US-Atommüll-Deponie im Pazifik droht aufzubrechen

Folge des Klimawandels

Seit dem Kalten Krieg liegen Tonnen von Atommüll in einem Betonbunker auf Runit Island (Marshallinseln). Der droht nun den Ozean zu verseuchen – Schuld ist der Klimawandel, der seinerseits die niedrig liegenden Inseln in nicht mehr ferner Zukunft überschwemmen wird. Das schreibt Barbara Barkhausen am 09.12.2019 in der Frankfurter Rundschau.

01.03.1954: Explosion der 15-Megatonnen-Wasserstoffbombe Castel Bravo. Sie sprengte einen 75 Meter tiefen und 1,5 Kilometer großen Krater in das Bikini-Atoll und verteilte radioaktiven Fallout über vier Kontinente. Die freigesetzte Energie entsprach 15 Megatonnen TNT – mehr als das Tausendfache der Atombombe von Hiroshima Foto © United States Department of Energy – US gov, Gemeinfrei

Unter einem kuppelförmigen Betondeckel „mit etwa hundert Metern Durchmesser auf Runit Island lagern die USA seit Ende der 70er Jahre Atommüll – insgesamt 85.000 m3 nuklearer Abfall, darunter Plutonium-239, eine der giftigsten Substanzen der Erde. Der Müll liegt direkt auf dem Boden der Insel, abgedeckt mit einem 50 Zentimeter dicken Betondeckel. Doch nun drohen nukleare Abfälle in den Pazifik zu fließen.

Der Nuklearabfall ist ein Überbleibsel der amerikanischen Atombombentests, die nach dem Zweiten Weltkrieg große Teile von insgesamt über 1.200 Inseln im Pazifik verseuchten. Insgesamt 67 Atombomben warfen die USA zwischen 1946 und 1958 in der Pazifikregion ab. Inzwischen sind zwar einige der Inseln wieder bewohnbar, doch nun bringt der Klimawandel Probleme mit sich, mit denen vor 70 Jahren noch niemand rechnete. Denn durch den steigenden Meeresspiegel drohen tiefliegende Inseln wie Runit Island überschwemmt zu werden. In einem Bericht der „Los Angeles Times“ heißt es, der steigende Meeresspiegel lasse die Betonkuppel inzwischen aufbrechen. Nukleare Abfälle drohten in den Pazifik zu fließen. Bereits vor zwei Jahren hatte eine Dokumentation des australischen Senders ABC Risse in der Betonschale offenbart, und auch ein Bericht des US-amerikanischen Energieministeriums wies 2013 auf die Problematik hin. Schon damals warnte der Klimaaktivist Alson Kelen vor einem ‚verheerenden Ereignis‘, sollten die Lecks größer werden. ‚Wir sprechen dabei nicht nur über die Marshallinseln, sondern den gesamten Pazifik.‘

Die USA fühlen sich nicht mehr verantwortlich – aber „zumindest eine Aktion zahlten die Amerikaner laut eines weiteres Berichts der Los Angeles Times letztlich dann aber doch:

„Die amerikanische Regierung will die Atommüllkuppel auf den Marshall-Inseln nicht säubern, sondern  lediglich frei von Anti-USA-Graffiti haben. Auf dem Runit Dome im Enewetak-Atoll der Marshallinseln gesprühte Graffiti nämlich fordern die Vereinigten Staaten auf, die Verantwortung für die darin enthaltenen radioaktiven Abfälle zu übernehmen. Seit Jahren behaupten die amerikanischen Behörden, dass sie keine Verantwortung für Runit Dome trügen. Aber irgendwann im Frühjahr 2018 sprühten unbekannte Vandalen Graffiti: „Nukleare Abfälle. Eigentum der US-Regierung. Bitte an den Absender zurücksenden“ und „Atommüll. Eigentum der USA. Bitte an den Absender zurücksenden.“ Trotz ihter Position, dass die Kuppel und ihr radioaktiver Inhalt der marshallischen Regierung gehören, bezahlte das US-Energieministerium einen Auftragnehmer, um die beleidigende Nachricht zu entfernen, nachdem er die Erlaubnis des Bürgermeisters des Enewetak Atolls eingeholt hatte, wo sich die Kuppel befindet.

In einem Sonderbericht dokumentierte die LA Times am 08.12.2019, wie die Runit-Kuppel durch den Anstieg des Meeresspiegels bedroht sei und der radioaktive Inhalt schließlich in den Ozean um das Enewetak-Atoll auslaufen könnte. Während die USA wiederholt erklärt haben, dass sie keine Verpflichtung hätten, die Struktur zu befestigen oder die Abfälle in Besitz zu nehmen, zeigt die Graffiti-Säuberung, dass sie immerhin darauf achten, die Kuppel frei von antiamerikanischen Slogans zu halten. Einige finden es paradox, dass das Energie-Ministerium und seine Auftragnehmer die Oberfläche der Kuppel sauber halten, während sie nichts tun, um zu verhindern, dass die radioaktiven Abfälle aus ihr austreten.“

Zwischen 1946 und 1958 zündeten die USA im Bikini-Atoll und dem benachbarten Enewetak-Atoll insgesamt 64 Atom- und Wasserstoffbomben und führten biologische Waffenversuche durch. Noch heute sind dadurch viele der Atollinseln so stark radioaktiv verseucht, dass sie auf Jahrzehnte hinaus unbewohnbar bleiben. Der Fallout der Atomwaffentests ist auch mehr als 60 Jahre später noch in der Erdatmosphäre und sogar im Marianengraben messbar. Dreiundvierzig dieser Tests wurden in der Enewetak-Lagune durchgeführt.

In den späten 70er Jahren, als die Vereinigten Staaten die Kontrolle über Enewetak an die Marshallinsel-Regierung zurückgaben, initiierte die US-Regierung eine Säuberung des Atolls – um bestrahlten Boden und den tödlichsten Schutt zu entfernen. 1980 ließ sie diesen Abfall, darunter auch Plutonium, in einem nicht ausgekleideten Atombombenkrater von 100 Meter Durchmesser auf Runit Island deponieren und ihn dann mit einer 50 cm dicken Betonkuppel bedecken.

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