der Botschafter abgelehnt, nicht die Botschaft.“

„Wäre der Klimawandel ein Terrorist, hätten wir ihn schon längst bekämpft“

Viele Menschen nähmen eine drohende globale Katastrophe wie die Erderwärmung deshalb nicht ernst oder leugneten sie sogar, weil man den „Klimawandel nicht anfassen“ könne. Er sei zudem ein komplexes, weltumspannendes Problem. Niemand von uns habe bisher die Erfahrung gemacht, dass sich das Wetter auch dauerhaft ändern könnte. Das sei alles schwer vorstellbar. Außerdem träten die Veränderungen langsam und die Folgen schleichend ein. Wir glauben, dass wir damit umgehen können, weil wir das ja schon kennen. Siehe „Zeitlupe“.

Inkonsequent

Eine Studie von Forschern des Instituts für Umweltwissenschaften der Autonomen Universität Barcelona (ICTA-UAB) analysiert die Gründe, warum es für umweltbewusste Wissenschaftler schwierig ist, den Fleischkonsum aufzugeben, eines der größten Umweltprobleme der Welt. Kurz: Wissenschaftler glauben nicht an individuelle Handlungen und verlassen sich lieber auf Politik und Technologie.

Es sei ein „tragischer Irrtum“, zu glauben, dass sich alles schon wieder einrenke. Marshall sieht dafür psychologische Ursachen: Um etwas zu ändern, brauchen wir ein Narrativ. Normalerweise hat so eine Erzählung einen Helden und einen Bösewicht. Doch beim Klimawandel ist das anders. Wir sind alle schuld und werden alle die Folgen spüren. Das Gute und das Böse beim Klimawandel ist ein Teil von uns und unserem Leben. Wäre der Klimawandel ein Terrorist, hätten wir ihn schon längst bekämpft. Die westlichen Staaten haben im vergangenen Jahrzehnt Billionen Euro mobilisiert, um Terroristen auf der ganzen Welt zu jagen. Gegen die Erderwärmung, die weitaus gefährlicher ist, haben wir nur ein Bruchteil ausgegeben.“

George Marshall ist Klima-Kommunikationsexperte und leitet seit 2004 die britische Organisation Climate Outreach. Der Thinktank will die Folgen des menschengemachten Klimawandels verständlich machen und berät dazu die Weltbank, den Weltklimarat und Regierungen. Marshall sorgte 2014 mit seinem weltweit beachteten Buch Don’t Even Think About It: Why our Brains are Wired to Ignore Climate Change für Aufsehen.  …

->Komplettes Interview und Quellen: