Klimaprogramm CO2-frei

Alle Kohlendioxid-Projektionen gelöscht – „zeitweise geistig umnachtet?“

Die Minderungsziele für Treibhausgase sind aus dem Klimaschutz-Entwurf der Bundesregierung verschwunden. Anders als bei früheren Klimaprogrammen lässt sich damit nicht mehr nachvollziehen, ob und wie einzelne Maßnahmen wirken. Das geht aus einer Neufassung des „Klimaschutzprogramms 2030“ hervor, über welche die Süddeutsche Zeitung zuerst berichtete.

PK zum Klimaschutzprogramm 2030 – Screenshot © Phoenix.tv

Um sicherstellen, dass das Paket auch tatsächlich die Lücke zu den Klimazielen schließen werde, sei ursprünglich geplant gewesen,  dass die Ministerien zu jedem Vorschlag auch zu erwartende Zahlen liefern. Eine entsprechende Tabelle mit den Minderungswirkungen der Maßnahmen sei nun nicht mehr enthalten – ebenso wenig die Spalte „THG-Minderungspotenzial“, die jeweils angeben sollte, wie viel Millionen Tonnen Treibhausgase sich durch eine Maßnahme mindern lassen. In der Bundespressekonferenz entspann sich daraufhin am 27.09.2019 ein reges Frage- und Antwortspiel.

„Meine Frage richtet sich vermutlich an Herrn Haufe, und zwar geht es um das Klimaschutzpaket. In dem Entwurf für die Ressortabstimmung ist ein Kernbestandteil nicht mehr enthalten, nämlich die zu erwartenden Minderungen für jede einzelne Maßnahme. Herr Haufe, warum sind diese CO2-Minderungsziele aus dem Entwurf gestrichen worden?“

Stephan Gabriel Haufe, Sprecher BMU: „Danke, dass Sie das hier ansprechen. Es gibt ja heute schon einige Berichterstattung dazu. Da kommt sicherlich einiges durcheinander. Auf der einen Seite sind wir ein bisschen gebrannte Kinder. Das haben wir ja auch gesagt, als das Klimaschutzprogramm vorgestellt worden ist. Wir haben mehrfach Ziele und ihre Erreichung angekündigt, und dann hat es nicht so richtig geklappt. Deswegen ist es diesmal besonders gut, dass wir uns noch einmal gründlich anschauen, welche Ziele wir haben und wie wir das erreichen. Heute ist kommuniziert worden – Sie haben es auch angesprochen -, die Ziele seien nicht mehr da. Die Ziele stehen fest im Klimaschutzplan 2050. Da stehen die Ist-Ziele, die wir erreichen müssen. Jetzt gibt es Abschätzungen pro Maßnahme, die im Klimaschutzprogramm stehen könnten. Das Klimaschutzprogramm steht in der Ressortberatung. Es ist ein internes Dokument, das jetzt scheinbar zirkuliert. Es wird so darüber berichtet, als wäre das ein finales Dokument. Das ist kein finales Dokument. Wir befinden uns also in der Ressortberatung zu diesem Dokument.
Jetzt noch einmal kurz zu Ihrer Frage: Diese Abschätzungen, die einmal gemacht worden sind – ganz unabhängig von dem zirkulierenden Dokument -, sind veraltet. Wir müssen uns heute in einem Klimaschutzprogramm genau anschauen: Was bewirkt die Einzelmaßnahme, und was bewirkt das Zusammenspiel der verschiedenen Maßnahmen? Wenn Sie auf der einen Seite ein CO2-Zertifikat haben, jedenfalls eine Lenkungswirkung durch eine CO2-Bepreisung, und auf der anderen Seite haben Sie ein Förderprogramm, dann gibt es eine gewisse Wechselwirkung. Als Besitzer eines Hauses mit einer Ölheizung bin ich vielleicht bei einem entsprechenden CO2-Preis eher dazu geneigt, den Wechsel einer Heizung vorzunehmen, als ohne CO2-Preis oder bei einer bestimmten Höhe eines CO2-Preises. Dann ist das Förderprogramm für mich eine gute Hilfe, um diese Lenkungswirkung des CO2-Preises im Alltag umzusetzen, um also eine andere Heizung zu bestellen und einzubauen. Genau diese Wechselwirkungen müssen wir mit einberechnen. Das ist nicht ganz so einfach. Da betreten wir an der einen oder anderen Stelle auch Neuland. Deswegen steht – übrigens auch in dem Dokument, das da zirkuliert – längst drin, dass, sobald das Dokument feststeht, berechnet wird: Was wird die Maßnahme, das Zusammenspiel der Maßnahme, in etwa bewirken?
Ich betone noch einmal: Entscheidend ist etwas ganz Anderes. Entscheidend sind die Ist-Emissionen, die Ist-Zahlen, also das, was wir 2020, 2021 tatsächlich an Treibhausgasminderungswirkung erreichen. Das muss veröffentlicht werden. Das wird durch das Bundesumweltbundesamt erfasst. Das wird gespiegelt. Da wird geschaut: Wo hakt es? Wo läuft es gut, und was müssen wir als nächste Maßnahme machen, damit wir das 2030-Ziel, das konkret im Klimaschutzplan 2050 festgelegt ist, auch erreichen? – Das ist der Mechanismus, und der bleibt auch so.“

Staatssekretär Steffen Seibert: „Ich möchte, wenn ich das darf, ganz kurz Herrn Haufe zum Maßnahmenprogramm zustimmen, das jetzt in der Ressortabstimmung ist. Wir äußern uns ja grundsätzlich nicht zu laufenden Ressortabstimmungen. Wichtig ist es trotzdem festzuhalten, dass ein zentraler Punkt des Klimaschutzprogramms 2030 genau das bleibt, wovon er gesprochen hat. Der jährliche Überprüfungsmechanismus, die jährliche Überprüfung der Zielerreichung durch das Klimakabinett, unterstützt von Experten – und zwar so, dass bei möglicher Zielverfehlung schnell mit einem Sofortprogramm nachgesteuert werden kann -, ist ein wichtiger Punkt und bleibt ein zentraler Teil dessen, worauf sich das Klimakabinett und jetzt auch das Kabinett geeinigt haben.“

Haufe: „Genau in diesem Gesamtmechanismus, den Herrn Seibert gerade beschrieben hat, ist es eben möglich, das Ziel zu erreichen. Das ist das, was wir hier auch ganz klar sagen.“

Zusatzfrage: „Herr Haufe, Sie sagen, dass die Abschätzungen, welche CO2-Minderung erreicht werden kann, veraltet waren. Dazu würde ich gern wissen: Ist es also korrekt zu folgern, dass Ihr Haus dementsprechend diese Abschätzungen aus dem Dokument herausgenommen hat? Oder wie ist das entstanden? Die zweite Frage ist: Ist es nicht sinnvoll, dass man solche Abschätzungen auch nennt, um nachher überprüfen zu können, ob genau diese Abschätzungen erreicht worden sind?“

Haufe: „Wir stimmen uns innerhalb der Bundesregierung über diese Abschätzungen ab. Sie können doch nicht davon ausgehen, dass Sie anhand eines Dokumentes, das Sie jetzt bekommen haben, die komplette Regierungsarbeit beurteilen können. Natürlich sind die Abschätzungen bekannt. Sie sind unseren Häusern bekannt. Unter den Häusern, die die Abstimmungen machen müssen, ist auch bekannt, dass wir eine Neuabschätzung brauchen, und die müssen wir vornehmen.“

Zusatzfrage: „Wann?“

Haufe: „Das steht im Klimaschutzprogramm 2030, sobald es feststeht. Das Bundeskabinett muss doch erst einmal das Klimaschutzprogramm 2030 beschließen. Dann haben wir noch einen parlamentarischen Prozess. Wenn klar ist, was die Maßnahmen sein werden, dann können wir eine seriöse Abschätzung machen. Es ist auch vorgesehen, dass wir wissenschaftliche Einrichtungen damit beauftragen – auch das ist Teil der Formulierungen im Klimaschutzprogramm -, damit es eine seriöse Berechnung geben kann. Wie gesagt, es ist nicht ganz trivial.“

Frage: „Herr Haufe, ich mag Sie noch nicht so ganz aus Ihrer verbalen Akrobatik entlassen.“

Haufe: „Das müssen Sie auch nicht.“

Zusatzfrage: „Sie meinen, das Eine seien die Zahlen, das Andere seien nur – das sage ich jetzt mit meinen Worten – Abschätzungen. Aber Sie müssen doch wissen, welche Maßnahme wie viel CO2-Einsparung bringt. Sonst können Sie weder die Maßnahme rechtfertigen, wenn Sie nicht wissen, was sie bringt, noch können Sie beim etwaigen Nachsteuern beurteilen: Wo muss ich nachsteuern? Wie muss ich nachsteuern? Muss ich möglicherweise eine ganz neue Maßnahme entwickeln oder muss ich die alten Maßnahmen, die ich schon habe, verschärfen? Sie müssen also pro Maßnahme wissen: Was bringt wie viel? Deshalb irritiert mich das ein bisschen, wenn Sie das jetzt ein bisschen als Abschätzung gering schätzen.“

Haufe: „Ich nehme gar keine Geringschätzung vor. Ich rede davon, dass es eine Prognose geben kann und dass es Prognosen gegeben hat. Jetzt muss man sich zum Beispiel das Zusammenspiel einer CO2-Bepreisung, die ja feststeht, und einer möglichen Fördermaßnahme anschauen, um abzuleiten: Welche Treibhausgasminderung könnte daraus resultieren? Dieser Prozess steht jetzt an. Es ist genauso, wie Sie sagen: Es muss seriös durchgerechnet werden; das muss gemacht werden. Das ist auch Teil des Klimaschutzprogramms 2030.
Der entscheidende Punkt ist, was Ende 2020 an Treibhausgasminderungen herauskommt. Das wird für uns die erste Größe sein, wo wir sagen können: Jetzt hat die Prognose etwas bewirkt oder sie hat nicht so viel bewirkt. Wie gesagt: Das Entscheidende ist die Ist-Zahl. Dafür haben wir jetzt den Mechanismus festgelegt. Man kann sagen: Es ist eine neue Architektur – eine Grundarchitektur, die auch eine ganz andere Verlässlichkeit bringt als bisher. Wir müssen eben überprüfen und transparent dokumentieren: Was bringen die Maßnahmen? Wenn nicht, dann muss man überlegen, wie man sie verbessert, wie man sie nachschärft.“

Zusatzfrage: „Was sagen Sie zu dem bereits kursierenden Vorwurf: Erst ist das Klimapaket zu Klein, und dann ist es noch nicht einmal nachprüfbar?“

Haufe: „Also erstens einmal ist das Klimapaket noch nicht beschlossen. Wir reden bisher auf der Grundlage von Eckpunkten, die in der letzten Woche vorgestellt worden sind. Zweitens haben wir noch einen ganzen parlamentarischen Prozess vor uns. In diesen gehen wir mit vom Bundeskabinett beschlossenen Dokumenten hinein. Der Prozess bleibt auch abzuwarten. Wir können doch nicht darüber reden, als wäre heute alles fix und foxi. Das ist es nicht.“

Frage: „Herr Haufe, man wundert sich ja und fragt sich, was sich die Kollegen in ihren Häusern, die es bis vor ein paar Tagen offenbar für sinnvoll und zielführend gehalten haben, solche Potenziale aufzuschreiben, wohl dabei gedacht haben. Waren sie zeitweise geistig umnachtet? Warum haben sie das gemacht? Warum fällt es jetzt auf, dass das so nicht geht? p Was mich aber tatsächlich interessiert: Können Sie gewährleisten, wenn dieses Programm am Ende des parlamentarischen Prozesses steht, dass es möglich ist, in Form einer Soll-Ist-Berechnungsgrundlage nachzuvollziehen, welche Potenziale da sind und wie sie konkret für einzelne Sektoren, Maßnahmen und Zeiteinheiten aufgeschlüsselt sind, sodass man dann eine Grundlage hat um zu überprüfen, sozusagen Pitch-genau: Wurde das in diesem Sektor, mit dieser Maßnahme, eingehalten, ja oder nein? Das würde bedeuten, dass das, was jetzt herausgekommen ist beziehungsweise herausgenommen worden ist, sozusagen nur eine zeitweilige Herausnahme ist und Sie das später als Überprüfungsmaßstab wieder einfügen werden.“

Haufe: „Den Vorwurf der geistigen Umnachtung weise ich jetzt erst einmal ganz deutlich zurück. Ich glaube, dass alle in der Bundesregierung sehr verbindlich und auch sehr konzentriert – und mit einer Art des Interesses an diesem Thema, wie wir es vielleicht bisher noch gar nicht vorgefunden haben – daran arbeiten, dass wir hier ein sehr seriöses Klimaschutzprogramm vorlegen. Das ist das Erste.
Zum zweiten Punkt: Die Bundesumweltministerin hat auch gestern noch einmal dargelegt, dass es darum geht, dass die Klimaschutzziele 2030 jetzt rechtsverbindlich werden. Die Ziele müssen fest im Klimaschutzgesetz stehen. So ist es ihr Ziel. Natürlich müssen sie jährlich überprüfbar sein. Man muss genau sehen, sektorscharf: Was ist an Treibhausgasminderung möglich gewesen? Was war das Ziel, und was folgt als Konsequenz daraus? – Entsprechend muss nachgesteuert werden. Das Sicherheitsnetz, von dem die Ministerin immer spricht, ist hier gemeint.
Dieser Überprüfungsmechanismus ist ein Kernstück und wird ein Kernstück des Klimaschutzgesetzes sein.“

Zusatz: „Ich habe im Übrigen keinen Vorwurf gemacht, sondern eine Frage gestellt.“

Haufe: „Gut. Dann nehme ich das zurück. Dann habe ich es vorsorglich klargestellt.“

Zusatzfrage: „Verstehe ich Sie recht, wenn Sie sagen: Am Ende des Implementierungsprozesses wird es für die einzelnen Ressorts, für die einzelnen Sektoren, für einzelne Maßnahmen eine vergleichbare Potenzialanalyse oder Zielvorstellung geben, die dann mit einem Ist-Zustand abgeglichen werden kann? Also das, was dieses Zahlenwerk bislang eigentlich liefern sollte, von dem Sie jetzt sagen „Das ist veraltet. Das geht nicht.“, soll in anderer Form als objektivierbarer Maßstab wieder eingefügt werden? Ist es das, worauf es bei Ihnen abzielt?“

Haufe: „Es geht genau darum, dass man dann bestimmte Abschätzungen und Prognosen bei den Treibhausgasemissionen, im Treibhausgasemissionsregister, mit dem Ist-Zustand abgleichen und sagen kann: Hier stehen wir. Da hätten wir eigentlich stehen sollen. Deswegen müssen wir da nachsteuern. – Dieser Mechanismus muss eben auch rechtsverbindlich festgelegt werden. Genau darum geht es.“

Frage: „Ich habe eine Frage an das BMF: Wird der Bundesfinanzminister denn an einem der kommenden Mittwoche in den Kabinettsitzungen dem Klimapaket zustimmen können, das ja milliardenschwer ist, wenn bis dahin nicht schon solide Schätzungen dazu vorliegen, was die einzelnen Maßnahmen bringen? Was sie kosten, wissen wir ja ungefähr.“

Christoph Kuhn, Sprecher BMF: „Die Beschlüsse und die Maßnahmen werden ja jetzt ausgearbeitet. Es gibt die Ressortabstimmung, die jetzt läuft. Dann wird das nachher im Kabinett beschlossen werden, und dann, wenn das Kabinett beschließt, wird auch der Bundesfinanzminister mit beschließen.“

Zusatzfrage: „Auch dann, wenn bis dahin noch keine Schätzung dazu vorliegen sollte, wie viel CO2 durch die einzelnen Maßnahmen eingespart wird?“

Kuhn: „Wie gesagt: Die Ressortabstimmung läuft. Wenn das dann im Kabinett sein wird, dann werden alle Kabinettsmitglieder darüber entscheiden.“

Frage: „Herr Haufe, Sie sagten gerade: Wenn wir das überprüfen, dann muss das sektorscharf passieren. – Heißt das, wenn Sie im Laufe der Überprüfung in den Zwanzigerjahren feststellen, dass der Sektor A oder B sein Ziel nicht erreicht hat, dass dann diese Zielöffnung auch im Sektor A oder B erfolgen muss und es nicht so sein kann, dass der Sektor B dann für den Sektor A, der es vielleicht nicht geschafft hat, einspringen muss?“

Haufe: „Damit gehen Sie schon sehr weit. Das – – -“

Zuruf: „Oder ist das noch offen?“

Haufe: „Das, was Sie da beschreiben, ist eine Situation, die durchaus eintreten kann. Da müssen Sie einfach sehen: Wir bewegen uns hier ja in einer Zehn-Jahres-Periode. Wir werden eine Reihe von Entwicklungen sowie möglicherweise auch von Technologiesprüngen und von Wirkungen von Technologiesprüngen bisher gar nicht absehen können. Deswegen ist der Nachprüfungsmechanismus auch so wichtig, auch aus diesem Grund und nicht nur aus dem Grund, dass wir beim Erreichen der Klimaziele verbindlicher werden, sondern eben auch deswegen, weil man gar nicht alle Entwicklungen vorhersehen kann.
Ob man Emissionsminderungen dann vielleicht von dem einen Sektor auf den anderen Sektor übertragen kann, ist eine Frage, die man sich auf jeden Fall im Laufe des Prozesses wird stellen müssen; da haben Sie vollkommen recht. Ich kann Ihnen die heute noch nicht abschließend beantworten. Das ist auch eine Frage, die in den jetzt laufenden Beratungen im Bundeskabinett, aber dann sicherlich auch noch einmal im parlamentarischen Raum beraten werden muss.“

Zusatzfrage: „Wäre das mit EU-Recht vereinbar? Nach meinem Kenntnisstand ist es nämlich so, dass die Einsparziele, die auch von der EU vorgegeben sind, sektorspezifisch sind. Dann kann man ja schlecht auf der nationalen Ebene „Hier schieben wir uns die Einsparziele zwischen dem Verkehrsbereich und dem Gebäudebereich hin und her“ sagen!“

Haufe: „So wird es sicherlich nicht sein. Am Ende muss das Ziel stehen; damit haben Sie vollkommen recht. Am Ende steht: Das Ziel im Verkehrssektor oder im Gebäudesektor muss erreicht werden. Aber, wie gesagt, wie man mit so einer Situation, wie Sie sie beschreiben, umgeht, ist sicherlich Teil der Beratungen. Aber am Ende wird innerhalb des Sektors abgerechnet. Das bleibt so.“

Frage: „Herr Haufe, ich würde gerne kurz nach dem Zeitplan fragen. Wenn Sie jetzt von den Beratungen sprechen, wann wünschen sich Ihr Haus und Ihre Ministerin, dass diese Ressortberatungen abgeschlossen sein sollen? Wann ist dementsprechend mit einem Kabinettsbeschluss zu rechnen?“

Haufe: „Für die Ministerin ist natürlich klar, dass Wünsche im Klimaschutzbereich nicht so viel bringen. Ich kann Ihnen jetzt also keine genaue Angabe machen. Das wird in den nächsten Wochen der Fall sein. Ich kann Ihnen heute kein Datum nennen. Wir werden Sie darüber informieren, sobald Termine und die Übersichten für die jeweiligen Gesetze vorliegen. Ich kann Ihnen heute kein festes Datum nennen. Aber gehen Sie davon aus, dass es nicht lange dauern wird.“

Frage: „Sie haben in den letzten Tagen viel darüber gesprochen, was die Bundesregierung tut oder nicht tut. Aber in der Diskussion um die notwendigen Maßnahmen gibt es auch einige – sowohl in den Regierungsparteien als auch in den Oppositionsparteien -, die gegen die Idee Wettern, dass die Bürger in Deutschland in irgendeiner Weise ihre Lebensweise ändern müssten. Können Sie, Herr Seibert, für die Bundesregierung einmal klarstellen, wie Sie das sehen? Kann Deutschland denn glaubwürdig andere Länder zum Handeln bewegen, wenn es selbst nicht bereit ist, seinen Bürgern zuzumuten, ihren Lebensstil zu ändern?“

StS Seibert: „Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, auf welche Äußerungen Sie sich dabei beziehen. Umfragen, die man in den letzten Tagen so liest, zeigen doch eher, dass in Deutschland eine große Unterstützung für energischen Klimaschutz besteht. Genau da setzen wir doch auch mit unserem Klimaschutzpaket an, dem Klimaschutzprogramm 2030, das ja darauf abzielt, jede Form von klimafreundlichem, treibhausgasemissions-einsparendem Verhalten in Zukunft zu unterstützen und zu fördern. Das heißt im Gegenteil natürlich, dass die Menschen wie auch die Wirtschaft wissen, dass klimaschädliches, stark emittierendes Verhalten in den nächsten Jahren Schritt für Schritt einen höheren Preis als bisher haben wird. Das ist, glaube ich, der Grundgedanke dieses Klimaschutzprogramms 2030. Es ist so angelegt, dass die Menschen Schritt für Schritt diese Veränderungen vornehmen können und dass sie dabei von der Bundesregierung auch mit starken Mitteln unterstützt werden.“

Zusatzfrage: „Das ist jetzt vielleicht etwas zugespitzt, aber wird man dann auch irgendwann erleben, dass Mitglieder der Bundesregierung die 600 Meter vom Kanzleramt zum Futurium zu Fuß und nicht mit der Limousine zurücklegen?“

StS Seibert: „Sie wissen ja, was am letzten Freitag in Berlin-Mitte rund um das Brandenburger Tor los war, und es ist, glaube ich, völlig vertretbar gewesen, dass man sich so zum Futurium bewegt hat. Auch die Zeit war knapp. Sie wollten alle Ihre Pressekonferenz bekommen, und die Beratungen im Bundeskanzleramt gingen, wie Sie alle beobachten konnten, ziemlich lang.
Aber natürlich achtet die Bundesregierung im Rahmen ihrer Möglichkeiten auch auf klimafreundliche Fortbewegung und kompensiert Flüge und andere Formen der Fortbewegung durch finanzielle Unterstützung von Klimaschutzmaßnahmen. Das haben wir Ihnen hier auch schon dargelegt.“

Haufe: „Wenn ich das noch ergänzen darf: Wir wissen natürlich, dass wir uns auch immer an die eigene Nase fassen müssen und dass die Bundesverwaltung natürlich einen Vorbildcharakter hat. Deswegen ist auch im Klimaschutzprogramm 2030 vorgesehen, dass die Bundesverwaltung klimaneutral sein muss – das heißt, nicht nur im Flugverkehr, sondern auch in anderen Bereichen.“

Frage: „Ich habe noch eine Frage zum CO2-Preis. Es gibt ja jetzt den Vorschlag aus der Unionsfraktion, 2030 bei 180 Euro anzukommen, was laut UBA auch den wirklichen Kosten pro Tonne CO2 entspricht. An das Verkehrs- und das Innenministerium, die das ja vor allem betrifft, stelle ich die Frage: Wäre das für Sie vorstellbar?
An das BMU: Entspricht das Ihren Vorstellungen?“

Simone Buser, Sprecherin BMVI: „Dann fange ich einmal an. – Natürlich laufen momentan die Diskussionen rund um den Klimaschutz, und es sind auch sehr, sehr wichtige Debatten, die momentan geführt werden.
Wir haben jetzt erst einmal natürlich ein ganz klares Eckpunktepapier, dass das Bundeskabinett auch beschlossen hat. Deswegen sind wir jetzt natürlich erst einmal dabei, an der Umsetzung zu arbeiten und auch wirklich einen ganz konkreten Zeit- und Arbeitsplan zu machen. Die anderen Diskussionen, die auf politischer Ebene geführt werden, werden auch weitergehen. Es ist auch wichtig, dass die geführt werden. Deswegen kann ich die natürlich an dieser Stelle auch nicht kommentieren.“

Björn Grünewälder: „Für das BMI, das ja auch für das Bauen zuständig ist, kann ich sagen, dass für uns ganz klar ist, dass die Reduktion des CO2-Ausstoßes im Gebäudebereich ein ganz zentrales Element des Klimaschutzpakets ist. Darin sind auch wesentliche Maßnahmen enthalten, zum Beispiel, was die Förderung der energetischen Sanierungsmaßnahmen angeht. Wir sind nun dabei, diese Maßnahmen umzusetzen und sie in Gesetzesform zu gießen, sie zu regeln und abzustimmen. Dann wird das Kabinett darüber einen Beschluss fassen. Mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt dazu noch nicht sagen.“

Haufe: „Vor mehr als knapp einem Jahr wollte noch gar niemand über eine CO2-Bepreisung reden. Damals ist es der Bundesumweltministerin zum Teil rüde abgesprochen worden, das Thema überhaupt aufgreifen zu dürfen. Heute gibt es eine intensive Debatte darüber. Das kann die Bundesumweltministerin nur begrüßen. Es ist auch gut, dass sich die Parlamentarier im Zuge der anstehenden Beratungen mit dem Thema beschäftigen. Die Bundesumweltministerin hat gerade auch in den letzten Tagen ab und zu gesagt, dass sie sich auch einen höheren Einstiegspreis hätte vorstellen können; das ist ja bekannt. Diese einzelnen Zahlen möchte ich jetzt nicht weiter kommentieren.“

Frage: „Herr Seibert, eine der Verhandelnden, nämlich Malu Dreyer, hat ja auch ihre Bereitschaft dazu erklärt, den Einstiegspreis für CO2 in den Gesprächen, die jetzt auch mit den Grünen und der FDP anstehen, anzuheben. Wäre die Bundeskanzlerin auch bereit, einen höheren Einstiegspreis zu akzeptieren?“

StS Seibert: „Die Bundeskanzlerin hat sich ja gemeinsam mit den anderen Verhandlern am Freitag ausführlich zu dem Eckpunktepaket, dem Klimaschutzprogramm 2030, geäußert, seitdem übrigens noch mehrmals. Das heißt, dem habe ich nichts hinzuzufügen. Wir machen jetzt die notwendigen gesetzlichen Regelungen. Die werden vom Kabinett beschlossen. Dann beginnt das parlamentarische Verfahren.“

Zusatzfrage: „Entschuldigung, wenn ich nachfrage, aber auch Frau Dreyer hatte sich letzten Freitag geäußert und nachgeschoben – – -“

StS Seibert: „Für Frau Dreyer kann ich nicht sprechen.“

Zusatzfrage: „Nein, ich weiß. Aber sie hat sich geäußert, und darauf bezieht sich jetzt meine Frage, ob sich in der Zwischenzeit auch bei der Bundeskanzlerin die Bereitschaft ergeben hat, einen höheren Einstiegspreis zu akzeptieren.“

StS Seibert: „Die Bundeskanzlerin steht zu dem Eckpunktepaket, das das Kabinett am Mittwoch gemeinsam beschlossen hat.“

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