Die Ministerin und das „verkorkste Verfahren“

Karliczek vor Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung

Die Bundesministerin für Bildung und Forschung (BMBF), Anja Karliczek (CDU), musste am 23.10.2019 einer Medienmitteilung zufolge erneut vor dem Bundestagsausschuss für Bildung und Forschung Rede und Antwort wegen der Standortentscheidung pro Münster für die Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB) stehen. Die Opposition, aber auch Bundestagsabgeordnete aus den eigenen Reihen, vermuten Einflussnahme der Ministerin zugunsten des Standortes Münster und hatten jüngst wegen der Entscheidung den Rücktritt von Karliczek gefordert. Denn Karliczeks Wahlkreis Ibbenbüren ist der Nachbarwahlkreis des neuen Standorts Münster. Die FFB soll vom BMBF mit mehr als 500 Millionen Euro gefördert werden.

Ausschuss-Saal – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Karliczek betonte, sie habe die Entscheidung zum Bau allein getroffen, die Wahl des Standortes der FFB jedoch der Fachebene überlassen habe. Sie habe sich aus Gründen der Befangenheit aus der Standortwahl heraushalten wollen, gerade auch, als es um Münster gegangen sei. „Ohnehin können das Fachleute besser beurteilen“, sagte die Ministerin. Auf die Frage des SPD-Vertreters, ob sie jemals Einfluss für den Standort Münster genommen habe, antwortete sie mit: „Nein.“

Sie berichtete, dass ihr Ministerium und die Gründungskommission ihre Expertise insoweit eingebracht hätten, als sie die Konzepte für unterschiedliche Standorte mit Blick auf ihre generelle Eignung diskutiert hätten. Danach seien grundsätzlich mehrere Standorte für die Umsetzung der FFB geeignet gewesen. Zu diesen hätten Augsburg, Salzgitter, Ulm und Münster gehört.

Die Vertreterin von Bündnis 90/Die Grünen warf der Ministerin vor, dass es mehrere Gutachten gegeben habe, die andere Standorte wie etwa Ulm favorisiert hätten. Ein Vertreter des Ministeriums wies darauf hin, dass es sich nie um Gutachten gehandelt habe, sondern lediglich um vorläufige, unvollständige Dokumente in Tabellenform mit einem Punktesystem, das nicht alle Kriterien erfasst habe. Diese Papiere seien nur beratend herangezogen worden. Bei der Entscheidung des BMBF für das Angebot von Münster hätte neben grundsätzlichen Kriterien, wie Grundstück und Finanzierung durch das Bundesland, vor allem die Kompetenz der an Münster gebundenen Professoren eine wesentliche Rolle gespielt. Auch die Industrie habe sich sehr für Münster stark gemacht.

„Batterieherstellung etwas komplett anderes als Batteriefertigung und -forschung“

Der Vertreter der Linken fragte, warum beispielsweise Thüringen vom BMBF zur Ausschreibung nicht einmal eingeladen worden sei, obwohl es dort mehrere Batteriehersteller gebe. Karliczek sagte daraufhin, Batterieherstellung sei etwas komplett anderes als Batteriefertigung und -forschung.

Der Vertreter der AfD kritisierte, dass die Forschung in Deutschland durch die „Batterieaffäre“ zunehmend in Verruf gerate. Er lobte die Bundesministerin zwar einerseits für ihren Bemühen, Transparenz in das Verfahren zu bringen, sprach aber gleichzeitig von „Scheinobjektivität“, welche die Ministerin herstellen wolle. Denn es könne gar nicht sein, dass sie als Person nicht an der Entscheidung für Münster beteiligt gewesen sei. Der FDP-Vertreter sprach von einem insgesamt „verkorksten Verfahren“ und sagte in Richtung Ministerin: „Und Sie tragen die Verantwortung.“ Zudem wollte auch er wissen, ob es nicht eine vorläufige Prioritätenliste gegeben habe. Der Vertreter der CDU/CSU wies auf hin einen Pressebericht hin, demzufolge die Standorte, die nicht ausgewählt worden seien, nun mit Geld aus dem BMBF „ruhiggestellt“ werden sollten. Nach seinen Recherchen habe es von Anfang ein Dachkonzept gegeben, wonach auch die anderen Standorte finanziell miteinbezogen werden sollen. (hib/ROL)

->Quelle: bundestag.de/hib#url=mod454590